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Ella in der zweiten Klasse

Ella in der zweiten Klasse

Titel: Ella in der zweiten Klasse
Autoren: Carl Hanser Verlag
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eine blaue gehabt hätte. Mika ist eine alte Heulsuse.
    Wir warfen der Reihe nach, wie der Lehrer gesagt hatte, und es machte Spaß.
    Timo traf oben die Lampe, und Tiina traf vorne die Tafel. Mika konnte nichts treffen, weil er seine Perle in den Mund gesteckt und verschluckt hatte, und dann fing er wieder an zu weinen, diesmal weil er nicht mitmachen durfte. Hanna traf den Lehrer an der Stirn, und ich traf die Decke über dem Waschbecken, von dem meine Perle dann in den Papierkorb sprang. Die anderen trafen alles Mögliche, und irgendwann war das ganze Klassenzimmer voller hüpfender und rollender bunter Perlen.
    Als Letzter war Pekka dran.
    »Muss ich auch?«, fragte er.
    »Auf keinen Fall«, sagte der Lehrer.
    »Gut«, sagte Pekka und schnipste seine schwarze Perle vom Tisch. Wir wunderten uns ehrlich gesagt überhaupt nicht, als sie direkt im Papierkorb landete.
    »Es muss ein Fluch sein«, seufzte der Lehrer.
    Dann wunderten wir uns ein bisschen, dass er uns wieder seine Brieftasche suchen schickte, obwohl wir genau sahen, dass sie immer noch auf seinem Tisch lag. Unser Lehrer war in den Ferien sehr vergesslich geworden, fanden wir. Oder er war schon im Stress wegen der Olympiade.

Pekkas Problem

    Pekka hockte auf der Schaukel auf dem Schulhof und war sauer. Es sah komisch aus, wie siebzehn Kinder vor der Schaukel Schlange standen, auf der Pekka saß und nicht mal schaukelte. Er sei nämlich im Schaukelstreik, sagte er.
    »Was ist denn los mit dir?«, fragte ich Pekka.
    »Ich antworte nicht, ich bin auch im Antwortstreik«, sagte Pekka.
    »Gerade hast du aber geantwortet«, sagte Timo, der als Erster in der Schlange stand. Timo merkt alles und ist unser Klassengenie.
    »Und warum streikst du?«, fragte ich.
    »Weil das hier keine Universität ist«, sagte Pekka.
    »Aha«, sagte Hanna und hielt ihm eine Faust unter die Nase. »Und weißt du, was das hier ist?« Hanna stand hinter Timo als Nächste an. »Das ist das, was du gleich auf die Nase kriegst, wenn du nicht machst, dass du von der Schaukel runterkommst.«
    »Warum wär’s dir denn lieber, wenn das hier die Universität wäre?«, fragte ich Pekka.
    »Weil ich so schnell wie möglich meinen Abschluss als Ingenieur machen will«, sagte Pekka.
    »Du solltest lieber einen Abschluss als Notarzt machen, wenn du nicht bald andere auf die Schaukel lässt«, sagte Tiina, die hinter Hanna als Dritte in der Schlange stand.
    »Wozu brauchst du so schnell wie möglich einen Abschluss als Ingenieur?«, fragte ich.
    »Die Fragerei ist ja schlimmer als bei Rotkäppchen, ich geb’s auf«, seufzte Timo und ging.
    »Damit ich Sachen reparieren kann«, sagte Pekka.
    »Was für Sachen?«, fragte ich.
    »Seine Nase zum Beispiel«, sagte Hanna.
    »Sag ich nicht«, sagte Pekka. »Ich sag doch, ich bin im Antwortstreik.«
    Pekka verschränkte die Arme vor der Brust, und jetzt waren es auch die anderen leid, Schlange zu stehen, und gingen hinter Timo her. Pekka und ich waren allein.
    »Sag doch: Was für Sachen willst du reparieren können?«, fragte ich.
    »Unseren Haushalt«, antwortete Pekka.
    »Wieso euren Haushalt?«, fragte ich.
    »Weil er kaputt ist. Ich komme aus einem kaputten Haushalt«, sagte Pekka.
    »Was soll das denn heißen?«
    »Unsere Nachbarin sagt das. Ich glaube, sie meint den Bilderrahmen, der kaputtging, als meine Mutter ausgezogen ist«, erklärte Pekka. Er zog einen kleinen Schraubenschlüssel aus der Hosentasche und zeigte ihn mir. »Ich muss Sachen reparieren lernen und außerdem Geld für mehr Werkzeug sparen.«
    »Aha. Und darum willst du unbedingt an die Universität, und weil wir’s hier nicht sind, bist du im Streik«, sagte ich.
    »Ingenieure können alles reparieren, und wenn sie streiken, kriegen sie mehr Geld«, sagte Pekka.
    Ehrlich gesagt, fand ich Pekka ziemlich niedlich. Er war ganz aufgeregt und schraubte mit seinem Schraubenschlüssel an den Muttern des Schaukelsitzes herum, bis der Sitz auf den Boden fiel und er natürlich mit. Da fand ich ihn noch niedlicher.
    »Ich finde es schön, dass du mein Partner bei der Schulausscheidung bist«, sagte ich, während wir nach drinnen gingen.
    »Obwohl ich aus einem kaputten Haushalt komme?«, fragte Pekka ungläubig.
    »Vielleicht kriegen die Gewinner ein Preisgeld«, sagte ich. »Wie viel bräuchtest du denn?«
    »Ungefähr eine Million vielleicht. Dann könnte ich auch noch einen guten Schraubenzieher kaufen«, sagte Pekka und lächelte zum ersten Mal, seit die Schule wieder angefangen
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