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Error

Error

Titel: Error
Autoren: N Stephenson
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verschlagen, als eine Frau sie ihm zum ersten Mal an den Kopf knallte. Er fand, dass viele seiner Emotionen gar nicht dazu angetan waren, mit irgendjemandem geteilt zu werden, erst recht nicht mit jemand Bestimmtem wie einer Freundin, zu der er ja nett sein sollte, und »emotionale Verfügbarkeit« assoziierte er mit unbedachten Momenten wie dem, der zu seinem Spitznamen Dodge geführt hatte. Mehrere seiner späteren Exfreundinnen hatten sie jedoch beharrlich eingefordert und waren dann in einer Art griechisch-mythischer Rache weit über ihr jeweiliges Verfallsdatum hinaus für ihn emotional verfügbar geblieben. Dennoch fand er, dass er für Rosie Cardenas wirklich emotional verfügbar gewesen war. Womöglich sogar in einem Ausmaß, das ihr peinlich war.
    Zurück zur Exveranda. Der Raum hatte sich gefüllt, denn das Footballspiel näherte sich dem Ende des letzten Quarters, und der Ton war wieder hochgedreht worden. Richard schlängelte sich durch die Menge und fand einen Platz, wo er sich an die Wand lehnen konnte, was allerdings schwieriger war als früher, da die Leute dauernd neue Sachen aufhängten. John verbrachte offenbar so viel Zeit hier, dass er sich die Freiheit genommen hatte, die Wand mit einigen seiner Erinnerungsstücke aus Vietnam zu schmücken.
    In der Mitte einer großen leeren Fläche jedoch war ein altmodisches M1-Garand-Gewehr aus dem Zweiten Weltkrieg auf eine Wandhalterung mit einer Messingplakette montiert worden. John hatte sich gehütet, diesen Schrein mit seinen ’Nam-Souvenirs vollzustopfen.
    Als Junge hatte Richard dieses Gewehr für »Dasjenige, welches« gehalten, aber Bud Torgeson – der langlebigste von Dads Kriegskameraden – hatte allein bei dem Gedanken geschmunzelt. Geduldig hatte er erklärt, ein leergeschossenes M1 Gewehr am Lauf zu halten und wie einen Knüppel so fest zu schwingen, dass Helme aus bestem Kruppstahl damit eingeschlagen werden konnten, entspreche ganz und gar nicht dem Leistungsumfang dieser speziellen Waffe und mache sie in der Regel unbrauchbar. Nachdem jemand, der für die Vergabe von Medaillen zuständig war, »Dasjenige, welches« ordnungsgemäß inspiziert hatte, war es verschrottet worden. Dieses M1 an der Wand war zusammen mit der Plakette aus einem Restbestand aufgekauft, gereinigt und Dad von den Unteroffizieren und Mannschaften geschenkt worden, die unter ihm gedient hatten und die, wie es hieß, durch besagten Anfall berserkerartigen Einschlagens von Köpfen vor dem Tod oder einem langen Aufenthalt in einem Gefangenenlager bewahrt worden waren.
    Ohne übermäßig verbittert darüber zu sein, hatte Richard sich immer gefragt, warum Nicholas’ Nachkommen, die sich im oberen Mittelwesten niedergelassen hatten und dort ein vorbildliches, beständiges Kirchgängerleben führten, als Leute galten, die das Erbe dieses Mannes weiterführten und seinem Beispiel nacheiferten, wobei die einzige überaus berühmte Episode in seinem Leben darin bestand, dass er einen Haufen deutscher Soldaten mit einem improvisierten Knüppel totgeschlagen hatte.
    Nach Patricias Tod, als der schon seit Langem abwesende Bob oder ein ihn vertretender Anwalt ihnen einen Brief mit der beunruhigenden Nachricht geschickt hatte, er werde sich um das Sorgerecht für Zula bemühen, hatte die Familie eine kleine Konferenz abgehalten. Richard hatte über Freisprecheinrichtung aus British Columbia daran teilgenommen. Normalerweise waren Freisprecheinrichtungen ätzend, in diesem Fall jedoch hatte die Technik ihm gute Dienste geleistet, da sie es ihm ermöglichte, mit den Augen zu rollen, den Kopf in den Händen zu vergraben und, als es richtig schlimm wurde, auf die Stummtaste zu drücken und fluchend durch den Raum zu stampfen. John und Alice und ihre Anwälte waren natürlich vollkommen vernünftig, kamen ihm jedoch vor wie ein aus Hobbits bestehendes Ratsgremium, das eine Resolution entwarf, in der von den Ringgeistern eine Entschuldigung verlangt wurde. Richard stand damals in regelmäßigem Kontakt zu Motorradfreaks, die einen beschönigend als »aktiv« zu beschreibenden Ableger in Südkalifornien hatten. Durch deren Vermittlung erfuhr er von ein paar Privatdetektiven, die in ihrer äußeren Erscheinung ebenso unkonventionell waren wie in ihren Methoden. Diese machten es sich zur Aufgabe, mehr über Bobs Privatleben herauszufinden. Als die Akte Bob eine erfreuliche Dicke erreicht hatte – schwer genug, dass sie, wenn man sie lässig auf den Tisch warf, einen dumpfen Schlag
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