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Engel im Schacht

Engel im Schacht

Titel: Engel im Schacht
Autoren: Sara Paretsky
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darum kümmere ich mich. Glaub mir.« »Aber wo soll ich hin?« jammerte sie.
    »Wir überlegen uns gemeinsam was«, antwortete Eva. »Du mußt nicht von hier weggehen, bevor wir ein gutes Zuhause für dich gefunden haben.«
    Eva gab mir ein Zeichen, daß ich gehen solle, und bat mich, in Marilyns Büro auf sie zu warten. Als ich mich erhob, fiel mir etwas ein.
    »Schreibst du eigentlich immer noch, Emily?«
    Sie hielt den Kopf gesenkt, schüttelte ihn aber sehr heftig.
    »Ich glaube, du solltest wieder damit anfangen. Führ ein Tagebuch. Schreib Gedichte. Deine Gedichte sagen dir, was du machen sollst.«
    Sie hob den Blick mit einem so aufmerksamen Gesichtsausdruck, wie ich ihn noch nie an ihr gesehen hatte. Das war das Gesicht der jungen Frau, die »Eine Maus zwischen zwei Katzen« geschrieben hatte. Ich ertappte mich dabei, wie ich auf dem Weg zu Marilyns Büro lächelte.

Mal du Pere
    Eva gesellte sich ungefähr zehn Minuten später in Marilyns Büro zu uns. »Wir wissen wirklich nicht, was wir mit Emily machen sollen. Sie darf auf keinen Fall zu ihrem Vater zurück. Und von Rechts wegen müßte ihm das Sorgerecht für die Kinder überhaupt entzogen werden. Aber wenn wir offiziell Beschwerde einreichen, beschwören wir nur eine Menge neuer Probleme herauf. Wenn die Behörden uns glauben, kommen die Kinder in Pflegeheime, jedes wahrscheinlich in ein anderes. Und wenn sie uns nicht glauben, müssen wir uns auf langwierige Beweisverfahren gefaßt machen. Aber beide Wege führen, wenn man bedenkt, welch einen guten Ruf Fabian allgemein genießt, doch nur dazu, daß die Kinder wieder zu ihm müssen.« »Es gibt noch eine Großmutter«, sagte ich. »Könnten sie zu ihr? Oder haben die Kinder noch andere Verwandte?«
    Marilyn schüttelte den Kopf. »Jedenfalls keine, die Emily gut kennt. Deirdre hatte eine zehn Jahre ältere Schwester, die in der Nähe von Los Angeles lebt, doch sie und Deirdre hatten schon seit Jahren keinen Kontakt mehr. Fabian hat eine Schwester in Baltimore, aber in seiner Familie trau' ich niemandem.«
    Ich pfiff leise vor mich hin. »Angenommen, ich kann Fabian dazu bringen, die Kinder wegzugeben - wäre es besser oder schlechter für Emily, wenn sie mit ihren Brüdern zusammenbleibt? Sie hat so lange auf sie aufgepaßt... meinst du, es würde ihr guttun, wenn sie sich eine Weile nicht um sie kümmern müßte?«
    Marilyn und ich sahen Eva an, die eine Weile überlegte, bevor sie uns eine Antwort gab. »Die drei hängen zusammen wie die Kletten. Wenn wir einen richtigen Platz für sie finden könnten, bei Pflegeeltern, die sie zusammen großziehen, würde ich sagen, lassen wir sie zusammen. Fabian sollte sich nicht weiter um die beiden Jungen kümmern dürfen, obwohl die Gefahr, daß er auch sie vergewaltigt, relativ gering ist. Ihn allerdings dazu zu bringen, daß er sie ziehen läßt, wird mit Sicherheit schwierig; der Typ muß jemanden bevormunden können.« »Ich kümmere mich schon um Fabian, wenn ihr inzwischen überlegt, wo man die Kinder unterbringen könnte.« Ich machte Anstalten zu gehen.
    »Was willst du machen?« fragte Marilyn. »Du kannst ihm doch nicht die Pistole auf die Brust setzen.«
    »Jetzt hörst du dich fast an wie Lotty«, antwortete ich. »Stell keine Fragen. Es ist besser für dich, wenn du nicht weißt, wie ich es mache.«
    Mary Louise Neely stieg gerade aus ihrem Wagen, als ich die Stufen vor dem Haus hinunterging. »Ihrem Gesicht nach zu urteilen, geht's Emily gut«, begrüßte sie mich. »Sie wird's schaffen.« Als ich selbst in meinen Wagen stieg, merkte ich, daß ich immer noch leise vor mich hin pfiff - »Se vuol ballare« aus Figaros Hochzeit. Als ich mich am Samstag mit Fabian unterhielt, fand ich das Gespräch eher ermüdend als schwierig. Seine Reaktionen reichten von Wut über Leugnen, daß in seinem Verhältnis zu Emily jemals etwas schiefgegangen war, bis zu seiner Behauptung, seine Tochter sei ein sehr, sehr krankes Mädchen, das dringend Hilfe benötige. »Da haben wir doch einen gemeinsamen Nenner gefunden«, sagte ich. »Wir wollen ihr helfen. Mein Angebot sieht folgendermaßen aus: Wir bringen Emily, Joshua und Nathan zusammen bei Pflegeeltern unter. Du finanzierst die tägliche Betreuung deiner Söhne, meinetwegen einen Kindergarten, wo sie sich mit anderen Kindern treffen und mit ihnen spielen können. Du zahlst die Schulgebühren und die Kosten der Psychotherapie für Emily. Und Tamar Hawkings - das ist die Frau, die Emily dabei geholfen hat, eine
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