Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Er sieht dich wenn du schläfst

Er sieht dich wenn du schläfst

Titel: Er sieht dich wenn du schläfst
Autoren: Mary Higgins Clark
Vom Netzwerk:
Schluss machen. Ach, Moment noch. Gerade fährt der Wagen in die Einfahrt. Ich schau mal, ob sie mit dir reden will.«
Ein nettes Haus, dachte Sterling, als er Marissa und Roy die
Treppe hinauf folgte. Tudorstil. Tannenbäume, über und über
mit blauen Lichtern bestückt. Auf dem Rasen ein kleiner Schlitten mit dem Weihnachtsmann und acht Rentieren. Alles tadellos. Roy war bestimmt ein Spießer.
Roy schloss die Haustür auf und öffnete sie schwungvoll.
»Wo sind denn meine Krümelmonster?«, rief er fröhlich. »Roy
Junior, Robert, euer Daddy ist wieder da.«
Sterling sprang zur Seite, als zwei identische Kleinkinder mit
sandfarbenem Haar auf sie zugerannt kamen. Er konnte einen
Blick ins Wohnzimmer werfen, in dem eine hübsche blonde
Frau, die äußerst genervt aussah, einen Hörer ohne Schnur in der
Hand hielt (offensichtlich noch eine Neuerung seit Sterlings
Ableben). Sie winkte Marissa zu sich. »Dein Dad und NorNor
wollen so gern mit dir sprechen«, sagte sie.
Marissa ging ins Wohnzimmer, nahm ihrer Mutter den Hörer
aus der Hand und legte ihn zu Sterlings Verblüffung auf. Dann
lief sie, Tränen in den Augen, die Treppe hinauf.
Oha, dachte Sterling.
Er wusste noch nicht, wo das Problem lag, doch er konnte den
hilflosen Blick nachempfinden, den Marissas Mutter mit ihrem
Mann wechselte. Sieht so aus, als hätte ich hier alle Hände voll
zu tun, entschied er. Marissa braucht jetzt Hilfe.
Er folgte Marissa die Treppe hinauf und klopfte an ihre Zimmertür.
»Bitte, lass mich in Ruhe, Mom. Ich hab keinen Hunger, und
ich will nichts essen.«
»Es ist nicht deine Mom, Marissa«, sagte Sterling.
Er hörte, wie der Schlüssel umgedreht wurde. Langsam öffnete sich die Tür. Marissa riss die Augen auf, und ihre bekümmerte Miene wich ungläubigem Staunen. »Ich habe dich gesehen,
als ich Schlittschuh gelaufen bin, und dann, als ich in den Van
stieg«, flüsterte sie.
»Aber dann habe ich dich nicht mehr gesehen. Bist du ein
Geist?«
Sterling schenkte ihr ein Lächeln. »Nicht so richtig. Ich bin
eher so was wie ein Engel, aber ich bin kein echter Engel. Deshalb bin ich im Übrigen auch hier.«
»Du willst mir helfen, nicht wahr?«
Zärtlichkeit stieg in Sterling auf, als er in Marissas besorgte
blaue Augen schaute. »Nichts möchte ich lieber, als dir helfen.
Mir und dir zuliebe.«
»Hast du Ärger mit Gott?«
»Sagen wir so, er ist zurzeit nicht gerade gut auf mich zu
sprechen. Er meint, ich sei noch nicht reif für den Himmel.«
Marissa verdrehte die Augen. »Ich kenne viele Menschen, die
nie in den Himmel kommen.«
Sterling lachte. »Es hat ein paar Menschen gegeben, von denen ich sicher war, dass sie es nicht schaffen würden, und die
sind jetzt so gut wie alle anderen da oben.«
»Was du nicht sagst«, wunderte sich Marissa. »Willst du nicht
reinkommen? Ich habe einen Stuhl, der groß genug war für meinen Vater, wenn er rüberkam, um mir bei den Hausaufgaben zu
helfen.«
Sie ist reizend, dachte Sterling und folgte ihr in das geräumige
Zimmer. Eine richtige kleine Persönlichkeit. Er war froh, dass
Marissa ihn instinktiv für einen guten Geist hielt, dem sie vertrauen konnte. Schon sah sie ein wenig glücklicher aus.
Er ließ sich auf dem Lehnstuhl nieder, den sie ihm anbot, und
merkte, dass er seinen Hut noch nicht abgesetzt hatte. »Oh, Verzeihung«, murmelte er, setzte den Hut ab und legte ihn ordentlich auf den Schoß.
Marissa zog ihren Schreibtischstuhl hervor und nahm Platz
wie eine höfliche Gastgeberin. »Ich würde dir gern etwas zu
trinken und ein paar Plätzchen oder so anbieten, aber wenn ich
runtergehe, wollen sie, dass ich mit zu Abend esse.« Sie rümpfte
die Nase. »Mir fällt da gerade etwas ein. Bekommst du eigentlich Hunger? Kannst du essen? Weil es so aussieht, als wärst du
da, aber nicht richtig.«
»Ich versuche gerade selbst, das alles herauszufinden«, gab
Sterling zu. »Das ist mein erster Versuch auf diesem Gebiet. Sag
mal, warum willst du nicht mit deinem Dad sprechen?«
Marissa schaute zu Boden, und ein Schatten fiel über ihr Gesicht. »Er will mich nicht besuchen kommen, und er will nicht,
dass ich ihn besuche, und NorNor auch nicht – sie ist meine
Großmutter. Und wenn sie mich nicht sehen wollen, will ich sie
auch nicht sprechen.«
»Wo wohnen sie?«
»Weiß ich nicht«, platzte es aus Marissa heraus. »Sie wollen es
mir nicht sagen, und Mom weiß es nicht. Sie hat gesagt, sie verstecken sich vor schlechten Menschen, die ihnen etwas antun
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher