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Auf fremdem Land - Roman

Auf fremdem Land - Roman

Titel: Auf fremdem Land - Roman
Autoren: Luchterhand
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Am Anfang waren die Felder. In jenen Tagen lebte Otniel Asis in Ma’aleh Chermesch, hielt sich zu seinem Vergnügen eine Ziege und baute Rucola und Cherrytomaten im Garten seines Hauses an. Die Ziege war für die Kinder bestimmt, der Rucola und die Cherrytomaten für den Salat seiner Frau Rachel. Und Otniel sah, dass es gut war. Er verabscheute seine Arbeit als Buchhalter und suchte sich ein kleines Stück Land auf dem Gelände der Siedlung, um dort seinen Anpflanzungen nachzugehen. Das Feld jedoch grenzte an Weingärten, aus deren Trauben der Winzer nicht nur Wein für seine Boutique erzeugte und das Restaurant Goldapfel in Tel Aviv und andere Edelrestaurants belieferte, angeblich exportierte er auch ins Dordognetal und sogar bis nach Paris. Der Winzer machte ein scheeles Gesicht und behauptete, er habe vom Gemeinderat die Zusage erhalten, zusätzliche Weinstöcke auf der Feldparzelle, die Otniel gefunden hatte, zu pflanzen, denn die Erde dort, zusammen mit dem kalten Winter und den milden Sommernächten ein einzigartiges terroir, verleihe den Reben eine außergewöhnliche Qualität und dem Wein Körper und ein nussiges Aroma.
    Otniel wich dem Winzer und begab sich auf Streifzüge in der Umgebung, denn er hegte eine innige Liebe zu dem Land, er liebte es, der Einsamkeit zu frönen, er liebte es, zu beten und zu wandern. Da er seine Arbeit aufgegeben hatte, ließ er sich den Bart und das Haar wachsen und trug nur noch blaue Landarbeiterkleidung. Er wanderte durch Wadis und Schluchten, auf benachbarte Hügelkuppen und gelangte auf einer der Anhöhen irgendwann zu einem großzügigen, ebenen Areal, das weder allzu felsig noch mit den Olivenbäumen des Nachbardorfes Charmisch besetzt war, und da sagte er sich: Hier will ich meine Felder anlegen.
    Er führte Versuche durch: Gurken und Tomaten, Petersilie und Koriander, Zucchini und Auberginen, Radieschen und sogar grünen Salat. Doch die Pflanzen ließen die Köpfe hängen in der Sonne des Sommers, erstarrten gefroren in der Kälte des Winters oder fielen Mäusen und Eidechsen zum Opfer, bis sich Otniel auf Spargel im Freiland und Pilze im Gewächshaus verlegte und, natürlich, auch den Rucola und die Cherrytomaten anbaute, die seine Frau Rachel und Gittit und Debora, seine Töchter, wie Knabberzeug verzehrten.
    Er ersuchte den Gemeinderat um die Erlaubnis, an diesem Ort landwirtschaftlichen Anbau zu betreiben und einen Container – Büro und Lager – aufzustellen. Und da die Militärverwaltung eine Genehmigung auf politischer Ebene verlangte, ausgenommen es handele sich um einen mandatarischen Plan, sprach Otniel Asis: »Mandatarisch, aber sicher, was immer ihr sagt, Juden.« Und erhielt die Genehmigungen ohne das Wissen der politischen Ebene.
    Er übersiedelte die Ziege, nahm eine kleine Anleihe auf, um fünf weitere zu erstehen, und begann, ihre gute Milch zu melken und sie in kleinen Krügen nach Hause zu tragen, führte mit Rachels Hilfe allerlei Versuche durch, von Buttermilch bis Käselaibchen. Es blähten sich Otniels Nüstern, und er sagte sich: Eines Tages werde ich hier eine kleine, fortschrittliche Molkerei errichten, und ich werde hier auch Weinstöcke pflanzen und eine bessere Winzerei auf die Beine stellen als mein ehemaliger Nachbar, auf dass er sehe, was das ist, er und seine Dordogne!
    Die Siedlungssektion der zionistischen Organisation bewilligte einen Generator mit 20 Kilowatt, und danach bat Otniel, eine Hütte für einen Wächter aufstellen zu dürfen, da die Ismaeliten aus dem Dorf Charmisch die Früchte seines Feldes stahlen. Einige Male hielt Otniel mit seiner Pistole, Typ Desert Eagle VII , selbst Wache, doch die meiste Zeit stand die Hütte verwaist, da die Ernte nur das eine Mal gestohlen wurde, woraufhin er mit einigen Siedlergefährten in das Dorf hineingefahren war, ein bisschen randaliert und in die Luft geschossen und jeden gewarnt hatte, der es noch einmal wagen würde.
    Einer dieser Siedler war Uzi Schimoni, ein massiger Jude mit großem Bart, ein getreulich Erez-Israel verbundener Mann, der viele Jahre zuvor mit Otniel in einer Jerusalemer Jeschiva für junge Männer neben dem Rabbinatszentrum studiert hatte, bevor Otniel von der üblichen Bahn abwich und zum Militär ging, zu einer Kommandoeinheit der kämpfenden Truppe. Schimoni redete auf Otniel ein, schlug ihm vor, eine Ansiedlung an dem Ort zu errichten. Dagegen verwahrte sich Otniel, da ihm nur erlaubt worden war, landwirtschaftlichen Anbau zu betreiben und eine Wächterhütte
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