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Erwartung: Der Marco-Effekt Der fünfte Fall für Carl Mørck, Sonderdezernat Q (German Edition)

Erwartung: Der Marco-Effekt Der fünfte Fall für Carl Mørck, Sonderdezernat Q (German Edition)

Titel: Erwartung: Der Marco-Effekt Der fünfte Fall für Carl Mørck, Sonderdezernat Q (German Edition)
Autoren: Jussi Adler-Olsen
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in Venezuela, wo er vor einer Weile seine Zelte aufgeschlagen hatte. Aber was die Frauen anging, so bekam man hier am meisten für sein Geld.
    Gedankenverloren nickte René. Er hatte sich inzwischen so sehr an seinen neuen Status gewöhnt, dass er sich lange hätte konzentrieren müssen, um sich daran zu erinnern, wer er eigentlich war.
    Obwohl er nicht davon ausging, bestand theoretisch die Möglichkeit, dass seine Spuren mit dem Brand in Brage-Schmidts Haus nicht vollständig verwischt worden waren. Es konnte also durchaus sein, dass nach ihm gefahndet wurde. Er war sich dessen bewusst, nahm es aber gelassen hin. Falls er etwas Verdächtiges bemerkte, so konnte er jederzeit die Zelte abbrechen. Erblieb ohnehin nie lange an einem Ort. Als nächste Station war Uruguay geplant. Dort seien die Frauen besonders schön, hieß es. Und wenn er sich lange genug in Südamerika aufgehalten hatte, war Asien an der Reihe.
    René hatte die Absicht, in angenehmen Verhältnissen alt zu werden. Aber bis es so weit war, durfte es gern noch eine Weile dauern. Er würde jedenfalls gut auf sich achten, leisten konnte er es sich. Die Aktien aus Curaçao waren weit mehr wert gewesen, als er je gedacht hätte. Insofern – egal, wie sehr er über die Stränge schlug, Geld war reichlich vorhanden und würde für den Rest seines Lebens reichen.
    Nachdem er um eine Ecke gebogen war, stand er auf einer der Hauptstraßen, in der der Duft des Reichtums förmlich in der Luft lag. Vor einem Geschäft mit Marmorfassade und Panzerglasscheiben blieb er stehen. Er war schon öfter daran vorbeigegangen – heute würde er hineingehen, beschloss er spontan. Die Elephant-Automatic-Uhr von Fabien Cacheux war genau, wonach er suchte. Diese fantastische Kombination aus Schlichtheit und Extravaganz und das überaus kühn gestaltete Armband sprachen ihn ebenso an wie das Schild im Schaufenster, das diskret, aber deutlich darauf hinwies, dass von ebendiesem Modell weltweit nur elf Stück existierten. Für 47 300 Dollar gedachte er nun, diesem exklusiven Zirkel beizutreten.
    Mitleidig lächelnd betrachtete er die sich in der Scheibe spiegelnden Menschen, die nicht über seine Möglichkeiten verfügten und weitergehen mussten. Er drehte sich um und nickte einem Mann zu, der auf der anderen Straßenseite in einem für die Hitze viel zu schweren Mantel an der Haltestelle stand und auf den Bus wartete.
    So einer war er auch mal gewesen.
    Als er eine halbe Stunde später mit einer eleganten Kordeltüte und der Uhr am Handgelenk hinaustrat – seine alte Tag Heuer lag im Etui –, fühlte er sich vollkommener denn je. Wenn er morgen die zwei Stunden nach Choroni Beach fuhr,um sich zärtlich von Yosibell zu verabschieden, einer Frau, die mehr Talente hatte als alle anderen zusammen, sollte sie mit ihren rot lackierten Nägeln bewundernd über das Armband streichen.
    Und damit wollte er Venezuela erst einmal Adieu sagen.
    Als er an den Boutiquen entlangschlenderte, fiel ihm auf, dass der Mann noch immer an der Bushaltestelle stand. Aber so war Südamerika nun mal. An manchen Tagen funktionierte alles hervorragend, und die Busse folgten einander wie Buschschweine auf einem Wildpfad, und ein anderes Mal war man besser beraten, gleich zu Fuß zu gehen.
    Anscheinend hatte der Mann genau dies gerade beschlossen. Merkwürdig, dachte René, jetzt geht er in die ganz andere Richtung, als der Bus fahren würde. Er selbst bog in eine Nebenstraße ein, in der es beim letzten Mal betörend nach Hibiskus, Freesien und Pitahaya geduftet hatte.
    Inzwischen war Siesta. In der schmalen Gasse waren überall die Fensterläden geschlossen und weit und breit kein Mensch zu sehen. Entweder aßen sie nun alle, oder sie schliefen.
    Als er sich umblickte, war außer ihm selbst tatsächlich nur noch dieser Mann im Staubmantel auf der Straße, und der war gerade dabei, ihn einzuholen.
    Bleib ganz ruhig, dachte René sekundenlang, doch dann fiel ihm plötzlich ein, wie ihn der Kellner im Hotel vorgestern gefragt hatte, ob der Akzent, der sein Englisch würze, nicht skandinavisch sei, ja möglicherweise sogar dänisch. Er hätte nämlich einmal eine Freundin von dort gehabt, und ihr Englisch habe genauso geklungen. Als René verneinte, klang seine Stimme ein bisschen zu ärgerlich, und seitdem hatte er sich von diesem Kellner immer beobachtet gefühlt.
    Natürlich hatte René gleich das Hotel gewechselt, nicht aber den Namen. Das hätte er vielleicht besser tun sollen.
    Der Mann im Mantel folgte
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