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Elke und ihr Garten

Elke und ihr Garten

Titel: Elke und ihr Garten
Autoren: Emma Gündel
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Professor sie eingerichtet hatte.
    „Liebe Elke, ich kann Ihnen nicht
sagen, wie glücklich ich bin! Mein höchster Wunsch steht vor seiner Erfüllung.
Schon im Mai des nächsten Jahres hoffe ich, die ersten Heilungsuchenden
aufnehmen zu können. Ich weiß, daß Sie sich mit mir freuen werden!“
    Und dann beschrieb der Doktor das
erworbene Hotelgebäude ganz genau. Es wäre kein häßlicher, viereckiger Kasten,
schrieb er, sondern ein sehr schönes Haus in Oberinntaler Bauart, und eine gute
Fahrstraße führe auch hinauf nach dem Dörfchen, zu dem es gehöre.
    Und dabei war die Beschreibung ganz
überflüssig, denn es lagen Photos bei, die genau erkennen ließen, wie das
zukünftige Sonnenheim „Haus Bergfrieden“ aussah und in welcher hübschen
Umgebung es lag.
    Elke war überglücklich.
    Sie sagte zu ihrer Mutter: „Ach,
Mutti, nun freue ich mich doch auf Weihnachten! Ich glaube jetzt bestimmt, daß
mit Katje auch wieder alles gut wird. Es muß ja wieder gut werden, denn wir
haben doch gar nichts miteinander gehabt.“
    Elke ging in ihr Zimmer, um Doktor
Falkner sofort für seinen Brief zu danken. Aber sie kam dann nicht über den
ersten Anfang hinaus.
    Sie war zu froh. Die Gedanken
wirbelten ihr durch den Kopf. Wenn sie sich das so vorstellte: daß der Doktor
sein eigenes Sonnenheim bekommen würde — daß er so überglücklich war, weil das
sein allergrößter Wunsch gewesen war — und daß jetzt viele, viele ihre Kinder
zu ihm schickten — -.
    Nein, schreiben konnte sie jetzt
nicht, dazu war die Freude zu groß! Sie schloß ihren Schreibtisch auf und nahm
einen flachen, weißen Parrokasten heraus. In diesem bewahrte sie die Briefe
auf, die sie aus irgendeinem Grunde länger behalten wollte. Beim Kramen in den
alten Briefen fiel ihr jetzt ein kleines Sträußchen gepreßter Alpenblumen in
die Hand. Es waren die Frühlingsenziane, die sie nach der Besteigung der
Wildspitze gefunden hatte, und auch ein paar Kohlrösli hatte Doktor Falkner ihr
zu den himmelblauen Frühlingsenzianen dazu geschenkt. Jetzt waren alle Blumen
ganz verblichen, aber die Kohlrösli hatten doch wenigstens noch ein bißchen von
ihrem Vanilleduft.
    Elke legte das Blumensträußchen in
Doktor Falkners Weihnachtsbrief hinein.
    Aber sie war so froh, daß sie ihrer
Freude doch irgendwie Luft machen mußte!
    Ja, das war ein Gedanke: sie konnte
die Mutter fragen, ob sie heute abend im Sonnenhof
anrufen durfte. Sie wollte Achim bitten, das Weihnachtspaket, das sie geschickt
hatte, gleich auszupacken, wenn es ankäme, da es für seine Mutter Maiglöckchen
enthielte, die ins Wasser gestellt werden müßten.
    Die Mutter gab natürlich die Erlaubnis
dazu.
    „— Du, Achim — und was ich dann noch
sagen wollte“, sprach Elke nun in die Muschel des Fernsprechers hinein. „Ich
hab’ auch einen sehr netten Brief von Doktor Falkner bekommen. Er eröffnet
nächstes Frühjahr eine eigene Klinik.“
    „Du — du, Achim, verstehst du mich
auch gut? Ich wollte dich nämlich gern noch etwas fragen. Hat Onkel Hannes
eigentlich rausgekriegt, wie der Text von dem Lied heißt, das der Doktor damals
auf dem Sommerfest für mich gespielt hat?“
    „Ach, das ist ein ganz dummes Lied“,
sagte Achim. „Es hat gar nichts mit dir zu tun. Es kommt was von schwarzbraunem
Haar drin vor, und du bist doch blond!“
    „Was kommt denn sonst noch drin vor?“
    „Weiter nichts Besonderes!“
    „Was heißt ‚Besonderes’! Sag mal den
Anfang von dem Lied.“
    „Den weiß ich nicht auswendig.“
    Achim flunkerte. Er kannte den
Liedanfang genau, er kannte sogar das ganze Lied auswendig. Er wollte das aber
nicht zugeben, weil — ja, weil ihm, kurz gesagt, an dem Lied etwas verdächtig
vorkam. Es hieß darin nämlich „— Bis daß ich wiederkumm. Drei Jahre gehen bald
herum!“
    „Achim — du, Achim, bist du noch da?“
rief Elke in den Apparat hinein. „Achim!“ — Aber Achim hatte schon wieder
angehängt.
    Elke seufzte enttäuscht. Wie schade,
die Verbindung war unterbrochen! Das kam bei Ferngesprächen ja leider manchmal
vor!
    Elke ging in den Garten. Es war ein
klarer Winterabend. Der Himmel war übersät mit glitzernden Sternen. Vom
jenseitigen Ufer des Silberteiches her blinkten gelblich die ruhigen Lichter
der Wohnhäuser. Ein großer, dunkler Nachtvogel strich lautlos über die
winterlich kahlen Kronen der alten Bäume hinweg.
    Elke ging bis an den Silberteich
hinunter. An den leicht übereisten Uferrändern brach sich sein Wasser mit
leisem Glucksen.
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