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Engelsstern

Engelsstern

Titel: Engelsstern
Autoren: Jennifer Murgia
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getroffen hatte. Vielleicht hatte ich aber auch nur eine blühende Fantasie und Claires Diagnose, dass ich einen Freund bräuchte, zu viel Glauben geschenkt. Bei dem Gedanken an diesen total bizarren Tag lief mir ein Schauer über den Rücken. Garreth war bisher das einzig Gute gewesen. Tief in meinem Inneren wusste ich, dass dies mehr als nur ein verrückter Traum war. Etwas verfolgte mich – und es wäre ein echter Abtörner, wenn ich das jemandem erzählen würde. Vielleicht war ein Freund doch nicht die Lösung. Ich brauchte Schutz.
    In Wahrheit brauchte ich ein Leben.
    Ich lachte mich gerade innerlich selbst aus, als ich mitbekam, dass der Bus bereits vor einer Weile angehalten hatte und mich ein halbes Dutzend Augenpaare anstarrte. Der Bus stand an meiner Haltestelle, und der Fahrer warf mir über den Rückspiegel einen entnervten Blick zu.
    Ich schnappte mir iPod und Rucksack und hastete den Gang entlang nach vorne. Die Blicke und das Geflüster der anderen Schüler versuchte ich zu ignorieren. Ich murmelte dem Fahrer ein »Tschuldigung« zu und sprang die Stufen zum Bordstein runter, zum Glück, ohne mich in meiner Hast gleich umzubringen. Ich musste mit Clairedie Frage regelmäßiger Mitnahme im Auto ab sofort besprechen, weil es spätestens ab jetzt völlig indiskutabel war, jemals wieder den Bus zu benutzen.

KAPITEL 3

    Frisch und munter wachte ich am nächsten Morgen auf. Völlig ungestört von dunklen Flügeln hatte ich von Garreth geträumt. Ich war voller Energie und wild entschlossen, mich für die Schule aufzuhübschen.
    Garreth Adams.
    Er war völlig anders als die Jungs in der Schule. Vor allem hatte er eine Reife, an der es neunundneunzig Prozent der anderen Jungs mangelte. Er war höflich, aufmerksam, überlegte, was er sagte, und war trotz aller Selbstsicherheit zurückhaltend, was mir sehr gefiel. Ich dachte an seine tiefblauen Augen und das markante Kinn und die Geste, mit der er sich das Haar aus den Augen strich. Sofort bekam ich warme Ohren.
    Mit den Gedanken bei Garreth schlüpfte ich in das Badezimmer meiner Mutter und kramte im Schrank nach Schaumfestiger, Gel und Glanzspray, ohne die geringste Ahnung zu haben, was man damit machte. Aber ich war entschlossen, mich in ein etwas weniger gewöhnliches Ich zu verwandeln, und legte blindlings los. Allerdings sah mich aus dem Spiegel ein ziemlich durchschnittliches Gesicht an, dazu strohblonde Haare mit ein paar selbst gemachten hellen Strähnchen, eine einigermaßen klare Haut, abgesehen von den sich von Jahr zu Jahr vermehrenden Sommersprossen, und hellgrüne, fast wasserhelle Augen, umrahmt von schmalen, sehr hellen Augenbrauen und Wimpern. Ich bekam häufig zu hören, dass ich hübsch sei, aber der Spiegel sagte leider meistens was anderes.
    Ich seufzte und war ganz und gar nicht überzeugt, dass die Kosmetikansammlung eine Verbesserung bringen würde, aber ich wollte es wenigstens versuchen. Die Schubladen offenbarten mir ihre Geheimnisse in Form von Lippenstiften und Lidschattendöschen, die ich alle mit Begeisterung aufmachte. Ich fühlte mich wie ein Kind im Spielwarenladen.
    Mit ungewohntem Elan sprang ich die Treppe runter und erntete einen schockierten Blick von meiner Mutter. Gestern Abend hatte ich noch völlig geistesabwesend dagesessen und war mit den Gedanken woanders gewesen.
    »Hübsch siehst du aus, Schatz.« Ihr Blick war misstrauisch, das Kompliment aber echt. »W as steht denn heute an?«
    »Ach, Mom. Ich bin eben gut drauf. Ich hab mir was von deinem Make-up geliehen, wenn du nichts dagegen hast. Hab ich schon gesagt, dass wir heute früher Schluss haben?«
    »Ich muss bis fünf arbeiten, Tea. Heute ist Freitag.« Meine Mitteilungsbereitschaft hatte sie umgehauen.
    Normalerweise verläuft das Frühstück bei uns a) schweigend, b) ab und an von einem verschlafenen Grunzen unterbrochen oder c) schweigend. Ich beugte mich tief über meine Müslischüssel, um ihrem deutlich spürbaren bohrenden Blick auszuweichen. Angesichts meines Versuchs, wie eine normale Siebzehnjährige auszusehen, stand ihr der Mund offen. Ich hoffte nur, dass ihr siebter Sinn ihr nicht zuflüsterte, dass das etwas mit dem anderen Geschlecht zu tun haben könnte, aber das war leider unwahrscheinlich. Draußen hupte es. Rettung durch Claire!
    »Bis später, Mom!«
    Ich wusch meine Schüssel ab, stellte sie weg, nahm meinen Rucksack und war in Windeseile aus der Tür. Vor meinem inneren Auge sah ich meine Mutter entgeistert die Tür anstarren –
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