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Engel im Schacht

Engel im Schacht

Titel: Engel im Schacht
Autoren: Sara Paretsky
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Woche lang in den Schächten zu überleben - bringst du in einem erstklassigen Wohnheim unter, wo sie ihre Kinder bei sich hat und ihr geholfen werden kann. Zum Ausgleich dafür kannst du deinen Job behalten.«
    »Wie kannst du es wagen?« Er zitterte vor Wut. »Wie kannst du es wagen, dich zwischen mich und meine Kinder zu stellen. Ich lasse dich verhaften, wenn du ihnen noch einmal zu nahe kommst. Und jetzt verschwinde aus meinem Haus!«
    Ich lehnte mich in meinem Sessel zurück und wartete darauf, daß er aufhörte zu schreien. Als er nach über zwanzig Minuten fertig war, klangen mir die Ohren. »Du verstehst mich nicht richtig, Fabian. Meine guten Absichten in bezug auf deine Kinder sind das einzige, was zwischen dir und einem höchst unangenehmen Treffen mit der Anwaltskammer steht. Den Leiter der juristischen Fakultät möchte ich lieber gar nicht erwähnen.«
    Als er wieder mit seiner Litanei anfing, erklärte ich ihm alles noch einmal: Daß ich Kassettenmaterial besaß, das seine Zusammenarbeit mit Alec Gantner belegte und nicht nur sein Wissen um die Geldwäsche, sondern auch um die gegen mich gerichteten Mordpläne bewies. Natürlich entsprach das nicht ganz der Wahrheit - auf der Kassette war nichts von seiner Mitwisserschaft erwähnt -, aber wie ich Fabian schon früher einmal erläutert hatte: In der South Side galt nun mal nicht der Knigge. Ich wäre durchaus bereit, dieses Kassettenmaterial zu veröffentlichen, warnte ich Fabian, um seine Verwicklung in die Gant-Ag-Affäre - die Verletzung des Handelsembargos gegen den Irak - publik zu machen. Wenn er sich weiterhin stur stelle, fügte ich hinzu, würde ich Emily in einem Prozeß gegen ihn unterstützen. »Vielleicht behalten sie dich ja weiter an der Uni, aber jedenfalls würde es ein interessantes Jahr für dich. Ich habe unsere kleine Vereinbarung schriftlich fixiert. Ehrlich gesagt, war das nicht ich, sondern Manfred Yeo - ich habe mich nicht genug mit Verträgen beschäftigt, um so etwas wirklich hieb- und stichfest formulieren zu können.«
    »Du bist zu Manfred gegangen?« Fabian war entsetzt.
    Ich nickte mit einem engelsgleichen Lächeln und hielt ihm eine Kopie des zehnseitigen Dokuments hin, das unser alter Professor für mich entworfen hatte. Ich war am Dienstag zu ihm gegangen, nachdem ich Arcadia House verlassen hatte. Mir erschien es nur passend, daß er dazu beitrug, die Geschichte zu einem Ende zu bringen, weil ja alles während der Abschiedsp arty für ihn begonnen hatte.
    Manfred war bekümmert, aber nicht schockiert gewesen über meine Schilderungen. Natürlich hatte er die Gantner-Story in der Presse verfolgt, aber darin war nie die Rede von Fabian gewesen. Manfred pflichtete mir bei, daß es das beste war für Emily, wenn man sie nicht durch ein anstrengendes Gerichtsverfahren gegen ihren Vater hetzte, und versprach, ein entsprechendes Vertragswerk für mich auszuarbeiten. »Fabian war einer meiner brillantesten Studenten«, erzählte er mir am Ende unseres Gesprächs. »Ich habe seine Berufung an die Uni unterstützt, aber ein Vorfall ganz zu Beginn seiner Professur hat mir sehr zu denken gegeben. Er hat sich an einem Fall versucht - an einem Riesenverfahren gegen Trusts -, und die Anwaltskosten haben sich auf zwanzig Millionen Dollar belaufen. Der Fall wurde im Harvard Law School Journal besprochen. Eine Jury angesehener Anwälte sollte die Durchführung des Verfahrens beurteilen. Sie waren nicht der Meinung, daß er gegen das Standesrecht verstoßen habe, meinten aber, schlampige Arbeit habe letztendlich zu den horrenden Gebühren geführt. Damals wurde das als typisches Beispiel dafür betrachtet, wie weit sich die Anwälte mit akademischen Ambitionen von der Realität der Gerichte entfernt haben. Als der Artikel erschienen ist, hat Fabian sich völlig zurückgezogen. Eines Tages habe ich ihn zusammengekauert auf dem Boden der Herrentoilette gefunden. Ich habe ihm wieder auf die Beine geholfen und ihm erklärt, daß er sich unbedingt in psychiatrische Behandlung begeben müsse. Obwohl ihn das verletzt hat, schien ihn diese Bemerkung auch wieder ins Leben zurückzukatapultieren. Doch seit damals mache ich mir Gedanken darüber, ob ein so instabiler Mensch tatsächlich zuverlässig sein kann.«
    Natürlich hatte Manfred diese Episode niemandem erzählt. Doch Fabian dachte mit ziemlicher Sicherheit daran, als ich ihm erklärte, ich sei bei unserem alten Professor gewesen - es war der Gedanke daran, daß Manfred in seine
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