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Zukunftsmenue

Zukunftsmenue

Titel: Zukunftsmenue
Autoren: Sarah Wiener
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Vorweg – ein Gruss aus der Küche
    Bild 69

    Mein Lieblingsplatz in unserer Wohnung in Hamburg ist natürlich die Küche, wie könnte es anders sein. Und das nicht nur, weil ich leidenschaftlich gern koche. Die Küche ist ein Ort, an dem es nach Kuchen und Äpfeln duftet, nach Safran und geröstetem Sesam, an dem ich neugierig Rezepte erfinde und Kochutensilien ausprobiere. Unsere Küche ist auch der Ort, an dem wir gern mit Freunden sitzen. An einem langen Tisch, an dem wir debattieren und ratschen, trinken und lachen – manchmal nächtelang. Gleich neben der Tür steht eine gemütliche Bank, auf der ich nun nach einer Kürbis-Ingwer-Suppe und Milchrahmstrudel die Füße hochgelegt habe und dieses Vorwort schreibe. Dort, wo ich sonst auch lese – Bücher, Berichte und Zeitschriften aller Art.
    Ich lese,
    … dass wir jedes Jahr deutschlandweit so viel Brot wegschmeißen,
dass das Land Niedersachsen bequem ein Jahr davon leben könnte.
… dass die Ursachen für die zunehmende Fettleibigkeit bei Menschen noch nicht hinreichend geklärt sind.
Bewegungsmangel und eine zu hohe Kalorienzufuhr sind es aber nicht allein.
… dass es wohl unter anderem der Industriezucker ist, der uns krank und dick macht.
… von Weichmachern in Plastikverpackungen, die Atembeschwerden,
Impotenz und Unfruchtbarkeit verursachen sollen.
… über Hybridgeflügel, das sich nicht mehr selbst fortpflanzen kann.
… dass unseren Nutztieren weitaus mehr Antibiotika verabreicht werden,
als alle Menschen zusammen verbrauchen.
    Bild 41
    Beim Salatpflanzen: Den Salat, den ich esse und den Gästen in meinen Restaurants serviere, kenne ich sozusagen von klein auf.
    Ich sitze da und frage mich: Warum essen wir lauter Dinge, von denen wir nicht wissen, was drin ist? Warum essen wir plastikverpackte Fertigprodukte, die uns und die Natur krank machen? Warum essen wir Fleisch von Tieren, die ein Leben lang Stress hatten, weil sie nicht artgerecht gehalten wurden? Wer will, dass die durch Massentierhaltung auftretenden Krankheiten mit einer verantwortungslos hohen Gabe von Antibiotika behandelt werden?

    Es gibt wohl niemand, der sich bewusst für krank machendes und ethisch verantwortungsloses Essen entscheidet. Liegt unser gedankenloses Verhalten daran, dass wir noch immer zu wenig über die Herkunft von Lebensmitteln wissen? Zu wenig darüber wissen, wie unsere Ernährungsweise mit den natürlichen Ressourcen und unserer Gesundheit zusammenhängt? Hat uns die Nahrungsmittelindustrie mit ihrer die heile Welt versprechenden Werbung den gesunden Menschenverstand vernebelt? Und ist uns darüber das Gespür abhanden gekommen für das, was uns und unserem Körper gut tut?

    Für mich beginnt der Genuss eines Essens nicht beim Einkauf im Supermarkt, sondern beim Ursprung der Nahrungsmittel. Ich möchte gern wissen, was ich esse. Mir ist es nicht egal, ob das Fleisch, das ich kaufe, von einem Tier stammt, das unter artgerechten Bedingungen groß geworden ist, oder ob es in einem lichtlosen Stall auf ein paar Quadratzentimetern dahinvegetiert hat. Ich will wissen, warum im Supermarkt nur noch Apfelsorten wie Jonagold und Gala angeboten werden, obwohl ich Renetteäpfel lieber mag. Ich frage mich, wo die Tonnen an Giften landen, die wir sorglos auf unseren gesunden Äckern und Böden versprühen und die wir Pflanzenschutzmittel nennen. Ich möchte wissen, warum Nahrungsmittel für Kinder zu süß, zu bunt, zu fett sind. Und vor allen Dingen frage ich mich, warum es so viele stark verarbeitete Lebensmittel gibt.

    Stark verarbeitete Lebensmittel werden aus billigen, ewig gleichen chemischen Bausteinen zusammengesetzt, gefärbt, aromatisiert, gesalzen, gezuckert, gepresst oder aufgebläht, konserviert und dann in Plastik abgepackt. Ist es wirklich ein sinnliches Vergnügen, solche Packungen aufzureißen und in die Mikrowelle oder den Ofen zu stecken? Schmeckt Fastfood auch kalt oder wenn ich es langsam esse? Ist diese Art von Essen wirklich ein Genuss? Fühle ich mich danach besser? Gesättigt? Gestärkt? Verkörpert unsere Lebensmittel- und Agrarindustrie wirklich einen Fortschritt oder nicht eher ein Fortschreiten, im Sinne von Wegschreiten?

    Wir sind hier, in der sogenannten Ersten Welt, eingehüllt in einen Nebel aus Reklameversprechen und Überfluss. Wir können nicht mehr erkennen, was wann warum auf unserem Tisch landet. Wir haben unsere Neugier, unser Interesse verloren und greifen ohne nachzudenken einfach zu dem, was man uns vorsetzt. Doch
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