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Engelsleid (German Edition)

Engelsleid (German Edition)

Titel: Engelsleid (German Edition)
Autoren: Inka-Gabriela Schmidt
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« , erwiderte Frau Altendorf unbeirrt. » Aber Sie müssen es mir nicht sagen, wenn Sie das nicht möchten. «
    Die Katze maunzte leise, dann spazierte sie, sich der Au f merksamkeit der beiden vollkommen bewusst, von Azaradeels Knien herab, setzte sich wie eine ägyptische Statue neben ihn, die Pfoten eng am Körper, den Schwanz herumgewickelt und starrte erst ihre Besitzerin, dann wieder ihn an.
    » Und Sie haben wirklich keine Ahnung, wer das Kind von Frau Winterle zu sich nahm? « Er füh l te eine unerklärliche Scheu diesen Namen auszusprechen, so wie er ihn seit Jahren aus seinen G e danken verbannt hatte, so gut es ging. Wie ein Lichtstrahl im Dunkeln funkelte dieser Teil der Vergangenheit in seiner Seele.
    » Wenn Sie ein Verwandter sind, wieso wissen Sie eigentlich nicht Bescheid ? « An ihrem Tee nippend, betrachtete sie ihn u n verwandt. Mühelos hielt er ihrem Blick stand. So leicht war ein Engel nicht aus der Reserve zu locken. Nicht ei n mal durch eine schreckliche Nachricht , die sein Herz in tiefe Trauer versetzte .
    » Wie ich schon sagte, ich war lange geschäftlich im Ausland. Asien, Neuseeland, Australien. Da verliert man schnell den Ko n takt. «
    » Hmm, jaja « , stimmte Frau Altendorf zu. » Die heutige Zeit. Jeder ist im Stress. Überall nur Hektik und Rücksichtslosi g keit. Um mich kümmert sich auch keiner mehr. Bin alt und gebrec h lich. « Und dann verzog sie ihren Mund auf einmal zu einem wi s senden L ä cheln. » Kommen Sie mich bald abholen? Ja? Das wäre mir sehr recht. «
    Azaradeel zögerte mit seiner Antwort.
    Durchschaute sie ihn wirklich oder war dies ein Trick, ihn herauszufordern? Es schien ihr zu genügen, dass er nicht vernei n te, denn sie wirkte mit einem Mal sehr zufrieden, als wäre sein Schweigen die Bestätigung, die sie sich erhofft hatte.
    » Gehen Sie auf den Westfriedhof, vom Haupteingang links, dritte Reihe. Wenn ich das Grab meines Mannes besuche, komme ich immer daran vorbei. Mehr weiß ich aber wirklich nicht. «
    Also hatte sie ihn die ganze Zeit über hingehalten und wusste viel mehr, als sie ihn glauben machte? Seine Fähigkeit, Menschen einzuschätzen, hatte offensichtlich gelitten .
    Über sich selbst innerlich den Kopf schüttelnd , trank Azar a deel seine Tasse aus und stand auf. Die Augen der Katze folgten ihm, als wolle sie ihm eine letzte Botschaft mit auf den Weg g e ben, davon abgesehen rührte sie sich jedoch nicht von der Stelle. Bestimmt hatte sie mehr verstanden, als man ihr zutraute. Tiere ha t ten ein viel feineres Empfinden als Menschen und waren nicht durch Äußerlichkeiten zu täuschen, und selbst Frau Alte n berg hatte etwas gespürt, was sie eigentlich nicht hätte wahrnehmen sol l e n .
    » Vielen Dank für den Tee. Bleiben Sie bitte sitzen, ich finde alleine hinaus. «
     
    Es war nicht schwer, das Grab aufzuspüren. Eine schlichte Stei n platte mit Namensgravur Marion Winterle und – Azaradeel holte tief Luft – einem stilisierten Engelsfl ü gel. Hatte Marion dieses Symbol ihrer Liebe als letzten Wunsch formuliert? Niemand hatte von ihrer Liaison gewusst. Er war ganz sicher, dass sie ihr Ve r sprechen gehalten hatte.
    Jetzt, da es zu spät war, bedauerte er, Marion nicht schon fr ü her gesucht zu haben. Die kurze gemeinsame Zeit war voller Li e be und Sinnlichkeit gewesen. Er hatte keinen Hehl daraus g e macht, dass sie nicht zusammenleben, sondern sich nur gelegen t lich sehen würden. Wenn Marions Hände ihm gefühlvoll über seine Flügel, seine Brust oder seine n Unterleib streichelten, dann hatte er alles um sich herum vergessen. Warum ihr gemeinsames Kind in Gefahr wäre, wenn er sich weiterhin mit ihr träfe, hatte er ihr nicht erklärt, und sie hatte nicht gefragt, als fürchtete sie die Antwort. Mit Tr ä nen in den Augen hatte sie seine Entscheidung akzeptiert und er konnte nicht mehr für sie tun, als dafür zu so r gen, dass sie keine finanzielle Not litt. Eine kleine, von ihm init i ierte Erbschaft ve r setzte sie in die Lage, ihr Kind fast sorgenfrei großzuziehen, ohne durch plötzlichen Reichtum aufzufallen.
    » Verzeih mir, Marion « , murmelte Azaradeel, vor dem Grab kniend, die rechte Hand auf die Steinplatte gepresst. » Du hättest etwas Besseres als mich verdient. «
    Viel zu jung war sie gestorben. Plötzlich wurde er von einer erdrückenden Unruhe erfasst. Was wäre, wenn irgendjemand herausgefunden hatte, dass ihre Tochter eine Nephilim war? Di e ser L kw -Unfall war vielleicht kein Unfall gewesen. Er
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