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0273 - Die Sekte aus dem Jenseits

0273 - Die Sekte aus dem Jenseits

Titel: 0273 - Die Sekte aus dem Jenseits
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Er wußte, mit wem er es zu tun hatte. Er sah ihn auf eine komplexe magische Art, die ihm alles enthüllte, und spontan erkannte de Montagne, wie dieser andere ihm mit seinen Fähigkeiten nützen konnte.
    Ohne lange zu überlegen, erteilte er ihm den Auftrag, der den Fähigkeiten des anderen entsprach: »Hole Zamorra zu dir, und mache ihn unschädlich!«
    Das Gesicht des anderen in der Zimmerdecke nickte ihm zwischen verwischenden Konturen zu, lächelte zynisch - und verblaßte, um matter Schwärze zu weichen.
    Den Kontakt gab es nicht mehr, aber Leonardo wußte, daß er sich um seinen größten Feind keine Gedanken mehr zu machen brauchte. Zamorra, der Leonardo für tot hielt, seit Bill Fleming ihm eine Silberkugel in den Kopf geschossen hatte, hatte gegen diesen Gegner keine Chance mehr.
    Leonardo, der Totgeglaubte, war lebendiger als zuvor, auch mit dem Silber in der Stirn, aber Zamorra würde bald tot sein. Und de Montagne lachte wie der Teufel selbst…
    ***
    »Sekte der Jenseitsmörder«, sagte Zamorra langsam und nippte an seinem Fruchtsaft. »Seltsamer Name… Warum ausgerechnet Jenseitsmörder?«
    »Chérie, warum ist Rom erbaut worden?« stellte die zur Zeit schwarzhaarige Schönheit mit den braunen, goldgesprenkelten Augen ihre Gegenfrage. Nicole Duval, Sekretärin und über alles geliebte Lebensgefährtin des Professors, räkelte sich in einem verwegen geschnittenen Einteiler auf dem Rasen draußen neben dem halb überdachten Swimming-pool. Ihre Ablenkungsmanöver waren zwecklos; Zamorra hatte sich in ein schmales Buch mit schwarzem Ledereinband vertieft und blätterte in regelmäßigen Abständen die hauchdünnen und engbeschriebenen Seiten um.
    Handschriftlich beschrieben! Unendlich kostbar mußte dieses uralte Buch sein, das der Parapsychologe zufällig entdeckt hatte, aber trotz des Textumfangs konnte es ihm weder verraten, warum diese Sekte »Jenseitsmörder« hieß noch ob sie irgendwann einmal ihr Bestehen aufgelöst hatte.
    Die hübsche Französin erhob sich wie eine geschmeidige Katze und kam zu Zamorra. In seinem Sessel unter dem Sonnenschirm auf dem Rasen war noch Platz. Eng schmiegte sich das Mädchen an ihn und küßte zart seine Wange.
    »Zamorra, hast du noch nie den Begriff gehört Jemanden ins Jenseits befördernd Diese Umschreibung für Mord gibt’s nur im deutschen Sprachraum, und stammt dieses Buch nicht aus Deutschland?«
    Zamorra nickte.
    Nicole beugte sich vor und versuchte, in dem Buch zu lesen. Deutsch gehörte zwar zu den Sprachen, die sie nahezu perfekt beherrschte, aber die Handschrift machte ihr Schwierigkeiten. Nach den ersten drei Zeilen gab sie auf.
    »Du, ich hole uns etwas zu trinken. Noch einen Fruchtsaft?«
    »Ohne Eis bitte«, bestellte der Parapsychologe. »Weil das den Magen zu sehr auskühlt und Montezumas Rache nach sich zieht.«
    Nicole verschwand unter der Überdachung durch das Fitneß-Center im Innern des Gebäudetrakts. Zamorra sah ihr nach, wie sie mit leicht wiegenden Hüften entschwebte. Mit dem knappen Badeanzug, der diesen Namen kaum noch verdiente, weil er auch als Einteiler kaum mehr als zwanzig Quadratzentimeter Stoff zusammenbrachte, sah sie hinreißend aus und wußte ihre Schönheit auch ins rechte Licht zu setzen.
    Als er sich wieder umwandte, war das Buch verschwunden.
    ***
    Kerzenlicht flackerte und jagte geisterhafte Schatten über die Wände. Inmitten der tanzenden Derwische aus Licht und Schatten hob der Große beide Hände und führte die Fingerspitzen über seinem Kopf zusammen. Worte einer fremden, alten Sprache rollten über seine Zunge, Kehllaute, die so schwierig zu formen waren, daß es außer ihm kaum jemand fertigbrachte, sie zu sprechen.
    In einer Lichterscheinung wurde vor ihm im Hexagramm etwas stofflich, das er gerufen hatte.
    Nach außen hin wußte niemand, was er war. Auch jene, die waren wie er, ahnten es nicht. Sie kannten ihn nur als den Großen, dessen Gesicht von einer Silbermaske verdeckt wurde und dessen Körperformen ein schwarzes Gewand verbarg. Die Tarnung war seine einzige Möglichkeit, in dieser Zeit zu überleben. Man mußte sehr, sehr vorsichtig sein.
    Das letzte, was er wollte, war, als Hexer angeklagt zu werden.
    Der Große wußte, daß es einst wieder anders sein würde. Aber was er nicht wußte, war, ob er jene Zeit erleben würde. Denn er konnte nur in die Zukunft greifen, aber nicht sehen. Seine Kräfte waren anderer Art und einmalig auf der Welt.
    Er besaß eine besondere Beziehung zur Zukunft.
    Schon als
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