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Emma im Glück

Emma im Glück

Titel: Emma im Glück
Autoren: Maja von Vogel
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Doktor Gehrland auch mal angewöhnen! Oder Pfefferminzbonbons für frischen Atem lutschen.
    »So, das war’s. Alles in Ordnung.« Herr Wieland legte seine Geräte zur Seite und nahm den Mundschutz ab. Jetzt konnte ich sein Gesicht sehen. Er war ungefähr fünfzig Jahre jünger als Doktor Gehrland. Und er sah gar nicht schlecht aus – zumindest für einen Zahnarzt. Mit seinem Dreitagebart und den schwarzen Haaren im Gel-Look erinnerte er mich ein bisschen an einen Schauspieler aus einer dieser Vorabendserien, die Mona so gerne guckt.
    »Prima, dann können wir ja los.« Ich nickte Mona zu, aber sie reagierte gar nicht. Sie blieb einfach auf dem Behandlungsstuhl liegen und sah dem jungen Zahnarzt tief in die Augen.
    »Sind Sie sicher, dass Sie nichts übersehen haben?«, fragte sie. »Vielleicht gucken Sie lieber noch mal nach. Manchmal hab ich hier so ein komisches Ziehen …« Sie zeigte auf ihre linke Backe.
    »Keine Sorge, deine Zähne sind super gepflegt. Wenn du sie weiterhin so gründlich putzt, haben Löcher bei dir keine Chance.« Herr Wieland lächelte Mona zu. Sie schmolz förmlich dahin. »Auf Wiedersehen, Mona.« Er schüttelte ihr die Hand.
    »Tschüss«, hauchte Mona, als er schon längst aus dem Behandlungszimmer gegangen war.
    »Kommst du jetzt endlich?«, fragte ich ungeduldig. »Oder willst du hier Wurzeln schlagen?«
    Mona seufzte, dann stand sie auf und folgte mir aus der Praxis. Wie eine Schlafwandlerin ging sie neben mir her zur Bushaltestelle.
    »Sei froh, dass du kein Loch hattest«, sagte ich.
    »Hm«, machte Mona.
    »Also, bei mir hat’s höllisch wehgetan.«
    »Hm.«
    »Diesen Schmerz kannst du dir gar nicht vorstellen.« Ich schauderte. »Als würde dir jemand eine Nadel ins Zahnfleisch bohren.«
    »Hm-hm«, machte Mona.
    Ich blieb stehen. »Kannst du auch mal was anderes sagen? Was zum Teufel ist los mit dir?«
    Vielleicht stand Mona ja unter Schock. Gesa hatte letztens irgendwas von posttraumatischen Zuständen erzählt. Wenn ich das richtig verstanden hatte, war man völlig weggetreten, weil man etwas Schlimmes erlebt hatte.
    Oh Gott – und ich hatte keine Ahnung, wie man sich in so einem Fall richtig verhielt!
    »Sag mal, hast du einen posttraumatischen Zustand?«, fragte ich vorsichtig.
    »Was?« Mona sah mich verständnislos an. Endlich erwachte sie aus ihrer Trance. »Quatsch. Wie kommst du denn darauf?« Sie seufzte. Ein verzückter Ausdruck trat in ihr Gesicht. »Findest du ihn nicht auch wahnsinnig süß? Ich glaube, so ein gut aussehender Typ ist mir noch nie begegnet.«
    Ich sah mich suchend um, konnte aber keinen einzigen gut aussehenden Typen entdecken. Auf der anderen Straßenseite saß ein Penner auf einer Parkbank. Er hatte zerzauste Haare, kaum noch Zähne im Mund und einen irren Blick. Den konnte Mona unmöglich meinen.
    »Von wem redest du?«, fragte ich.
    »Vom Zahnarzt natürlich!« Mona sah mich an, als wäre ich total begriffsstutzig. »Von wem denn sonst?«
    »Du findest Doktor Gehrland
süß
?« Ich runzelte die Stirn. »Der ist doch mindestens siebzig. Und er hat Haare in der Nase!«
    Mona verdrehte die Augen. »Emma! Den alten Knacker meine ich natürlich nicht. Ich rede von seinem jungen Kollegen.«
    »Ach so!« Ich war ziemlich erleichtert. Wenn Mona sich in einen Siebzigjährigen verknallt hätte, hätte ich mir ernsthafte Sorgen um sie machen müssen. »Du meinst Herrn Wieland!«
    »Karl«, murmelte Mona verträumt.
    »Woher weißt du denn seinen Vornamen?«, fragte ich.
    »Der stand auf dem kleinen Schild an seinem Kittel.« Mona griff nach meinem Arm. »Findest du nicht auch, dass er wie Marlon aus
Forever in Love
aussieht?«
    »Stimmt!« Ich nickte. »Ich bin bloß nicht auf den Namen gekommen.«
    »Glaubst du, ich hab ihm auch gefallen?« Mona runzelte die Stirn. »Wenn ich gewusst hätte, dass ich heute die Liebe meines Lebens treffe, hätte ich mir heute Morgen etwas anderes angezogen.«
    Ich seufzte.
Die Liebe meines Lebens!
Das war mal wieder typisch Mona. Sie las furchtbar gern kitschige Liebesromane. Und sah sich kitschige Serien im Fernsehen an. Manchmal verwechselte sie ihre Kitschwelt leider mit dem echten Leben.
    »Ganz ehrlich, Mona, ich glaub nicht, dass er sich für dich interessiert«, sagte ich. Manchmal ist es besser, gleich mit der Wahrheit herauszurücken. Auch wenn sie wehtut. »Ich meine, der Typ ist bestimmt schon Mitte zwanzig. Mindestens. Und er ist Zahnarzt!«
    »Na und?« Mona zuckte mit den Schultern. »Wahre Liebe
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