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Erst mal bis zur nächsten Kuh...

Erst mal bis zur nächsten Kuh...

Titel: Erst mal bis zur nächsten Kuh...
Autoren: Jürgen Barth
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sie es sagt.

Übernachtung im Stroh
     
    Dass
die Schweiz kein billiges Reiseland ist, weiß jeder. Glücklicherweise gibt es
eine interessante Alternative: „Schlaf im Stroh“ heißt es auf Schildern, die an
manchen Bauernhöfen zu lesen sind. In der Scheune haben die Bauersleute
gemütliche Strohbetten vorbereitet oder den Stall umfunktioniert, wenn die Kühe
auf der Alm sind. „Herrje, ich habe ja heute noch gar nicht die Betten
gemacht“, sagt die Bauersfrau in Stans, als ich anfrage. Sie geht mit mir in
die Scheune, nimmt ihre Mistgabel und schüttet das Stroh auf. „Bist du ein
Wanderer oder ein Pilger?“, fragt mich Maya, die ebenfalls im Stroh
übernachtet. Ich muss zugeben, dass ich im Augenblick noch nicht so recht weiß,
was der Unterschied ist. „Ich bin ein Wanderer, und ich will ein Pilger
werden“, antworte ich. Morgens, wenn der Tag graut, werden die Kühe gemolken.
Sie finden selber den Weg in den Stall und stellen sich brav an, bis sie an der
Reihe sind. Da staunt der Städter. Und der Bauer erzählt vom vielen
Schreibkram, den er zu erledigen hat: „Jede Kuh muss eine bestimmte Anzahl von
Stunden im Freien sein, und ich muss darüber genau Buch führen.“ Beim Frühstück
kommt alles vom Bauernhof: die Eier, die Butter, das Brot, die Marmelade.
Urlaubsgefühle. Während ich den Rucksack packe, geht mir die Ähnlichkeit
zwischen den Kühen und den Übernachtungsgästen auf dem Bauernhof auf: Erst
werden die Kühe gefüttert und gemolken und dann die Wanderer, in der gleichen
Reihenfolge.

„Ich bin der Weg“
     
    Ist
es ein Zufall oder nicht? Gleich ein paar Meter hinter dem Bauernhof, in dem
ich übernachtet habe, steht die evangelische Kirche von Stans an meinem
Pilgerweg, und als ich sie erreiche, läuten die Glocken zum Gottesdienst. Es
ist Sonntag. „Dein Wort ist meines Fußes Leuchte und ein Licht auf meinem Wege“
- das sei das Thema des heutigen Gottesdienstes, sagt der Pfarrer. Und als habe
er gerade mich besonders im Blick, spricht er unentwegt vom Weg. Er erzählt von
einem Mann, der sich im Wald verirrt und dem Gott einen Engel schickt, von den
breiten Wegen im Tal und dem schmalen, steilen Weg in die Höhe. „Ich bin der
Weg“, sagt Jesus. Gott ist auf dem Weg zu finden, am Weg, als Weg, auch als
Steigung, als Mühsal, als Anforderung, Anstrengung. Den ganzen Tag muss ich
darüber nachdenken beim Weitergehen. Ich bin der Weg - für dich, sagt Jesus zu
mir.

Bruder Klaus
     
    Nikolaus
von Flüe war Bauer in der Nähe von Sächseln, hatte
eine Frau und elf Kinder. Aber eines Tages verließ er die Familie und zog in
den Ranft, eine Schlucht, die gleich hinter seinem Haus begann, um dort in der
Einsamkeit zu leben. Er wurde ein frommer Einsiedler, viele kamen und suchten
seinen Rat.
    Ich
kannte seine Lebensgeschichte und konnte nie sonderlich Gefühle für Bruder
Klaus entwickeln. So sehr ich die Einsamkeit, die Stille, das Gebet schätze -
Frau und Kinder einfach für immer zurückzulassen, das fand ich nie besonders
nobel.
    Als
ich im Ranft ankomme und die Bruder-Klaus-Kapelle besuche, ist es später Nachmittag. Es ist wunderschön still in der Kapelle.
Aber sehr weltliche Gefühle holen mich ein: Ich habe kein Geld mehr und brauche
dringend einen Geldautomaten. „Sie sind Pfarrer, stimmt’s ?“,
fragt die Nonne am Postkartenladen neben der Bruder-Klaus-Kapelle .
„Woran erkennen Sie das?“ „Ich habe für so was einen Blick“, strahlt sie, und
dann empfiehlt sie mir den Klausenhof, wo
    ich
mit Karte bezahlen kann, denn einen Geldautomaten gibt es erst drunten im Tal
in Sächseln. Der Wirt im Klausenhof sieht mir zwar den Pfarrer nicht an, aber
dafür den Jakobspilger und sagt gleich: „Abendessen ist um halb sieben,
Jakobspilger kriegen hier übrigens das Abendessen umsonst.“
    Abendessen
und Frühstück im Klausenhof sind sehr üppig. Nach den eher kargen Mahlzeiten in
den zurückliegenden Tagen ist die Versuchung groß, sich den Teller voll zu
laden. Es ist alles da: Salate, Fleisch, Nachtisch und morgens Müsli, Brötchen
in tausend Variationen, Butter, Käse, Joghurt, Wurst. Aber ich zügle mich. Das
ist wohl ein Geheimnis und ein Weg zum Wohlbefinden im Leben: das rechte Maß zu
finden in allem.

Zwischen Brünigpass und Schwarzenburg
     
    Am Brünigpass steht ein Naturfreundehaus. „Willst du hier
übernachten?“, fragt mich der Hüttenwirt leutselig. „Du kannst auch was zu
essen haben. Hier kannst du deine Wanderschuhe hinstellen. Und Duschen
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