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Engelsstern

Engelsstern

Titel: Engelsstern
Autoren: Jennifer Murgia
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hätte schwören können, dass er mich immerzu anstarrte. Wenn ich zwischendurch den Mut aufbrachte, seinen Blick zu erwidern, lächelte er dieses wunderbare Lächeln, sodass mir schwindlig wurde und ich mir blöd vorkam. Das fiel beim Mittagessen sogar Claire auf.
    »Hat dir die Krankenschwester abgelaufenes Aspirin oder irgendwas Illegales gegeben?« Sie betrachtete mich misstrauisch.
    »Ja«, war alles, was ich herausbrachte.
    Claire leerte den Inhalt ihrer orangefarbenen Brotdose, die wie immer nur Kalorienbomben enthielt. »Inder Schule brodelt es.« Sie hatte die Stimme gesenkt, als ob es um ein Staatsgeheimnis ginge.
    »Hmm?« Ich hatte mich in Tagträumen verloren und suchte die Cafeteria nach blonden Locken ab, doch Garreth war leider nirgendwo zu sehen. Aber halt, was wäre, wenn ich ihn sähe, und er säße mit einem bezaubernden blonden Cheerleadermädchen zusammen?
    »Hey, willst du’s gar nicht wissen?«
    Ich seufzte und sah sie an.
    »Zwei Worte. Garreth Adams.«
    »Ich bin ihm schon begegnet.« Die Worte kamen etwas atemlos heraus.
    Claires Kopf schoss hoch.
    »W ir haben zusammen Mythologie.«
    »Uuund?« Claire starrte mich an und forderte mich mit einer ungeduldigen Handbewegung auf, weiterzureden
    »W as?«
    Ich starrte zurück. Es war klar, was hier lief. Ich enthielt ihr wertvolle Informationen vor, das wusste sie, und ich spielte dieses Spiel gerne. Es machte großen Spaß, sie auf die Folter zu spannen. Es hielt sie kaum noch auf dem Stuhl. Es überraschte mich nicht, dass vermutlich die ganze Schule von meinem Nebenjob als Fremdenführerin heute Morgen wusste. Weiß der Himmel, was Claire zu Ohren gekommen war.
    »W ie ich höre, hat er dich nicht aus den Augen gelassen. Du bist so ein Glückspilz!« Claire schäumte regelrecht über. »Ich hab dir ja gesagt, dass du einen Freundbrauchst. Wer hätte gedacht, dass an ein und demselben Tag eine Intellektuelle und eine Wahrsagerin aus mir wird?«
    Ich schob mir den Rest meines Erdnussbutterbrotes in den Mund und starrte das Monster mir gegenüber an, das ich geschaffen hatte.
    Claire sah sehr zufrieden mit sich aus. Es war fast grausam, den Mund aufzumachen und ihr den ganzen Spaß zu verderben, aber es musste sein. Ich versuchte es mit dem höchsten mir gegebenen Maß an Diplomatie.
    »Gut, er ist ganz nett, aber jetzt lies da bloß nichts rein. Und schlag dir die Kristallkugeln und glitzernden Kopftücher wieder aus dem Kopf. Er war bloß dankbar, weil ich ihm geholfen habe. Keine große Sache. Außerdem sieht er aus wie ein Gott oder zumindest wie ein Model, und ich bin bloß … na ja, eben ich.« Ich mampfte die letzten Erdnussflips und trank die Flasche Wasser aus. Genug gesagt.
    »Mm-hmm.« Claire sah mich über ihren Keks hinweg an. Dann nahm sie meine Hand und betrachtete die Innenfläche. »Hab ich’s doch gewusst. Hier steht ganz deutlich: ›Ich bin in Garreth Adams verknallt‹. Genau hier in deinem verschwitzten Händchen.«
    »Stimmt gar nicht!« Ich stand auf, warf die Flipstüte in den Mülleimer und wandte ihr den Rücken zu.
    »Und ob! Schweiß lügt nicht!«, rief sie mir nach.
    Zum Glück war die Mittagspause vorbei. Wie ein Magnet zog es mich unweigerlich in Garreths Richtung, wo immer er gerade war. Stand er am anderen Ende derEingangshalle, trugen mich meine Füße dorthin, ob ich da nun was zu suchen hatte oder nicht. Egal, ich wollte ihm nah sein. Ich musste ihm nah sein – das klang irgendwie romantisch. Oder durchgeknallt. In Wirklichkeit war es völlig verrückt, so zu fühlen. Bis heute hatte ich Garreth noch nie gesehen, und dennoch wusste ich bereits … glaubte ich bereits …, dass er in meinem Leben eine wichtige Rolle spielen würde.
    Zumindest hoffte ich das.
    Garreth hatte nicht nur Mythologie mit mir, sondern tauchte auch noch bei drei anderen meiner Fächer auf.
    In Chemie versuchte ich, so zu tun, als wäre er gar nicht im Raum. Ja, klar. Nichts leichter als das. Alle merkten sehr schnell, dass das Gehirn des Garreth Adams in der Lage war, Informationen zu verarbeiten, die kein anderer überhaupt nur kapierte. Der arme Junge wurde im Nu Mr Quinns Lieblingsschüler und gab widerwillig die ganze Stunde über die Antworten für uns alle. Ich schrieb sorgfältig alles mit und verdrängte die Gedanken an ihn mit jedem Kratzer meines Stifts, hielt das aber nicht lange durch. Schließlich drehte ich mich ein wenig auf dem Stuhl um und tat so, als wollte ich irgendwas am Schwarzen Brett hinten im
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