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Emma im Glück

Emma im Glück

Titel: Emma im Glück
Autoren: Maja von Vogel
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»Warum antwortest du nicht? Ich hab schon drei Mal gerufen … Oh!« Sie blieb überrascht stehen, als sie die Primeln sah. »Du hast Blumen auf Pauls Grab gepflanzt? Wie schön!«
    Mona ist ein Jahr älter als ich. Ihre Mutter Gesa ist die beste Freundin meiner Mutter. Die beiden wohnen seit einem Dreivierteljahr bei uns. Genauer gesagt, seit Papa ausgezogen ist. Mona und ich teilen uns den Dachboden. Erst konnte ich sie nicht leiden, aber inzwischen ist sie so was wie meine Freundin geworden. Manchmal nervt sie allerdings immer noch – zum Beispiel, wenn sie mal wieder stundenlang Flöte übt. Oder so tut, als wäre sie die absolute Baby-Expertin, was in den letzten Monaten jeden Tag ungefähr hundert Mal vorgekommen ist.
    »Was ist denn?«, fragte ich ziemlich unfreundlich. Ich wollte in Ruhe mit Paul reden.
    »Du sollst reinkommen«, sagte Mona. »Rudi ist da. Es gibt Kaffee und Kuchen.«
    Rudi ist mein Vater. Er ist Künstler und wohnt in einer WG in Dederstadt. In letzter Zeit ist er allerdings ziemlich häufig bei uns in Tupfingen. Das hat natürlich mit Lili zu tun. Rudi ist total vernarrt in Lili. Ich glaube, er würde sich gerne mit Mama vertragen und wieder bei uns einziehen. Das fände ich supertoll. Dafür würde ich sogar ein nerviges Baby in Kauf nehmen. Leider hält Mama nicht besonders viel von dieser Idee.
    Seufzend stand ich auf und folgte Mona. Wir wohnen in einem alten Bauernhaus, das meine Eltern selbst renoviert und umgebaut haben. Es ist urgemütlich und eigentlich möchte ich nirgendwo sonst auf der Welt wohnen. Es sei denn, ich halte das Babygeschrei irgendwann nicht mehr aus …
    Alle waren in der Küche versammelt. Rudi hatte Lili auf dem Arm und betrachtete sie verliebt. Mama quatschte mit Gesa. Tim, mein Zwillingsbruder, stand am Kühlschrank und goss sich ein Glas Milch ein. Oma stellte gerade einen großen Schokoladenkuchen auf den Tisch. Mir lief das Wasser im Mund zusammen. Oma backt den besten Kuchen der Welt.
    Nur Klaus fehlte. Klaus ist mein anderer Bruder. Er wird bald siebzehn und ist ungefähr genauso nervig wie Lili. Meistens knattert er mit seinem Mofa durch die Gegend. Oder er ist bei seiner Freundin Nadine und knutscht mit ihr herum. Echt ekelhaft!
    »Hallo!«, sagte ich laut und deutlich, weil niemand Notiz von mir nahm. Ich hasse es, wenn ich nicht beachtet werde. Ich bin schließlich nicht unsichtbar!
    Mama hob den Kopf und lächelte zerstreut. »Hallo, Emma-Schatz. Setz dich doch. Gleich gibt’s Kuchen.«
    Ich ließ mich auf einen Stuhl fallen. Erst jetzt bemerkte ich die Kerzen auf dem Schokoladenkuchen. Sie waren rosa. Und in der Mitte prangte ein Herz aus Sahne auf dem Schokoguss. Mist! Irgendjemand hatte heute Geburtstag und ich hatte es vergessen! Blitzschnell ging ich im Kopf alle Familienmitglieder durch, aber das brachte mich auch nicht weiter. Soviel ich wusste, hatte niemand im April Geburtstag. »Was gibt’s denn zu feiern?«, fragte ich. »Hab ich irgendwas verpasst?«
    »Aber Emma!« Mona klang richtig vorwurfsvoll. »Du hast es doch nicht etwa vergessen, oder?«
    »Was denn?«, fragte ich kleinlaut.
    »Lili wird heute zwei Monate alt!« Mama strahlte über das ganze Gesicht. »Ist das nicht toll?«
    Ich starrte sie ungläubig an. »Lili wird zwei Monate alt? Und darum veranstaltet ihr so ein Tamtam?«
    »Man muss die Feste feiern, wie sie fallen.« Oma zündete die Kerzen auf dem Kuchen an. »Und jetzt singen wir ein Lied für unsere kleine Lili!«
    Die anderen stimmten
Viel Glück und viel Segen
an. Sogar Tim sang mit. Dabei ist er sonst der Einzige, der sich in Lilis Gegenwart noch halbwegs normal benimmt.
    Lili hörte mit großen Augen zu. Als das Lied zu Ende war, machte sie ein konzentriertes Gesicht und ließ einen knallenden Furz los. Augenblicklich fing es in der Küche fürchterlich an zu stinken.
    »Alles Gute zum Zwei-Monats-Geburtstag, mein kleiner Sonnenschein!« Papa drückte der Stinkbombe einen Kuss auf die Wange. Es schien ihn überhaupt nicht zu stören, dass Lili gerade auf seinem Schoß einen fahren gelassen hatte. (Mich hat er übrigens noch nie »mein kleiner Sonnenschein« genannt, aber das nur nebenbei.)
    Oma pustete die Kerzen aus und verteilte den Schokoladenkuchen auf die Teller.
    Ich hielt mir die Nase zu und murmelte: »Bei dem Gestank vergeht einem ja der Appetit!«
    »Ich geh Lili mal eben wickeln.« Papa wollte gerade aufstehen, aber Mona war schon aufgesprungen.
    »Darf ich das machen?«, fragte sie eifrig.
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