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Engel auf Abwegen

Engel auf Abwegen

Titel: Engel auf Abwegen
Autoren: Lee Linda Francis
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feierlich. Bevor wir unsere Spaten in die Erde gruben, wurde Musik gespielt und Reden gehalten. Alle klatschten höflich Beifall.
    Als die Reden beendet und die Baustelle eingeweiht war, löste sich die Menge auf. Während ich zu Howard und Nikki hinüberging, die auf mich warteten, erblickte ich ihn.
    Er stand lässig an diese Todesfalle von Auto gelehnt, hatte die Beine übereinandergeschlagen und die Arme vor seiner Brust verschränkt. Eine Sonnenbrille bedeckte seine Augen. Er sah genauso gefährlich aus, wie ich ihn in Erinnerung hatte.
    Als ich näher kam, nahm er die Sonnenbrille ab und hakte sie über den Kragen seines schwarzen T-Shirts. »Frede.«
    Ich würde gerne sagen, dass ich nichts spürte, nichts, absolut null. Sicherlich, ich wollte ihm erklären, warum ich
mich ihm gegenüber so schlecht benommen hatte, aber das bedeutete nicht, dass ich diese überwältigenden Gefühle wollte, die er mich auf seine unheimliche Art und Weise, nun … spüren ließ. Aber das war Sawyer Jackson. Er war alles, was ich eigentlich nicht wollen sollte, aber überraschenderweise dennoch tat.
    Beim Anblick des großen, dunklen Marlboro-Mannes spürte ich das wohlbekannte, völlig unangemessene Kribbeln in mir aufsteigen, und es wäre très einfach gewesen, das kurze Stück über das unebene Baugelände zu rennen und mich in seine Arme zu werfen. Aber wir reden hier von mir.
    »Wie geht es dir?«, fragte er.
    »So gut wie nie zuvor, denn deine Demonstranten sind mit dem neuen Projekt einverstanden.«
    Er lehnte immer noch am Auto und schien über meine Antwort nachzudenken. »Du hast also von den Demonstrationen gehört?«
    »Ja, von Nikki.«
    Ein Lächeln erschien auf seinem Gesicht. »Golfplätze, Villen und Luxusautos hätten die Gegend ruiniert.« Dann war sein Lächeln verschwunden. »Ich habe erfahren, was passiert ist … mit deinem Geld und dem Haus und allem anderen. Von Nikki.«
    »Diese Nikki, sie redet immer so viel.« Zumindest brauchte ich ihm jetzt keine Erklärung mehr zu geben. »Aber« – ich räusperte mich – »das ist keine Entschuldigung für mein unhöfliches Benehmen.«
    Das Grinsen war wieder da. »Jetzt sind wir also wieder förmlich.«
    Ich erinnerte mich an Nikkis Dinnerparty, als er das zum ersten Mal gesagt hatte. »Das waren wir doch immer.«
    Daraufhin mussten wir beide lachen.

    Nikki kam herübergeeilt. »Sawyer, macht es dir was aus, Frede nach Hause zu bringen?«
    »Nikki!«
    Ihre Wangen waren puterrot und ihre Augen vor Aufregung groß. »Es tut mir so leid …«
    Der Ordnung halber muss ich sagen, dass sie nicht so aussah, als täte es ihr leid.
    »… aber mir ist soeben eingefallen, dass Howard und ich nach … San Antonio fahren müssen.«
    »Ihr könnt mich zuerst absetzen.«
    »Ja, aber wir müssen jetzt fahren und können nicht noch mal anhalten. Tut mir leid!« Sie eilte davon.
    Da es mir auch nicht gelang, einen der Bauarbeiter zu überreden, mich nach Hause zu bringen, saß ich hier fest. Alle anderen waren schon weg.
    »Ein wenig zu offensichtlich, oder nicht?«, sagte ich.
    Sawyer hob seine Hand wie ein Pfadfinder, der er nie gewesen war. »Damit habe ich nichts zu tun.«
    »Und ob.« Aber wenigstens saß ich jetzt im Auto. Ohne ein Wort fegten wir durch die Straßen, und ich gebe es zu, als wir bei mir ankamen, bat ich ihn hereinzukommen. Nicht, dass ich zugelassen hätte, dass irgendetwas passierte.
    »Möchtest du einen Tee?«, fragte ich.
    Er blickte sich um. »Wo ist Nina?«
    Ich erzählte ihm von Ninas Abstecher in die Fernsehwelt und von ihrer Suche nach Don Juan de Tango. Er folgte mir in die Küche, und wenn er geglaubt hatte, dass das ein wenig seltsam war, ließ er es sich nicht anmerken. Ich war ziemlich stolz auf mich, als ich den Wasserkessel aufsetzte, während er mir von seinen Reisen erzählte und den Museen und wie er sich in der Kunst verloren hatte.

    Ich hätte ihm etwas darüber erzählen können, wie man sich in etwas verlieren konnte, um zu vergessen, aber ich tat es nicht. Nicht, weil alte Gewohnheiten nur schwer auszurotten sind, sondern weil ich mir nicht vertraute. Wenn es um Sawyer und moi ging, schien ich nie das zu tun, was meinem Verstand zufolge richtig war.
    Nachdem ich das Wasser aufgegossen hatte, ließ ich den Tee ziehen und fügte Zucker hinzu. Als ich mich umdrehte, hatte er einen rätselhaften Ausdruck auf dem Gesicht.
    »Ich wollte, du hättest mir gesagt, was geschehen ist«, sagte er.
    Einfach so, ziemlich theatralisch und Cary
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