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Ernteopfer

Ernteopfer

Titel: Ernteopfer
Autoren: Harald Schneider
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anschauen? Es ist nicht so deutlich, da es nur aus einem Tintenstrahldrucker kommt, ein richtiges Foto haben wir noch nicht.«
    Ich zog den DIN-A5-großen Ausdruck, den mir Jut ta vorhin noch zugesteckt hatte, aus meiner Tasche und zeigte ihn ihm.
    Er verzog beim Betrachten des Bildes das Gesicht.
    »Ja, das ist Jakub, da gibt es nichts dran zu rütteln.«
    Ich steckte das Papier wieder in meine Tasche.
    »Können Sie mir etwas über ihn erzählen? Seit wann arbeitete er für Sie? War er früher schon bei Ihnen und hat er hier Freunde?«
    »Jakub war ein Neuling, er war das erste Mal für mich tätig. Hier bei mir ist er, lassen Sie mich überlegen, so unge fähr vier Wochen. Genauer kann Ihnen das der Paul sagen. Paul Petersen ist mein kaufmännischer Leiter. Er kümmert sich um das Personal, damit befasse ich mich nicht. Ich muss hier vor Ort aufpassen, damit nichts schief geht. Ich bring Sie schnell mal rüber zu ihm ins Büro.«
    Wir verließen die Halle und nahmen einen der über dachten Laufstege.
    »Sagen Sie mal, Herr Siegfried. Ich sehe hier Gemüse- berge in unvorstellbaren Ausmaßen. Wie bewältigen Sie diese Mengen mit den wenigen Leuten? Das dauert doch
    Jahre, bis das alles in den Lastwagen verstaut ist.«
    Samuel lachte erneut.
    »Sie kennen sich in diesem Metier nicht aus, gell? Ich sag Ihnen was: Alles, was Sie hier in der Halle gesehen haben, ist heute Nachmittag verschwunden. Und morgen früh ist wieder genauso viel da. Das ist bei uns alles hoch rationalisiert. Am Nachmittag kommen die Lastwagen und holen die bestellten und fertig portionierten Waren ab. Das geht dann direkt in den Supermarkt. Die Fahrer müssen ihren Lkw selbst bestücken. Jeder hat seine fest zugeordnete Rampe. Er braucht das Zeug praktisch nur noch in seinen Hänger zu schieben. Während auf der ei nen Seite der Halle die Tagesbestellung abgeholt wird, wird auf der anderen Hallenseite die Tagesernte abgeliefert. Sie wird dann gewogen und bis zum nächsten Tag auf die einzelnen Fuhren verteilt. Klar brauchen wir mehr Leute. Heute Nachmittag wirds hier richtig voll. Aber keine Po len, sondern einheimische Aushilfen aus der Umgebung. Bis spätestens 23 Uhr ist hier alles geregelt und allgemei ner Feierabend.«
    Ich war beeindruckt von der hohen Umschlagsge schwindigkeit der Waren. Logistisch schien Siegfried et was drauf zu haben.
    »Wie funktioniert das Ganze abrechnungstechnisch? Wer bekommt wessen Rettiche und so?«
    »Ganz einfach, das funktioniert nach dem Genossenschaftsprinzip. Die Gemüsebauern liefern ihre Waren täg lich ab, die werden gewogen und protokolliert. Auf der anderen Seite gibt es die Nachfrage. Je nachdem, ob diese höher ist oder das Angebot, lege ich den Preis fest. Das ändert sich manchmal täglich. Von dem Verkaufsumsatz ziehe ich dann meine Kosten und eine Provision ab, der Rest wird anteilsmäßig unter den Genossenschaftsmitglie dern verteilt. Produzierte Mehrmengen, für die es keine Nachfrage gibt, kommen ins Biokraftwerk und verfaulen dort. Sonst noch Fragen, Herr Kommissar?«
    Schweigend gingen wir die letzten Meter bis zum Büro von Paul Petersen. Er öffnete die Tür, ohne anzuklopfen. Sein kaufmännischer Leiter schien das gewohnt zu sein, denn er wirkte keineswegs überrascht.
    Ohne seinen Angestellten zu begrüßen, legte Siegfried los.
    »Paul, sei so gut und such mal die Unterlagen von dem Jakub raus. Das hier ist Palzki, er kommt von der Kripo. Ich muss gleich wieder rüber in die Halle, übernimm du das mal hier.«
    Schon halb im Gehen drehte er sich noch mal zu mir um.
    »Auf Wiedersehen, Herr Palzki. Wenn es noch Fragen gibt, dürfen Sie gerne jederzeit wiederkommen.«
    »Nehmen Sie es nicht persönlich, Herr Palzki«, begann Petersen und zog dabei ein verbittertes Gesicht. »Das ist eben seine persönliche Note. Samuel steht immer unter Strom und macht nie Pause. Stillstand ist für ihn Rück schritt.«
    »Sie sind hier für das Kaufmännische verantwortlich?«
    »Ja, der Boss lässt mir in allen betriebswirtschaftlichen Bereichen freie Hand. Hauptsache, am Ende des Monats bleibt ein fetter Brocken auf seinem Konto übrig.«
    »Das Geschäft scheint sich offensichtlich zu lohnen, oder?«
    »Na ja, im Prinzip schon. Die gesetzlichen Restriktionen werden immer schärfer und damit kostspieliger. Jeder will mitreden. Da kommt die Berufsgenossenschaft und will mehr Feuerlöscher sehen, dann kommt die Gewerbe aufsicht und will mehr Toiletten für die Arbeiter und so weiter. Und zum Schluss
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