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Ernteopfer

Ernteopfer

Titel: Ernteopfer
Autoren: Harald Schneider
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ein blauer Schlafsack, daneben ein etwas vergammelter Rucksack. Ein paar Bekleidungsstücke wa ren in der Zelle verstreut. Als Mobiliar waren nur ein Stuhl, ein winziger Klapptisch, der an der Wand hing, so wie ein paar Garderobenhaken vorhanden. An der Decke baumelte trostlos eine 25-Watt-Glühlampe in einer Bau marktfassung. Ich durchsuchte Schablinskis Sachen nur sehr oberflächlich, die Detailarbeit würden später meine Kollegen übernehmen. Ich konnte keinerlei schriftliche Unterlagen oder sonstige persönliche Dinge, die über die Bekleidung oder Hygieneartikel hinausgingen, finden. Nur ein recht zerfledderter Roman lag unter dem Schlaf sack. ›Apokalipsa‹ von Dean Koontz, las ich auf dem Co ver. Da meine Polnischkenntnisse doch sehr beschränkt waren, ließ ich das Buch liegen. Sollen sich die Kollegen damit befassen.
    »Herr Petersen, ich werde diesen Raum versiegeln. Vo raussichtlich wird noch heute jemand von der Spurensi cherung vorbeikommen und alles kriminaltechnisch un tersuchen.«
    Daraufhin verschloss ich die dünne Sperrholztür und klebte zwei hartnäckig klebende Siegelfolien halb auf die Tür und halb auf die Zarge. Ohne eine Zerstörung der Fo lien war eine Entfernung jetzt nicht mehr möglich. Bereits in der Zelle hatte ich mich vergewissert, dass das einzige Fenster fest verschlossen war.
    Ich wollte gerade noch etwas zu Petersen sagen, als ich aus dem Augenwinkel heraus Dr. Metzger erkann te und sah, wie er in einem der Nachbarcontainer ver schwand. Was hatte dies jetzt wieder zu bedeuten? Ohne Petersen über mein weiteres Vorgehen aufzuklären, ließ ich ihn stehen und folgte Dr. Metzger. Er beugte sich ge rade über einen Mann, als ich in den Container trat. Er zuckte erschrocken zusammen, als er mich erblickte. Im gleichen Moment kam auch Petersen zur Tür herein. Blass vor Schreck starrte Petersen uns fassungslos an.
    »Das ist mir aber eine Freude, Sie so schnell wieder zu treffen, Dr. Metzger.«
    Petersen drehte seinen Kopf und sah den Mann fragend an. Der antwortete, während sein Mundwinkel mal wieder heftig zuckte: »Palzki und ich sind schon länger bekannt.«
    Und zu mir gewandt: »Na, Sie haben aber schnell hier her gefunden. Hätte ich Ihnen gar nicht zugetraut.«
    »Ich sags ja immer, wir Polizisten werden unserem schlechten Ruf nicht gerecht. Und was machen Sie hier, Doktor?«
    Natürlich hatte ich schon gesehen, dass der Mann, der auf einer Liege lag, schwer krank sein musste.
    »Das sehen Sie doch. Ich versuche, diesen Mann wieder fit zu bekommen. Er hat eine ziemlich starke Sommergrip pe. Oder sogar eine Hirnhautentzündung.«
    Er winkte mürrisch ab und zog ein Stethoskop aus sei ner Tasche.
    »Haben Sie nicht schon vor ein paar Jahren ihre Kas senzulassung zurückgegeben?«
    Metzger stand langsam auf und schaute mir wütend in die Augen.
    »Wollen Sie hier einen Mord aufklären oder kommen Sie von der Kassenärztlichen Vereinigung? Um Sie aber zu beruhigen, ich arbeite hier für Herrn Siegfried auf freibe ruflicher Basis. Ich behandle seine Arbeiter auf Privatrech nung. Ärztliche Behandlung ist in den Arbeitsverträgen von Siegfried nämlich enthalten.«
    »Oh, wie großzügig. Damit erspart sich der große Boss die Krankenkassenbeiträge. Ich glaube nicht, dass es gut ist, was Sie da machen, Dr. Metzger. Wenn da mal was schief geht, sind Sie dran. Wer beliefert Sie mit Medikamenten? Sie können doch nicht einfach Rezepte ausstellen.«
    Dr. Metzger war sichtbar sauer über meine Einmi schung. Trotzdem schien er ein wenig stolz auf seine Tä tigkeit zu sein.
    »Seien Sie doch nicht so naiv, Palzki. Das Zeug kann doch heutzutage jeder übers Internet bestellen. Beispiels weise will in Thailand niemand ein Rezept sehen. Deshalb habe ich von den gängigen Medikamenten immer einen kleinen Vorrat daheim rumliegen.«
    »Ungeheuerlich, dass so was in Deutschland möglich ist«, erwiderte ich kopfschüttelnd.
    »Haben Sie auch Schablinski behandelt?«
    »Ne, Herr Kommissar, da kann ich Sie beruhigen. Ich habe ihn heute das erste Mal gesehen. Und da war er be reits mausetot.«
    Und wieder begann er mit seinem furchtbaren Fran kensteingelächter. Jetzt erst bemerkte ich, dass Petersen verschwunden war. Na ja, den Kerl würde ich mir in den nächsten Tagen noch mal vornehmen müssen. Ich ver abschiedete mich kurz von Dr. Metzger und verließ den Container.
    Ich sah die großen Felder zwischen Limburgerhof und Mutterstadt. Dabei fiel mir eine Geschichte ein, die meine Großmutter
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