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Engelsleid (German Edition)

Engelsleid (German Edition)

Titel: Engelsleid (German Edition)
Autoren: Inka-Gabriela Schmidt
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keine Sekunde, dann würde er sich eine einflussreiche Position sichern. Denn er ging alles andere als selbstlos an diese Sache heran, und er würde nicht versagen wie so viele andere vor ihm, die nun in den tiefsten Schluchten der Hölle für ihr Versagen litten. Ihm würde das nicht passieren.

1
    Die Trauzeugin
     
    Trauzeugin ? Ein unwilliges Knurren entwich Lauras Kehle , als sie die Post öffnete. Janine hatte es sich nicht nehmen lassen, ihr eine Einladung zu ihrer Hochzeit zu schicken, einfach nur, damit sie sehen konnte, wie schön sie geworden war.
    Wie viele Einladungen zu Hochzeiten Laura in den letzten zwei Jahren erhalten hatte , konnte sie nicht mehr zählen , und sie wollte es auch nicht wissen. Gefühlt waren es ei n deutig zu viele.
    Nein, selbst wenn Laura gerade einen festen Freund hätte, e i nen der ihren Vorstellungen genügt e , so würde sie ihn auf keinen Fall heiraten. Was sollte das schon bringen, außer einer sündhaft teuren Feier und idealistischen Versprechungen, von denen keiner der Bete i ligten vorhersehen konnte, ob er oder sie diese ein Leben lang einha l ten würde? Negativbeispiele gab es schließlich zur Genüge.
    Treu in guten wie in schlechten Zeiten, bis der Tod Euch scheidet. So ähnlich hieß es doch? Wie hochtrabend , wie unreali s tisch. Hatte man nicht längst Studien durchgeführt, die belegten, dass die genetische Entwicklung des Menschen keine monogame Partnerschaft vorsah? An je mehr Weibchen ein Männchen seinen Samen abgab, desto größer und sicherer war das Überleben der Nachkommenschaft. Wenn schon Darwin bewiesen hatte, dass Menschen und Affen auf dieselben Urahnen zurückgingen, wieso sollte sich das Verhalten menschlicher Männchen dann so viel von Affen unterscheiden? Nun, und auch für die Weibchen vieler Spezies hatte das Paaren mit mehreren männlichen Partnern Vo r teile. Schützte es doch die Nachkommen vor Mord, wenn der Mann nicht genau wusste, ob es vielleicht seine eigenen waren. Und selbst gesetzt den Fall, dass der Mensch in seinem Verhalten eine Ausnahme bilden sollte, so war von der Evolution niemals vorg e sehen, dass er ein Alter erreichen würde, das weit über den biol o gischen Zweck hinausging, Kinder in die Welt zu setzen und großzuziehen. Es machte eben einen Unterschied, ob man zehn bis zwanzig Jahre einem Partner treu bleiben sollte, oder mehr als das Doppelte.
    Missmutig starrte Laura die edel gestaltete Faltkarte an. Si l berner Reliefdruck auf Perlmutt schimmerndem Karton sorgte für die gewünschte Aufmerksamkeit und die Eleganz, die dem Anlass mehr als angemessen war. Das Brautpaar (oder vielleicht auch die Brauteltern) würde keine Kosten und Mühen scheuen, ihrer Eh e schließung einen unvergesslichen Rahmen zu geben.
    Eigentlich hatte Laura ihren Schock über die Hochzeitspl ä ne von Janine ja damals schon überwunden, als ihre Freundin sie gebeten hatte, Trauzeugin zu werden. Janine und Lorenzo waren seit über einem Jahr ein Paar. Aus dem ursprünglichen Urlaub s flirt war eine herzzerreißende Liebesg e schichte geworden, die nun ihren vorläufigen Höhepunkt fand. Lorenzo war seiner Janine nachgereist, hatte ihretwegen sogar Deutsch gelernt und sich e i nen Job in ihrer Stadt gesucht.
    Zugegeben, die beiden passten hervorragend zusammen. Janines Zukünftiger war ein sympathischer und gebildeter Mann mit guten Manieren. Aber mussten die beiden deswegen heiraten? Ohne Trauschein zusammenzuleben , war doch viel unkomplizie r ter und k ostensparender, wenn die Beziehung eines Tages in die Brüche ging.
    Aber so pessimistisch dachte ja niemand. Uns passiert das nicht, wir bleiben ewig zusammen, denn wir sind wie füreinander geschaffen , hörte Laura noch Janines Stimme, wenn sie an ihr letztes gemeinsames Kaffeetrinken zurückdachte.
    Am Schlimmsten waren diejenigen unter ihren Freundinnen, die ziemlich bald nach ihrer Heirat Mutter wurden. Ab diesem Zeitpunkt spr a chen sie über nichts anderes mehr als die ersten Zähnchen und das erste Glas Brei nach der Muttermilch oder die Qualen des ersten Schnupfens. Wofür hatten s ie eigentlich Abitur gemacht und einen Beruf erlernt? Schrumpfte das Mummy-Brain bei der Geburt des Kindes, damit diese nicht auf dumme Geda n ken kam, sondern sich völlig auf den Sprössling konzentrierte?
    Das war jedenfalls nicht Lauras Welt. Falls überhaupt ein Kind – was sie sich bisher nicht vorstellen konnte – dann würde sie dieses frühestens mit Mitte dreißig bekommen. Vorher hieß ihre
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