Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Error

Error

Titel: Error
Autoren: N Stephenson
Vom Netzwerk:
in den Rückspiegel, doch Peter und Zula machten nur einen interessierten Eindruck.
    »Ja«, sagte Richard. Er war versucht zu lügen. Aber es war Familientreffen. Das würde rauskommen.
    »Der Bärenteppich in Grandpas Zimmer«, erklärte Zula von hinten.
    »Ist der echt?!«, fragte das Mädchen.
    »Na klar ist der echt, Vicki! Hast du vielleicht gedacht, das wär Polyester?!«
    »Du hast diesen Bären getötet, Onkel Dick?«
    »Während mein Kunde längst vergessene Fähigkeiten im Klettern wiederentdeckte, hab ich dem Grizzly zwei Kugeln in den Leib geschossen. Kurz darauf hat sein Herz aufgehört zu schlagen.«
    »Und dann hast du ihm das Fell abgezogen?«
    Nein, bevor er seinen Geist aufgegeben hat, ist er höflich aus seinem Pelz gestiegen . Richard fiel es zunehmend schwer, sich bissige Bemerkungen zu verkneifen. Nur die Furiosen Musen hielten ihn noch in Schach.
    »Ich hab ihn auf dem Rücken über die Grenze in die Vereinigten Staaten getragen«, hörte er sich sagen. »Mit Schädel und allem Drum und Dran wog er ungefähr halb so viel wie ich in dem Alter.«
    »Warum hast du das gemacht?«
    »Weil es illegal war. Nicht, den Bären zu erschießen. Das ist in Ordnung, das ist Notwehr. Aber dann musst du ihn eigentlich den Behörden übergeben.«
    »Warum?«
    »Weil«, sagte Peter, der es durchschaute, »die Leute sonst einfach losziehen und Bären töten würden. Sie würden behaupten, es war Notwehr, und die Trophäe behalten.«
    »Wie weit war es?«
    »Dreihundertzwanzig Kilometer.«
    »Dann wolltest du ihn aber unbedingt haben!«
    »Wollte ich nicht.«
    »Warum hast du ihn dann dreihundertzwanzig Kilometer weit auf dem Rücken getragen?«
    »Weil der Kunde ihn haben wollte.«
    »Jetzt verstehe ich gar nichts mehr!«, beklagte sich Vicki, als wäre ihr Gefühlszustand das eigentlich Wichtige hier. »Du hast das nur für den Kunden gemacht?«
    »Ganz im Gegenteil!«, sagte Zula etwas ungehalten.
    Darauf Peter: »Moment mal. Der Bär hat Sie angegriffen und Ihr Kunde …«
    »Ich erzähle die Geschichte!«, verkündete Richard mit erhobener Hand. Er wollte gar nicht, dass sie erzählt wurde, wünschte sich, sie wäre erst gar nicht aufgekommen. Andererseits war es die einzige Geschichte über ihn, die er in anständiger Gesellschaft wiedergeben konnte, und wenn sie schon erzählt würde, dann wollte er es selbst tun. »Auslöser war der Hund des Kunden. Hat den armen Bären gepiesackt. Der Bär hat den Hund zwischen die Kiefer genommen und angefangen, ihn wie ein Eichhörnchen zu schütteln.«
    »War das ein Pudel oder so?«, fragte Vicki.
    »Es war ein vierzig Kilo schwerer gelber Labrador Retriever«, antwortete Richard.
    »Oh mein Gott!«
    »Ungefähr so was hab ich auch gesagt. Als der Labrador aufhörte zu zappeln, was nicht lange auf sich warten ließ, warf der Bär ihn ins Gebüsch und kam auf uns zu, als wollte er sagen: Wenn ihr irgendwas mit diesem Scheißköter zu tun hattet, seid ihr tot . Da kam es zu der Erschießung.«
    Peter schnaubte angesichts dieser Wortwahl.
    »Das hatte nichts mit Tapferkeit zu tun, falls es das ist, was ihr jetzt denkt. Es gab nur einen besteigbaren Baum weit und breit. Der Kunde stellte beim Klettern nicht gerade einen Geschwindigkeitsrekord auf, und beide gleichzeitig konnten wir nicht rauf, mehr will ich nicht sagen. Und einem Grizzly kann nicht mal ein Pferd davonlaufen. Ich stand einfach da und hatte eine Flinte mit gezogenem Lauf in der Hand. Was sollte ich machen?«
    Schweigen, während sie über die rhetorische Frage nachdachten.
    »Eine Flinte mit gezogenem Lauf?«, fragte Zula, in den Technikerinnenmodus verfallend.
    »Eine Doppelflinte Kaliber zwölf, die statt mit Schrotpatronen mit Flintenlaufgeschossen geladen war. Für diesen Zweck optimiert. Zwei Läufe nebeneinander: eine Elmer-Fudd-Sonderausgabe. Weil ich so stark gezittert habe, bin ich auf ein Knie und hab sie in den Bären geleert. Der ist weggerannt und ein paar hundert Meter von unserem Lager entfernt gestorben. Wir sind hinterher und haben den Kadaver gefunden. Der Kunde wollte das Fell. Ich hab ihm gesagt, dass das illegal ist. Er hat mir Geld geboten, damit ich es für ihn mache. Also hab ich angefangen, dem Tier das Fell abzuziehen. Hat Tage gedauert. Eine grässliche Arbeit. Schon domestizierte, auf der Farm großgezogene Tiere zu schlachten, ist einigermaßen entsetzlich, deswegen holen wir dafür auch Mexikaner nach Iowa«, sagte Richard, der allmählich Gefallen an seiner Aufgabe fand,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher