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Titel: Error
Autoren: N Stephenson
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verwandte Männer hierherlockte. Die eigentliche Arbeit des Familientreffens fand, wie Richard erst spät klar geworden war, in der Küche statt, hatte allerdings nichts mit der Essenszubereitung tun.
    Was nicht bedeutete, dass die Männer nicht ein paar Dinge selbst zu erledigen vermochten.
    Richard machte einen kleinen Umweg zu Lens Subaru, auf dessen Fahrersitz er die Kartons mit den Patronen stellte. Dann betrat er das Farmhaus durch den selten benutzten Vordereingang, der ihn in das selten benutzte, heute überfüllte Wohnzimmer führte. Da jedoch über die Hälfte der Schützen ins Motel zurückgefahren waren, um sich auszuruhen und sich frischzumachen, konnte er immerhin umhergehen. Als eine Nichte sich erbot, ihm den Skianorak abzunehmen und aufzuhängen, lehnte Richard höflich ab und klopfte auf seine Brusttasche, um sich zu vergewissern, dass die Päckchen immer noch da waren, der Reißverschluss immer noch zu.
    Fünf junge Neffen und Nichten (wobei »Neffen und Nichten« der Oberbegriff für alle unter vierzig war) lümmelten auf Sofas und Lehnstühlen herum, hackten auf ihre Laptops ein und tauschten Bilder, die sie zuvor heruntergeladen hatten. Eine Flut von leuchtenden, kristallinen Fotos raste über ihre Bildschirme, ein komischer und trauriger Kontrast zu dem Dutzend Familienfotos, die mithilfe der mittelalterlichen Komplexitäten chemischer Fotografie entwickelt und abgezogen, mühsam gerahmt und an den Wänden des Zimmers aufgehängt worden waren.
    Das Wort »Jake« drang an sein Ohr, und als er sich umdrehte, sah er ein paar ältere Verwandte, die ein vielleicht ein Jahr altes gerahmtes Foto von Jake und seinem Nachwuchs betrachteten. Das Foto sah verwirrend normal aus, so als könnte Jake sich mit Leichtigkeit über jede andere Konvention modernen amerikanischen Lebens hinwegsetzen, ohne es aber je zu versäumen, solch ein Bild von sich, Elizabeth und den drei Jungen machen zu lassen. Womöglich aufgenommen von einem anderen Mitglied ihrer rustikalen Kirche, das ein Talent für solche Dinge hatte, und gerahmt in einer Vorrichtung aus Birkenrinde, die einer der Jungen selbst gemacht hatte. Sie sahen ziemlich normal aus, und Hinweise auf den echten Jake waren nur in einigen Details wie etwa dem Bart eines konföderierten Infanteristen zu erkennen.
    Eine Frau fragte, warum Jake und seine Familie nie zum Familientreffen kämen.
    Richard hatte auf die harte Tour gelernt, dass er, sobald die Sprache auf Jake kam, die Vorwärtsverteidigung antreten und alles tun musste, um seinen kleinen Bruder als vernünftigen Menschen darzustellen, bevor irgendjemand anderes ihn als Spinner brandmarkte und es zu einer peinlichen Situation kam. »Seit 9/11 hat Jake fürs Fliegen nichts mehr übrig, weil man da einen Ausweis vorzeigen muss«, sagte Richard. »Das hält er für verfassungswidrig.«
    »Kommt er denn schon mal mit dem Auto her?«, fragte ein angeheirateter Verwandter mit vorsichtigem, an Belustigung grenzendem Interesse.
    »Einen Führerschein zu haben, findet er auch nicht erstrebenswert.«
    »Aber er muss doch Auto fahren, oder?«, fragte die Frau von vorhin. »Jemand hat mir erzählt, er sei Zimmermann.«
    »In dem Teil von Idaho, in dem er unterwegs ist, kann er es sich erlauben, keinen Führerschein zu besitzen«, sagte Richard. »Er hat eine Abmachung mit dem Sheriff, die sich nicht so ohne weiteres auf andere Teile des Landes übertragen lässt.«
    Von Jakes Weigerung, Nummernschilder an seinem Lastwagen anzubringen, erzählte er den Leuten erst gar nichts.
    Richard machte einen kurzen Abstecher in den Randbereich der Küche, wo er sich ein paar Kekse schnappte und den Frauen ein Gesprächsthema lieferte. Dann steuerte er auf das zu, was in seiner Kindheit die hintere Veranda gewesen und vor kurzem in eine ebenerdige Pflegeeinrichtung Schrägstrich Männerhöhle für seinen Vater umgewandelt worden war.
    Dad, mit richtigem Namen Nicholas Forthrast, den Teilnehmern des Familientreffens als Grandpa bekannt, derzeit neunundneunzig Jahre alt, thronte auf einem Lehnstuhl in einem Raum, dessen auffälligstes Merkmal für die meisten von denen, die hereinkamen, das Bärenfell war. Richard konnte die zuvor erwähnten Hormone, die es ausdünstete, praktisch riechen. Während des Verandaumwandlungsprojekts im Jahr 2002 war dieses Fell das Erste gewesen, was Alice dort hinausbefördert hatte. Als Symbol alter Mannestugenden der Forthrasts wetteiferte es mit Dads Medal of Honor, die gerahmt und in der Nähe
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