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Engpass

Engpass

Titel: Engpass
Autoren: Gabriele Diechler
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Er will mich sehen.«
    Elsa seufzt. »Gut. Ist mir recht.«
    »Kann er bei uns wohnen? Platz ist doch genug.«
    »Anna!«
    »Du bist stur und ungerecht«, empört sich Anna. »Er ist mein Vater.«
    Elsa hört das Knacken in der Leitung. Anna hat aufgelegt.

     
    Die Tür öffnet sich. Elsa schreckt hoch.
    Degenwald steht vor ihr. »Sagen Sie nicht, dass Sie hier übernachtet haben.« Er kommt näher und starrt auf den Aktenordner, auf dem sie offenbar eingenickt ist. Ein Bild von Silke Maihauser lächelt ihm entgegen.
    Elsa antwortet nicht, sondern steht auf und geht zum Waschbecken. Sie starrt in den Spiegel, auf ihre verwischte Wimperntusche. Die Frisur ist allerdings noch ganz okay.
    »Wie spät ist es?«, will sie wissen.
    »Kurz vor acht«, antwortet Degenwald und beobachtet Elsas Anstrengungen, sich in eine ansehnliche Frau zu verwandeln, die gerade frisch aus der Dusche kommt.
    »Machen Sie das immer?« Er hat die Hände verschränkt und steht jovial lächelnd an den Türrahmen gelehnt, als Elsas Zimmertür aufgestoßen wird und Annas Kopf erscheint.
    »Na toll! Hier bist du also.« Anna kommt herein und schmeißt sich unwirsch in Elsas Bürostuhl.
    »Als ich heut morgen wach werde, denk ich, ich träume. Ich bin allein im Haus. Von meiner Mutter weit und breit nichts zu sehen. Ich hab mir Sorgen gemacht, verdammt noch mal.«
    »Ich habe so lange über diesen Ordnern gebrütet und muss irgendwann eingenickt sein«, verteidigt sich Elsa in Annas und Degenwalds Richtung gleichzeitig.
    »Mutter kümmert sich rührend um pubertierende Tochter, verwöhnt sie mit Croissants zum Frühstück und steht ihr mit Rat und Tat zur Seite.« Anna verzieht mürrisch ihr Gesicht. »Das gibt’s wohl nur im Film.«
    Degenwald steht wie ein Schiedsrichter zwischen den beiden Frauen. »Nun mal halblang, junge Dame. Deine Mutter ist eingeschlafen, sonst nichts. Und du machst mir nicht den Eindruck, als kämst du eine Nacht nicht allein zurecht.«
    Elsa ist die Situation unangenehm. Warum mischt Degenwald sich ein? Er hat nichts mit all dem zu tun.
    »Das ist übrigens Anna«, stellt Elsa ihre Tochter vor. »Und das ist Karl Degenwald.« Sie deutet auf ihn. »Mein Kollege.«
    Degenwald hält Anna seine Hand hin.
    Anstatt einzuschlagen, steht Anna auf. »Hab schon kapiert. Ihr haltet zusammen. Typisch Kriposüchtige. Tschüss, Degi. Ciao, Elsa.« Und damit ist Anna verschwunden.
    Degenwald schaut Elsa irritiert an. »Degi? Meint sie damit mich?«
    »Nehmen Sie es nicht persönlich. Das ist die Pubertät.«

     
    Die Villa liegt wie eine Trutzburg am Hang. Elsa macht den Motor aus, steigt aus dem Wagen und schaut sich das weitläufige Gebäude an. Hier hat Silke Maihauser also gewohnt. Vor 20 Jahren.
    Sie geht die weiß getünchte Mauer ab, bis ihr am Eingangstor die Messingklingel entgegenleuchtet.
    ›Maihauser‹, steht da.
    Elsa läutet und wartet auf eine Reaktion. Vergeblich. Sie versucht es erneut und klingelt ein zweites Mal, diesmal eindringlicher. Endlich schlägt drinnen ein Hund an und im ersten Stock öffnet sich ein Fenster.
    »Hallo!«, ruft Elsa nach oben. »Könnten Sie bitte aufmachen?«
    Ein Frauenkopf erscheint zwischen den geöffneten Fensterläden und starrt hinunter. »Was wollen S’ denn? Es ist niemand dahoam.«
    »Wegener! Kripo Traunstein. Ich komme, um im Fall Maihauser zu ermitteln.«
    »Was hoaßt des, Sie ermitteln im Fall Maihauser? Welchen Fall Maihauser meinen S’ überhaupt?«
    »Das erkläre ich Ihnen, wenn Sie mich hineingelassen haben.«
    Elsa hört den Summer, drückt gegen das schmiedeeiserne Tor und geht durch den gepflegten Vorgarten auf die Eichenholztür zu, die sich in dem Moment einen Spalt weit öffnet. Eine Hand streckt sich ihr entgegen. »I bin …« Die Frau korrigiert sich. »Ich meine, ich bin die Birgit Leiner, die Haushälterin.«
    »Freut mich. Elsa Wegener. Wie gesagt, wir ermitteln in einem Mordfall.« Elsa tritt in den Flur. Sofort nimmt sie die Exklusivität der riesigen Diele auf, die Bilder an der Wand, den imposanten Messingspiegel, den teuren Perserteppich. Alles sehr erlesen und geschmackvoll.
    »Wissen Sie, wo Herr Maihauser sich zurzeit befindet, Frau Leiner?«
    »Auf irgendoaner Baustelle, nehm i an, ähm, nehme ich an. Z’ Mittag kommt er meistens zum Essen hoam. Er is Diabetiker. I koch für eam. I muss mi streng nach’m Arzt richten.«
    »Verstehe. Wir haben die Leiche von Silke Maihauser, oder das, was davon übrig ist, gefunden. Nach über 20
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