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Kann ich gleich zurueckrufen

Kann ich gleich zurueckrufen

Titel: Kann ich gleich zurueckrufen
Autoren: Barbara Streidl
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ÜBER DIESES BUCH HINAUS
    Ich werde den Bus nicht mehr erwischen, egal, wie schnell ich renne . Dieses Gefühl ist mir sehr vertraut in meinem Leben als berufstätige Mutter. Es ist zentral im Leben der meisten berufstätigen Mütter.
    Natürlich gibt es heute viel Verständnis für Frauen, die Karriere und Familie vereinbaren wollen: Es werden immer mehr Kinderbetreuungsangebote, immer mehr Männer, die ein paar Monate Elternzeit nehmen, und immer mehr Frauen, die mithilfe von Tagesmüttern und Kinderkrippen kurz nach der Geburt eines Kindes an ihre Arbeitsstelle zurückkehren können. Und doch erachte ich es nach wie vor als klüger, wenn ich mich für mein Zuspätkommen im Büro mit einem ausgefallenen Bus entschuldige als mit meinem Kind. Das nur langsam zur Kita laufen wollte.
    Als das Buch Wir Alphamädchen – Warum Feminismus das Leben schöner macht 2008 erschien, ging es mir und meinen beiden Mitautorinnen darum, besonders die junge Frauengeneration aufzurütteln. Sie zu ermuntern, Gleichberechtigung zu fordern, sowohl im privaten Bereich als auch im öffentlichen, sprich beruflichen. Sich nicht zufriedenzugeben mit den geschlechterungerechten Gegebenheiten. Wir Alphamädchen ist als Anfang zu verstehen.
    Die gesellschaftliche Debatte zeigt heute, 2012, dass dieser Anfang in Sachen Gleichberechtigung gelungen ist. Und das nicht nur in der Debatte: Privatwirtschaftliche Unternehmen haben eine Frauenquote eingeführt, ein überparteiliches Frauenbündnis stellt sich in der Berliner Erklärung gegen die Quotenfeindlichkeit der Familienministerin. Das Elterngeld wurde trotz des Sparkurses der Bundesregierung nicht abgeschafft, sondern nur eingeschränkt, und sogar Spitzenpolitikerinnen bekommen in der Amtszeit Kinder. Doch es ist noch längst nicht alles geschafft.
    Als ich anlässlich einer Feier zum 100. Internationalen Frauentag im vergangenen Jahr die Bemerkung einer Politikerin hörte, Frauen sollten möglichst schnell nach der Geburt eines Kindes wieder Vollzeit arbeiten, habe ich mich bestätigt gefühlt: Die Baustelle Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist immer noch auf den Rücken der Frauen positioniert. In dieselbe Kerbe schlug das 2011 veröffentlichte Buch Die Feigheit der Frauen der Publizistin Bascha Mika, die besonders den gut ausgebildeten Frauen vorwirft, sich dem Arbeitsleben nicht zu stellen und stattdessen vom Geld ihrer Männer, der Väter ihrer Kinder, zu leben, solange es gut geht.
    Nach wie vor wird dieses kritisierte konservative Lebensmodell aber auch von der Bundesregierung unterstützt. Denn deren Bemühungen, über flächendeckende Kita-Angebote und das geplante Betreuungsgeld den gestressten Frauen Entlastung zu bieten, sind bislang genau das: bemüht. Der Kita-Ausbau stockt, und das Betreuungsgeld ist eine Mogelpackung, weil es Frauen vom Berufsleben fernhalten wird. Ohne dabei auf die Risiken und Nebenwirkungen, nämlich Altersarmut, problematischen Wiedereinstieg ins Berufsleben nach zu langer Babypause und das heute gültige Unterhaltsrecht, hinzuweisen, das dafür sorgt, dass Kinder nach einer Scheidung unterstützt werden, Frauen aber nicht.
    Wir alle wissen, dass es viel Kraft kostet, die eigenen Ideale zu erkennen und sie in der Partnerschaft oder in beruflichen Situationen zu verwirklichen und zu verteidigen. Vor allem, wenn die Ideale konträr zu den gültigen gesellschaftlichen Strukturen sind, die bei uns nach wie vor aus einer Zeit fern der Gleichberechtigung stammen. Vollzeit haben doch immer die Männer gearbeitet, während sich die Frauen zu Hause um die Kinder gekümmert haben. Nun dürfen, ja müssen Frauen beides: arbeiten und sich um die Kinder kümmern. Und die Männer sollen das bitte schön unterstützen.
    Es ist zu spüren, dass wir gerade erst lernen, dieses gleichberechtigte Ziel zu realisieren. Denn es ist keinesfalls schon normal, dass sich Frauen und Männer sowohl im Beruf als auch in der Familie voller Ambitionen engagieren. Das zeigen etwa die Existenz des überholten Ehegattensplittings, der staatlich subventionierten Hausfrauenehe, auf der einen und die 23 Prozent Lohndifferenz zwischen Frauen und Männern auf der anderen Seite.
    Wir machen das noch nicht so lange, deshalb fehlt es uns Frauen an Vorbildern. Doch beim Punkt der viel diskutierten Vereinbarkeit fehlt uns allen, Frauen wie Männern, auch der Common Sense: Kinder dürfen kein Handicap sein für berufstätige Menschen, sondern einfach nur Kinder. Denn neben all den strukturellen
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