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Ender 4: Enders Kinder

Ender 4: Enders Kinder

Titel: Ender 4: Enders Kinder
Autoren: Orson Scott Card
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einzigartiges Individuum in einer Welt von Menschen zu sein, die doch alle gleich sind – wir sind tatsächlich einzigartig unter all den Pflanzen und Tieren, die im Gegensatz zu uns ihren Platz kennen und sich, wenn sie überhaupt an Gott denken, nicht einbilden, daß er von ihrer Art sei oder sie selbst seine Erben. Wie gefährlich sind wir, genau wie jene Königreiche des Randes, wie anfällig dafür, im Bemühen, uns endlich selbst zum Mittelpunkt zu machen, in jedes uneroberte Königreich hineinzuplatzen!
    Was Kenzaburo Oe für die japanische Literatur erstrebt, erstrebe ich auch für die amerikanische Literatur, für die mormonische Literatur, für die Science-Fiction, für die menschliche Literatur. Aber das geschieht nicht immer auf dem offensichtlichsten Wege. Wenn Shusaku Endo die Frage nach dem Sinn des Lebens im Angesicht des Todes untersucht, versammelt er eine Reihe von Charakteren im zeitgenössischen Japan, aber die Unterströmungen von Magie, Wissenschaft und Religion sind nie weit vom Zentrum seiner Geschichte entfernt; und obgleich ich für mich nicht Endos Meisterschaft im Erzählen von Geschichten in Anspruch nehme, habe ich mich in diesem Roman nicht mit denselben Themen beschäftigt und dabei dieselben Werkzeuge benutzt? Scheitert Enders Kinder einzig und allein wegen seiner in fernster Zukunft angesiedelten Handlung als junbungaku ? Ist mein Roman Lost Boys das einzige meiner Werke, das Anspruch auf Ernsthaftigkeit erheben kann, und das auch nur in dem Maße, wie es eine genaue Schilderung des Lebens in Greensboro, North Carolina, im Jahre 1983 ist?
    Wage ich die Worte eines Nobelpreisträgers näher auszuführen, indem ich behaupte, daß man ›ein Modell der Gegenwart, das Vergangenheit und Zukunft einschließt‹, genausogut in der Verkleidung eines Romans erschaffen kann, der sorgfältig und gewissenhaft die Gesellschaft einer anderen Zeit und eines anderen Ortes entwirft, damit durch den Kontrast unsere heutige Zeit um so deutlicher hervortritt? Oder muß ich ein Anti- junbungaku verkünden und eine Aussage angreifen, mit der ich übereinstimme, und so tun, als wiche ich von einem Ziel ab, das ich ebenfalls verfolge? Ist Oes Vision einer bedeutsamen Literatur unvollständig? Oder bin ich nur ein Teilnehmer an Randliteraturen, der sich nach dem Mittelpunkt sehnt, aber dazu verdammt ist, niemals an jenem friedlichen, alles in sich einschließenden Ort anzukommen?
    Vielleicht ist das der Grund dafür, warum in all meinen Büchern der Fremde und der Andere eine so wichtige Rolle spielen (wenn auch nie der anfänglichen Planung nach), genau wie meine Geschichten auch die Bedeutung des Zugehörigen und des Vertrauten betonen; aber ist das nicht, auf seine eigene Art und Weise, ein Modell unserer heutigen Zeit, das Vergangenheit und Zukunft einschließt; bin ich nicht, mit meinen eigenen inneren Widersprüchen zwischen Innen und Außen, Zugehörigem und Fremdem, ein Modell der Menschen, die in dieser Zeit leben? Gibt es nur einen Hintergrund, vor dem ein Autor wahre Geschichten erzählen kann?
    Wenn ich Shusaku Endos Deep River lese, bin ich ein Fremder in seiner Welt. Dinge, die bei japanischen Lesern automatisch mitschwingen, so daß sie nicken und sagen: ›Ja, genauso war es, genauso ist es für uns‹ sind für mich fremdartig, und ich sage: ›So haben sie es erlebt? So empfinden sie es?‹ Ziehe ich nicht genauso viel Nutzen aus der Lektüre eines Romans, der die Gegenwart eines anderen darstellt? Lerne ich nicht genauso viel von Austen wie von Tyler? Von Endo wie von Russo? Ist die Welt des Fremden und des Anderen nicht ebenso wichtig für mich, um zu einem Verständnis dessen zu gelangen, was es heißt, ein Mensch zu sein, wie die Welt, in der ich tatsächlich lebe? Ist es mir dann nicht möglich, ein fiktives Zukunftsmilieu zu entwerfen, das genausoviel Kraft hat, zeitgenössische Leser anzusprechen, wie die Milieus jener Schriftsteller, deren ›Gegenwart‹ einer anderen Ära oder einem anderen Land angehört?
    Vielleicht sind alle Milieus gleichermaßen das Produkt der Phantasie, ob wir nun darin leben oder sie erfinden. Vielleicht birgt Deep River für einen anderen Japaner beinahe ebensoviel Fremdheit wie für mich, weil Endo selbst zwangsläufig anders ist als alle anderen Japaner. Vielleicht wird jeder Schriftsteller, der sorgfältig eine fiktionale Welt erschafft, zwangsläufig einen Spiegel seiner eigenen Zeit und dennoch zugleich auch eine Welt erschaffen, die niemand außer
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