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Ender 4: Enders Kinder

Ender 4: Enders Kinder

Titel: Ender 4: Enders Kinder
Autoren: Orson Scott Card
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andere Frage. Einen Krieg zu verhindern, der so viele Menschenleben forderte und so viele Schrecken verursachte, nicht zuletzt den Abwurf von Brandbomben auf japanische Städte und am Ende den ersten und bisher einzigen Einsatz von Nuklearwaffen in der Geschichte, wäre unbestreitbar gut gewesen; aber man darf nicht vergessen, daß gerade die Niederlage in diesem Krieg es war, die zur amerikanischen Besetzung Japans und der zwangsweisen Einführung demokratischer Ideen und Verfahrensregeln führte, was zu einem Aufblühen der japanischen Kultur und der japanischen Wirtschaft führte, das unter der Regierung der militärischen Elite vielleicht niemals möglich gewesen wäre. Zum Glück haben wir nicht die Macht, die Geschichte noch einmal ablaufen zu lassen, denn dann wären wir gezwungen zu wählen: Schlachtet man das Pferd, um den Kleister zu kriegen?)
    Auf jeden Fall wußte ich nun, daß jemand – zuerst dachte ich, es werde Ender sein – von Welt zu Welt würde reisen müssen, um die eigentliche Quelle der Macht des Sternenwege-Kongresses zu finden. Wessen Bewußtsein mußte man verändern, um die Kultur des Sternenwege-Kongresses so zu transformieren, daß er die Lusitania-Flotte zurückrief? Da diese ganze Frage für mich mit dem Nachdenken über die Geschichte Japans begonnen hatte, beschloß ich, daß eine japanische Kultur der fernen Zukunft irgendeine Rolle in der Geschichte spielen müsse. Deswegen kommen Peter und Wang-mu zum Planeten Götterwind.
    Aber noch ein anderer Gedankenpfad führte mich nach Japan. Zufällig besuchte ich liebe Freunde in Utah, Van und Elizabeth Gessel, kurz nachdem Van, der Professor für japanische Sprache an der Brigham Young-Universität ist, sich eine CD mit dem Titel Music of Hikari Oe gekauft hatte. Van spielte die CD – packende, kunstvolle, assoziationsträchtige Musik der westlichen, ›mathematischen‹ Tradition –, während er mir zugleich etwas über den Komponisten erzählte. Hikari Oe, so erzählte er mir, habe einen Hirnschaden, sei geistig zurückgeblieben; aber wenn es um Musik gehe, sei er hochbegabt. Sein Vater, Kenzaburo Oe, habe kürzlich den Nobelpreis für Literatur erhalten; und obwohl Kenzaburo Oe viele Dinge geschrieben habe, seien die eindringlichsten seiner Werke, und fast mit Sicherheit jene, für die man ihm den Preis zuerkannt habe, diejenigen, die sich mit seinem Verhältnis zu seinem behinderten Kind beschäftigten – sowohl mit dem Leid, ein solches Kind zu haben, wie auch mit der alles verwandelnden Freude, das wahre Wesen dieses Kindes zu erkennen, während man zugleich das wahre Wesen jenes Elternteils entdeckt, das bei ihm bleibt und es liebt.
    Sofort spürte ich eine tiefe Verwandtschaft mit Kenzaburo Oe, nicht, weil mein Schreiben in irgendeiner Weise dem seinen ähnelt, sondern weil auch ich ein hirngeschädigtes Kind habe und beim Umgang mit der Tatsache, daß es nun Teil meines Leben ist, meinen eigenen Weg eingeschlagen habe. Wie Kenzaburo Oe konnte ich mein behindertes Kind nicht aus meinen Werken heraushalten; es taucht wieder und wieder darin auf. Trotzdem veranlaßte mich gerade dieses Verwandtschaftsgefühl dazu, Oes Schriften zu meiden, denn ich fürchtete, daß er entweder Vorstellungen über solche Kinder haben würde, mit denen ich nicht übereinstimmen konnte, und ich dann verletzt oder wütend wäre; oder aber daß seine Ideen so wahrhaftig und machtvoll sein würden, daß ich zum Verstummen gezwungen wäre, da ich ihnen nichts mehr hinzuzufügen hätte. (Das ist keine müßige Furcht.
    Ich hatte mit meinem Verleger einen Vertrag über ein Buch mit dem Titel Genesis abgeschlossen, als ich Michael Bishops Roman Ancient of Days las. Obschon die Plots sich nicht im entferntesten ähnelten, außer daß sie von primitiven Urmenschen handelten, die bis in die Gegenwart überlebt hatten, waren Bishops Ideen so machtvoll und seine Schreibweise so wahrhaftig, daß ich diesen Vertrag rückgängig machen mußte; das Buch ließ sich zu diesem Zeitpunkt einfach nicht schreiben, und vielleicht wird es sich in dieser Form auch niemals schreiben lassen.)
    Dann, nachdem ich die ersten drei Kapitel des vorliegenden Bandes geschrieben hatte, stand ich an der Kasse des News and Novels-Buchladens in Greensboro, North Carolina, als ich auf einem Point-of-purchase-Display ein einsames Exemplar eines schmalen Bändchens mit dem Titel Japan, the Ambiguous, and Myself sah. Der Autor: Kenzaburo Oe. Ich hatte nicht nach ihm gesucht, aber er hatte
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