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Enthuellungen eines Familienvaters

Enthuellungen eines Familienvaters

Titel: Enthuellungen eines Familienvaters
Autoren: Giovannino Guareschi
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süße Mädchen, das mich als beschäftigungslosen Glücklichen kennengelernt hat und seine ganze Aufmerksamkeit darauf richtet, aus mir einen unglücklichen Lohnempfänger zu machen, lächelnd den Kopf schütteln, und ihre schwarzen Augen würden mir sagen: „Giovannino, Giovannino…“

Redaktionsgeheimnisse

    Um 1440 fand Herr Gutenberg, als der erste Abzug seines ersten Druckbogens vor ihm lag, in der zweiten Zeile eine „Elefantendame“ statt einer „eleganten Dame“. Als er die ganze Druckfahne aufmerksam durchgelesen hatte, zeichnete er einige über das Blatt verstreute Fehler an und erging sich in furchtbaren Verwünschungen gegen seinen armen Kompagnon Fust, der nicht das geringste dafür konnte.
    So traten gleichzeitig der Setzer, der Druckfehler und der Korrektor in die Welt. Und so konnte ich, fast fünf Jahrhunderte später, die Stelle eines Korrektors annehmen, die mir nach langem, ergebnislosem Suchen von der Verwaltung der lokalen Tageszeitung angeboten wurde.
    Ich gestehe, daß ich zunächst enttäuscht war. Der Gegner nahm die Schlacht nicht an. Er zeigte sich nicht. Ich konnte keine Fehler finden. Der Cavaliere G. T., mein Vorgänger und Lehrmeister, hatte vergessen, mir die Taktik auseinanderzusetzen, deren man sich bedienen muß, um die Druckfehler zu entdecken. Ich habe jedes System versucht: nur mit einem Auge zu lesen, jede zweite Zeile zu überspringen, von links unten nach rechts oben zu lesen. Ich versuchte, so zu tun, als ginge ich fort, um dann eilends zurückzukehren und mit höchster Geschwindigkeit die Korrekturbogen zu überfliegen. Ich versuchte, mich zu verkleiden, mein Gesicht mit falschem Schnurrbart und Bart unkenntlich zu machen... die verdammten Druckfehler zeigten sich nicht. Dafür überfielen sie mich tags darauf hinterrücks, wenn die Zeitung schon gedruckt war. Ja, dann entdeckte ich ihrer Dutzende in jedem Satz: schwere, enorme Fehler, Großbuchstaben statt Ziffern, verdrehte Zeilen, Sätze, die plötzlich aufhörten, um nach einer halben Spalte wieder weiterzugehen.
    Ich war enttäuscht, aber nicht entmutigt. Man muß sie finden, die verdammten Fehler. Der Korrektor muß sie finden!
    Wenn Herr Cesare die Fehler in den Korrekturbogen gefunden hätte, besäße diese entzückende kleine Stadt noch zwei Zeitungen. Statt dessen hat sie nur eine; die andere, jahrhundertealte, das Nationaldenkmal, ist verschwunden und hat nur ihren Namen zurückgelassen, ganz klein angeklebt an den großen Titel der Schwesterzeitung, die sie geschluckt hat.
    Herr Cesare, ein sehr munterer Mann, wurde bei der alten Zeitung angestellt, um die Druckbogen durchzusehen. Am sechsten Tag rief ihn der Direktor in sein Büro. Er hatte einen Gesichtsausdruck von edler Trauer.
    „Teurer Freund“, sagte er zu ihm, „ein außerordentlich schwerwiegender Umstand nötigt mich, mit Ihnen zu sprechen. Darf ich auf Ihre Aufmerksamkeit rechnen?“
    „Sie dürfen.“
    „Vor allem würde ich mich freuen, mit Ihnen über ein Prinzip, das ich für grundlegend halte, eines Sinnes zu sein. Sie stimmen mir wohl zu, wenn ich behaupte, daß man, um schreiben zu können, zumindest „lesen können muß.“
    Herr Cesare stimmte vorbehaltlos zu.
    „Gut“, meinte der Direktor. „In der Setzerei meiner Zeitung hat sich ein einzigartiger Fall ereignet: Drei Tage lang hat ein Mann gesetzt, ohne lesen zu können.“
    Die Sache interessierte Herrn Cesare, der um nähere Einzelheiten bat. „Ganz einfach“, sagte der Direktor. „Vor drei Tagen haben wir einen neuen Setzer aufgenommen. Und drei Tage hat besagter Setzer Spalten und Spalten von Artikeln, Erzählungen und Nachrichten gesetzt, obwohl er völliger Analphabet ist. Mit anderen Worten: er hat einfach mit den Fingern auf die Tastatur der Setzmaschine geklopft, ohne auch nur den mindesten Verdacht zu hegen, daß die Manuskriptblätter, die man ihm ausfolgte, in irgendeinem Zusammenhang mit der Arbeit stünden, die er an der Maschine vollführte. Er hat sich darauf beschränkt, das zu tun, was er seine Arbeitskollegen tun sah: mit den Fingern auf gewisse Tasten zu drücken und von Zeit zu Zeit einen bestimmten Hebel zu betätigen.“
    „Das ist ebenso eigenartig wie bedeutsam“, bemerkte Herr Cesare. „Ein Glück, daß jemand es bemerkt hat!“
    „Ja, man hat es bemerkt. Der Jammer ist nur, daß Sie es beim Durchsehen der Korrekturbogen nicht bemerkt haben und daß immerhin einige Artikel mit dieser eigenwilligen Textgestaltung in meine Zeitung gekommen
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