Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Engelsstern

Engelsstern

Titel: Engelsstern
Autoren: Jennifer Murgia
Vom Netzwerk:
aber einfach hingerissen. Wenn ich nicht bald was sagte, würde er mich sicher für sozial gestört halten, und das wäre mir in diesem Moment schlimmer als der Tod erschienen.
    »Teagan«, sagte ich mit wiedergefundener Stimme. Und nahm seine Hand.
    Sie war so warm, dass ich sie nicht wieder hergeben wollte. Er lächelte mich an. Ich wurde rot. Möglicherweise hatte ich die Hand einen Tick zu lange festgehalten. Er starrte mich an. Ich sah weg und fühlte Panik in mir aufsteigen. Aber die Panik fühlte sich gut an. Schöne Panik.
    Garreth faltete ein dünnes Papier auseinander, das ich als Stundenplan erkannte. Er legte die Stirn in Falten und sah mich wieder an.
    »Kannst du mir sagen, wie ich zu Raum 303 komme?«, fragte er mit einem Lächeln.
    »Ich hab jetzt auch klassische Mythologie. Wenn du magst, komm doch mit.«
    Mit klammen Händen griff ich nach meiner Tasche, die er höflich aufgehoben hatte und mir reichte. Um zu vermeiden, dass mir ungewollt schwindlig würde, stand ich langsam auf. Überrascht stellte ich fest, dass ich mich völlig stabil fühlte, trotz des merkwürdigen Klopfens in der Herzgegend.
    »Danke.«
    Jetzt im Stehen fühlte ich mich ein wenig unterlegen. Er war mindestens eins achtzig groß. Ich hätte ihn für einen Zwölftklässler gehalten, nicht für einen Elftklässlerwie mich. Insgeheim verfluchte ich meine zierliche Figur und kam mir neben ihm vor wie ein Kind.
    »Bist du gerade hergezogen?«, fragte ich.
    Todsicher hätte ich ihn in der Stadt schon mal gesehen, wenn er nur von einer anderen Schule käme. Es gibt drei in Hopewell: Carver High, Hopewell Vo-Tech und Saint Andrew’s. Hopewell ist nicht sehr groß, eine ruhige Kleinstadt mit malerischen Häusern im viktorianischen und Kolonialstil im Westen von New Jersey. Meistens war alles friedlich, und wenn den Jugendlichen langweilig wurde, traten sie die Flucht entweder nach New Hope oder nach Princeton an.
    »Ich war vorher auf Saint Andrew’s.«
    Garreth erzählte ganz unbefangen, seine sanfte Stimme zerschmolz um uns herum wie Zuckerwatte, und ich sah ihn immer wieder verstohlen von der Seite an, während wir zur Treppe in den dritten Stock gingen.
    »Hmm«, murmelte ich nickend und hing an jedem einzelnen Wort. Gleichzeitig fragte ich mich, wieso ich ihn noch nie bemerkt hatte, nicht einmal als die Footballmannschaften von Carver und Saint Andrew’s gegeneinander im Endspiel gestanden hatten.
    Jeder war bei dem Spiel gewesen.
    Wir redeten weiter, bis wir den richtigen Raum erreicht hatten, und zogen die neugierigen Blicke der Vorbeikommenden auf uns. Erstaunlicherweise schien Garreth unsere Umwelt gar nicht wahrzunehmen. Ich gab ihm einen kurzen Überblick über die wenigen Vorzüge der Carver High und konnte mir nicht vorstellen, warum er überhaupt hierhergehen wollte. Möglicherweise war es Einbildung, aber er schien an meinen Lippen zu hängen, und ich befand mich in einem ganz eigenartigen Schwebezustand.
    »Da sind wir«, sagte ich leise und gab mir Mühe, nicht allzu enttäuscht zu wirken, dass der Weg so kurz gewesen war. »Mr Barry ist okay, du wirst ihn mögen. Solange du die Griechen von den Römern unterscheiden kannst und bei Jason und die Argonauten nicht einpennst, wirst du keine Probleme kriegen.«
    »Danke, Teagan.« Er lächelte, als würde er es auch so meinen, dann übergab er Mr Barry einen Zettel.
    Ich lächelte schwach zurück und wandte mich widerwillig meinem Stuhl in der zweiten Reihe zu. Ich sah genau, wie die anderen Mädchen gafften und flüsterten, als Garreth einen Platz weiter hinten einnahm. Ich hatte das Bedürfnis, ihn zu beschützen, als ob die vergangenen paar Minuten mir das Recht dazu geben würden. Ein paar Mädchen aus der arroganten Clique um Brynn warfen mir kühle Blicke zu, aber das ignorierte ich diesmal. In Gedanken war ich bei der Unterhaltung von eben, und als ich mich noch einmal zu Garreth umdrehte, entdeckte ich zu meiner Freude, dass er mir tief in die Augen sah.

KAPITEL 2

    Den Rest des Schultages verbrachte ich in einem traumähnlichen Schwebezustand. Egal, wo ich auf dem Schulgelände zu tun hatte, immer war Garreth irgendwo in der Nähe. Ich schien eine Art inneres Radarsystem entwickelt zu haben, denn ich konnte ihn jederzeit und überall orten. Und obwohl seine Anwesenheit in meiner Nähe sicherlich purer Zufall war, fühlte ich mich die meiste Zeit über angenehm aus der Fassung gebracht. Wie alle Siebzehnjährigen war ich Meisterin im Wunschdenken, aber ich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher