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Erbarmen

Erbarmen

Titel: Erbarmen
Autoren: Jussi Adler-Olsen
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kommen? Marcus Jacobsen senkte den Kopf. »Gibt es etwas Neues von Merete Lynggaard?«
    Carl schüttelte den Kopf. »Sie haben sie ins künstliche Koma versetzt, und daran hat sich auch noch nichts geändert. Sie erwarten nichts. Das Gehirn ist höchstwahrscheinlich von den vielen Thromben dauerhaft geschädigt.«
    Marcus Jacobsen nickte. »Du und die Tauchexperten von der Flotte, ihr habt getan, was ihr konntet, Carl.«
    Er warf Carl eine Zeitschrift über den Schreibtisch zu. >Dykking< stand auf der Vorderseite. Konnten die nicht richtig buchstabieren, oder was?
    »Ja, das ist eine norwegische Taucherzeitschrift. Schlag doch mal Seite vier auf.«
    Er schlug die Seite auf und betrachtete einen Moment die Fotos. Ein altes Foto von Merete Lynggaard. Ein Foto von der Druckkammer, die die Tauchexperten an die Schleusentür anschlossen, sodass die Helfer die Frau aus ihrem Gefängnis in die mobile Druckkammer transportieren konnten. Darunter stand ein kurzer Text über die Funktion der Helfer und die Vorbereitung innerhalb des mobilen Behältnisses, über das Anschließen und über das Druckkammersystem und darüber, wie man zunächst den Druck wieder leicht heraufsetzte, unter anderem, um die Blutungen an den Handgelenken der Frau zu stoppen. Sie hatten den Artikel mit einem Plan des Gebäudes und einem Querschnitt der Dekompressionskammer illustriert, in der ein Helfer Merete Sauerstoff gab und Erste Hilfe leistete. Dann waren da noch Fotos der Ärzte vor der gewaltigen Druckkammer im Rigshospital sowie von Seniorsergeant Mikael Overgaard; er hatte der an der Taucherkrankheit schwerst erkrankten Patientin in der Druckkammer geholfen. Und schließlich brachten sie noch ein grob gerastertes Foto von Carl und Assad auf dem Weg zu den Krankenwagen.
    »Einzigartige Zusammenarbeit zwischen den Tauchexperten der Marine und einem neu eingerichteten Dezernat der Polizei beendet eine der grausamsten Entführungen der letzten Jahrzehnte« stand da in Großbuchstaben auf Norwegisch.
    »Ja«, sagte der Chef der Mordkommission und hatte sein charmantestes Lächeln aufgesetzt. »ln dem Zusammenhang wurden wir von der obersten Polizeibehörde in Oslo kontaktiert. Sie möchten gern mehr über deine Arbeit wissen, Carl. Im Herbst werden sie eine Delegation schicken, und ich bitte dich, sie entgegenkommend aufzunehmen.«
    Er konnte selbst spüren, wie seine Mundwinkel nach unten rutschten. »Dafür hab ich keine Zeit«, protestierte er. Er wollte nicht, dass irgendwelche verdammten Norweger in den Gängen da unten herumrannten. »Du denkst dran, dass wir in der Abteilung nur zu zweit sind. Wie hoch war unser Budget noch mal, Chef?«
    Marcus Jacobsen wich gekonnt aus. »Jetzt, wo du wieder gesund und an deinen Arbeitsplatz zurückgekehrt bist, wird es Zeit, dass du das hier unterschreibst, Carl.« Er reichte Carl das idiotische Gesuch für die sogenannten »Kompetenz erweiternden Kurse«.
    Carl wehrte ab. »Chef, ich will nicht.«
    »Ja, also Carl, du musst. Warum willst du nicht?«
    Im Moment denken wir alle beide an eine Zigarette, dachte Carl. »Es gibt viele Gründe«, sagte er. »Denk nur mal an die Reform des Pensionsalters. Es dauert doch nicht mehr lange, dann arbeiten wir, bis wir siebzig sind, je nachdem, auf welcher Stufe der Rangordnung wir uns befinden. Aber ich habe einfach keine Lust auf ein Dasein als Seniorenpolizist, und ich hab auch keine Lust, als Schreibtischkünstler zu enden. Auf viele Kollegen habe ich keine Lust. Ich hab keine Lust, Hausaufgaben zu machen, und ich hab keine Lust, Examen zu machen, dazu bin ich zu alt. Ich hab keine Lust, mir neue Visitenkarten anzuschaffen, ich hab insgesamt einfach keine Lust, noch mal befördert zu werden. Deshalb, Chef.«
    Der Chef der Mordkommission wirkte müde. »Du zählst viele Sachen auf, die nicht eintreffen werden. Das sind nichts als Vermutungen. Wenn du Chef des Sonderdezernats Q sein willst, machst du die Kurse mit.«
    Er schüttelte den Kopf. »Nein, Marcus. Keine Ausbildung mehr für mich, ich mag nicht mehr. Mir reicht es schon, dass ich meinen Stiefsohn in Mathe abhören muss. Er fällt ja doch durch. Das Sonderdezernat Q wird jetzt und künftig von einem Vizekriminalkommissar geleitet, und ja, ich benutze den alten Titel auch weiterhin und damit basta.« Carl hob seine Hand und hielt die Plastikaktenmappe in die Luft.
    »Siehst du das hier, Marcus?«, fuhr er fort und nahm das Papier aus der Plastikhülle. »Das ist das Budget für das Sonderdezernat Q, so wie
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