Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Erbarmen

Erbarmen

Titel: Erbarmen
Autoren: Jussi Adler-Olsen
Vom Netzwerk:
es im Parlament abgesegnet wurde.«
    Von der anderen Seite des Schreibtischs war ein tiefes Seufzen zu hören.
    Er deutete auf die unterste Linie. Fünf Millionen Kronen im Jahr, stand da. »Soweit ich feststellen kann, besteht eine Differenz von über vier Millionen zwischen dieser Zahl und dem Budget, das meinem Dezernat zur Verfügung steht. Stimmt's?«
    Der Chef rieb sich die Stirn. »Worauf willst du hinaus, Carl?«, fragte er, erkennbar verärgert.
    »Du möchtest gern, dass ich dieses Papier hier vergesse, und ich will gern, dass du diese Sache mit dem Kursus vergisst.«
    Trotz der deutlich sichtbaren Veränderung der Gesichtsfarbe des Chefs der Mordkommission blieb seine Stimme vollständig kontrolliert, als er sagte: »Das ist Erpressung, Carl. Wir bedienen uns hier keiner Erpressung.«
    »Ganz genau, Chef«, sagte Carl, fischte sein Feuerzeug aus der Tasche und zündete das Papier mit dem Budget an. Zahl für Zahl ging in Flammen auf, worauf er die Asche auf eine Broschüre für Bürostühle fallen ließ - dann reichte er Marcus Jacobsen das Feuerzeug.
    Als er nach unten kam, lag Assad auf seinem Gebetsteppich und war weit weg. Deshalb schrieb Carl einen Zettel, den er auf dem Fußboden direkt vor Assads Tür platzierte. »Bis morgen«, stand da.
    Unterwegs nach Hornbæk grübelte er, was er zu Hardy wegen der Geschichte auf Amager sagen sollte. Die Frage war ja, ob er überhaupt etwas sagen sollte. In den letzten Wochen war es Hardy gar nicht gut gegangen. Die Speichel produktion war herabgesetzt, und Hardy fiel das Sprechen schwer. Es hieß zwar, das würde nicht so bleiben, aber für Hardys Lebensüberdruss galt das nicht.
    Man hatte ihn deshalb in ein schöneres Zimmer verlegt. Dort lag er nun auf der Seite und konnte vermutlich gerade so eben die Schiffskolonnen irgendwo draußen im Öresund sehen.
     
Vor einem Jahr hatten sie am 1. Mai zusammen im Dyrehavsbakken gesessen und Kotelett mit Petersiliensoße gegessen, und Carl hatte sich über Vigga aufgeregt. Jetzt saß er auf der Bettkante des Freundes und konnte sich nicht erlauben, sich über was auch immer aufzuregen.
    »Die Polizei in Sorø musste den Mann im karierten Hemd laufen lassen, Hardy«, sagte er übergangslos.
    »Wen?« Hardy klang heiser. Er bewegte den Kopf nicht einen Millimeter.
    »Er hat ein Alibi. Aber alle dort unten sind überzeugt, dass er der Mann ist. Der auf dich und mich und Anker schoss und der die Morde in Sorø beging. Und trotzdem mussten sie ihn gehen lassen. Es tut mir leid, dir das sagen zu müssen, Hardy.«
    »Da scheiß ich drauf.« Hardy hustete und räusperte sich, und Carl ging auf die andere Seite des Betts und befeuchtete am Waschbecken eine Papierserviette. »Was hab ich davon, wenn sie ihn fangen?«, fuhr Hardy fort. Er hatte Schleim in den Mundwinkeln.
    »Wir kriegen ihn und die anderen, die dabei waren, Hardy«, sagte Carl und wischte seine Lippen und sein Kinn ab. »Ich merke, dass ich mich bald einmischen muss. Die Schweine sollen nicht davonkommen, ums Verrecken nicht.«
    »Viel Vergnügen«, sagte Hardy und schluckte einmal, als müsste er sich zusammenreißen, um etwas zu sagen. »Ankers Witwe war gestern hier«, kam dann. »Das war nicht schön, Carl.«
    Carl erinnerte sich an Elisabeth Høyers verbittertes Gesicht.
    Er hatte seit Ankers Tod nicht mit ihr gesprochen. Selbst bei der Beerdigung hatte sie kein Wort zu ihm gesagt. Von dem Augenblick an, wo sie ihr die Nachricht vom Tod ihres Mannes überbracht hatten, waren alle Vorwürfe gegen Carl gerichtet.
    »Hat sie etwas über mich gesagt?«
    Hardy antwortete nicht. Lag nur lange Zeit ruhig da und blinzelte sehr langsam. Als hätten ihn die Schiffe dort draußen mit auf große Fahrt genommen.
    »Carl, willst du mir immer noch nicht beim Sterben helfen?«, fragte er schließlich.
    Carl strich ihm über die Wange. »Wenn ich es nur könnte, Hardy. Aber ich kann nicht.«
    »Dann musst du mir helfen, nach Hause zu kommen, versprichst du mir das? Ich will nicht mehr hier sein.«
    »Und was sagt deine Frau, Hardy?«
    »Sie weiß nichts davon. Ich habe es gerade beschlossen.« Carl sah Minna Henningsen vor sich. Als Hardy und sie sich kennenlernten, waren beide noch sehr jung. Inzwischen war ihr Sohn zu Hause ausgezogen, und sie sah noch immer jung aus. Wie die Dinge standen, hatte sie sicher genug mit sich selbst zu tun.
    »Fahr heute zu ihr, Carl, und red mit ihr. Damit tust du mir einen unglaublichen Gefallen.«
    Carl sah zu den Schiffen hinüber. Diese
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher