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Titel: Error
Autoren: N Stephenson
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Kalenderbutton. Eine grüne Tafel kam aus dem Dunkel herangesaust und ließ seine weißen Brusthaare als viridiangrüne Dickichte leuchten. Er konzentrierte sich darauf und las die Aufschrift: AUTOFAHRT : SKELETOR .
    Als er durch Wegzoomen die Zeitleiste verlängerte, sah er gute farbliche Omen: für die kommenden zwei Wochen überhaupt kein Rot, und in der allernächsten Zeit vier ganze Tage Grün – die Farbe für Arbeit.
    Die Farbe Blau stand für familiäre und andere private Aktivitäten. Der gestrige Tag zum Beispiel war ein sechzehnstündiger blauer Grabstein mit der Aufschrift FAM - TREFF gewesen.
    Auf AUTOFAHRT : SKELETOR folgten andere riesige grüne Tafeln mit der Bezeichnung → IOM , was, wie Richard nur allzu gut wusste, der Flughafencode für die Isle of Man war. Dann LEHNSABGABE D2 und schließlich → MEER .
    Rot stand für so etwas wie Arzttermine und das Erstellen von Steuererklärungen. Eine auch nur leicht rot gesprenkelte Woche konnte man für die Erledigung anderer Dinge vergessen. Blau war nicht so schlimm wie Rot, hatte aber die Tendenz, benachbarte grüne Bereiche zu infiltrieren und zu überdecken. Wirklich selten waren die Momente, in denen blaue Zeit in grüne umgewandelt werden konnte, zum Beispiel gestern, als ihm klar geworden war, dass Zula eigentlich für Corporation 9592 arbeiten müsste.
    Im grünen Modus wach zu werden und dann den ganzen Tag dort zu verbringen, war tatsächlich die einzige Möglichkeit, irgendwas erledigt zu bekommen. Also diktierte ihm jetzt die Farbphysik, dass er sich aus dem Hotel stehlen musste, ohne noch eine wie auch immer geartete Interaktion mit den Teilnehmern am Familientreffen zu haben, die wahrscheinlich bereits den Frühstücksraum des Ramada füllten und sich in das Foyer hinein ausbreiteten.
    Er checkte telefonisch aus und stand völlig reglos da, den Augapfel am Türspion, bis keine Mini-Forthrasts in Badekleidung, die sich auf dem Weg zum oder vom Pool befanden, mehr zu sehen waren. Dann schlüpfte er durch einen Seitenausgang aus dem Motel und jagte den Grand Marquis zu einer Tankstelle achthundert Meter die Straße hinunter, nur um endgültig wegzukommen. Nachdem er eine Badewannenfüllung Benzin in das Ding gepumpt hatte, kaufte er sich einen Kaffee und eine Banane für die Fahrt. Dann warf er das fahrzeugeigene Navigationssystem an und begann es mit dessen Benutzeroberfläche aufzunehmen.
    Der Possum Walk Trailer Court wurde nicht mehr in seiner Liste von »Sehenswürdigkeiten« geführt, sodass Richard sich damit begnügen musste, die Region Nodaway im nordwestlichen Missouri zu durchsuchen. Da er erwartet hatte, gerade mal ein Postamt und allenfalls noch einen öffentlichen Park zu finden, war er ebenso bestürzt wie fasziniert, ein Icon in geringer Auflösung von einem spitzohrigen Humanoiden mit langen blauen Zöpfen und der Aufschrift KSHETRIAE KINGDOM zu erblicken. Durch weiteres Surfen erfuhr er, dass es Teil eines größeren K’Shetriae-Themenkomplexes war, zu dem auch ein Vergnügungspark und ein Einzelhandelsgeschäft gehörten. Richard brachte es nicht fertig, ihn als Ziel zu wählen, und erlaubte dem Gerät verschämt, ihn zur Hauptstadt des Verwaltungsbezirks zu lenken.
    Auf dem Weg stadtauswärts war er in Gedanken so sehr mit der Tatsache beschäftigt, dass das als K’Shetriae bekannte Ersatz-Quasi-Elfengeschlecht jetzt (wenn auch ohne den umstrittenen Apostroph) in die Speicherchips von GPS -Systemen in der realen Welt eingebettet war, dass er fast in das Ende von etwas hineinrauschte, was in dieser Gegend als Verkehrsstau galt: Black-Friday-Käufer, die versuchten, ihre Fahrzeuge auf den Parkplatz und ihre Körper durch die Tür des Walmart zu quetschen. Früher hätte Richard mit Bedacht auf die Bremse getreten, aber da er wusste, dass diese inzwischen auf ein ABS ausgelagert werden konnte, stieg er einfach voll in die Eisen und wartete. Das Pedal surrte unter seinem Fuß. Durch den weißen Nuckel seines Plastikbechers lief ein Kügelchen Kaffee aus, und seine Banane landete wie ein Bumerang in der Klappe des Handschuhfachs. Unbewegt sah er zu, wie in seiner Windschutzscheibe die Heckklappe eines Pickups immer größer wurde, einem Kalendereintrag, der auf dem Display seines Handys herangezoomt wurde, nicht unähnlich. Zum Zusammenstoß kam es nicht. Der Fahrer zeigte ihm den Mittelfinger. Eine Ampel wurde grün, und der Verkehr wälzte sich vorwärts. Schon bald war er auf der Interstate Richtung Süden. Die wurde rasch
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