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Engelsleid (German Edition)

Engelsleid (German Edition)

Titel: Engelsleid (German Edition)
Autoren: Inka-Gabriela Schmidt
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aber dass seine einstige Geliebte tot sein könnte, hatte er nicht in E r wägung gezogen.
    » Sind Sie sicher, dass wir beide von derselben Frau spr e chen? « An so etwas erinnerte man sich doch auf jeden Fall sofort, oder nicht? War das Gedächtnis der Alten schon so ve r wirrt ?
    » Jungchen, sie hat bestimmt nicht leiden müssen. « Offenbar wirkte er sehr erschrocken. In einer tröstenden Geste griff sie nach seinem Arm und er ließ sie gewähren, um mehr zu erfahren.
    » Wissen Sie, was passiert ist? « , flüsterte er und musste seine Betroffenheit nicht spielen. »Versuchen Sie sich zu erinnern.«
    » Ein Autounfall « , erklärte die Frau knapp. » Genau . Die Leute haben noch Tage darüber gesprochen. Frau Winterle wurde von einem L kw erfasst, als sie die Straße übe r querte. «
    Fantasierte die Alte oder hatte sich das wirklich so zugetr a gen?
    Sie schüttelte nach kurzem Nachdenken den Kopf. » Ach , ich weiß nicht. Das ist ja schon so lange her. Sie war einfach eine nette Nachbarin, die Frau Winterle, mit der ich ab und an mal Kaffee g e trunken oder kurz auf ihr Kind aufgepasst habe, mehr nicht. «
    Azaradeels Herz hämmerte hart vor Anspannung. Mein Kind. » Und das Kind? Was ist mit ihm geschehen? «
    » Das weiß ich nicht. Vielleicht gab es Verwandte, die es zu sich genommen haben, das arme Ding « , erwiderte die Alte, und zerrte nun ihren Hausschlüssel aus der Manteltasche. »Oder kam die Kleine zu Pflegeeltern? Ja, so kann’s gewesen sein. «
    » Soll ich Ihnen den Einkaufswagen hineintragen? « , fragte Azaradeel zuvorkommend. Eine gute Gelegenheit mehr zu erfa h ren, falls das Lan g zeitgedächtnis der Rentnerin doch noch etwas zu t a ge beförderte.
    Sie nickte dankbar und ging voraus. Scheinbar war sie zu dem Schluss gekommen, dass er harmlos sei und sie nicht auf der S u che nach leicht erbeutetem Geld überfallen würde, denn sie schloss ihre Wohnungstür im ersten Stock auf und winkte ihn herein, als gäbe es von ihm Nichts zu befürchten.
    » Möchten Sie einen Tee trinken, Herr Tiemann? «
    » Sehr gerne, Frau Altendorf. « Den Namen hatte Azaradeel im Vorbeigehen an der Tür gelesen.
    Er betrat das Wohnzimmer, das spärlich möbliert war . Die a n gegrauten Zimmerecken zeugten davon, dass die kleinmustrige Tapete schon über zehn Jahre klebte. In einer Vitrine standen Nippesfiguren zwischen Mokkatässchen, sorgfältig auf handgefe r tigte n Spitzendeckchen platziert. Alles wirkte sauber und orde n tlich, ein wenig kitschig, aber nicht ungemütlich. Vor dem einz i gen Fenster konkurrierten unzählige Orchideen in verschiedenen Farben um die Gunst des Betrachters , halb verborgen von den pa s tellfarbenen Übergardinen . An der Wand rechts der Tür hingen über einem Sideboard mehrere unterschie d lich große Fotorahmen mit Familienbildern in Schwarz -W eiß und Farbe, einige mit e i nem schwarzen Trauerband versehen. Auf dem Zweie r sofa r e kelte sich zwischen zwei Kissen eine braun getigerte Katze, die schlä f rig blinzelte und Azaradeels Bewegu n gen verfolgte. Als er ein kehliges Schnurren von sich gab, antwo r tete sie mit freundlichem Mauzen, sprang herab und schmiegte sich au f fordernd an seine Beine.
    » Na, du kleiner Stubentiger. « Er bückte sich herab, um sie zu kraulen und als sie penetrant an seinem Bein entlangstrich, hob er sie hoch auf seine n Arm. Sofort schmiegte sie sich schnurrend an ihn, wobei sie intensiv schnupperte und ihn mit ihren grünen Augen durchdringend musterte, als würde sie seine echte Identität erke n nen.
    Mit einem kleinen Tablett in den Händen kam Frau Altendorf aus der gegenüberliegenden Küche geschlurft , stellte es auf dem Couchtisch ab, und goss aus einer Kanne angenehm duftenden Tee in zwei Tassen. Ihrer auffordernden Handbewegung nac h kommend , nahm Azaradeel auf dem Sofa Platz, immer noch die Katze im Arm, die keine Anstalten machte, von ihm zu weichen.
    » Wer sind Sie wirklich? « , fragte die Alte leise, während sie ihm dabei zusah, wie er ihren Kräutertee kostete. Die aromatische Flüssigkeit rann angenehm warm seine Kehle hinab. Der Blick der Frau war durchdringend, als hätte sie Röntgenaugen und ve r suchte , sein wahres Wesen zu erforschen.
    » Das habe ich Ihnen doch schon gesagt, ein Verwandter von Frau Winterle « , erwiderte Azaradeel lächelnd.
    » Nein, Sie verheimlichen mir etwas. Minka lässt sich norm a lerweise von keinem Fremden streicheln, und in Sie scheint meine kleine Freundin ganz vernarrt zu sein
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