Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Elke und ihr Garten

Elke und ihr Garten

Titel: Elke und ihr Garten
Autoren: Emma Gündel
Vom Netzwerk:
Grund
dafür, daß sie sich offenbar von Elke trennen wollte? Der Verlust ihrer Mutter
allein konnte sie doch unmöglich plötzlich so verändert haben!
    Es war tatsächlich so, wie alle
vermuteten: die Schuld traf die Tante.
    Es gibt Menschen, die sich nicht wohl
fühlen, wenn sie nicht irgendwie oder irgendwo Unfrieden stiften können, — oh,
leider gibt es die! — und Frau Schütt gehörte zu diesen.
    Die Sache war die: Die schwerkranke
Frau Reimers hatte zu ihrer Verwandten, eben der Frau Paula Schütt, an einem
ihrer letzten Tage gesagt: „Ich bin innerlich ruhig. Katje wird nie ganz
verlassen sein, weil sie ihre Freundin Elke hat.“
    Und das hatte genügt, um Frau Schütt
gegen Elke einzunehmen. Anstatt, daß sie sich für Katje freute, daß sie die
gute Freundin hatte, ging sie daran, die Freundschaftsgefühle ihrer Nichte zu
untergraben. Noch vor dem Begräbnis der Mutter begann sie damit.
    Sie hakte zunächst dabei ein, daß
Elkes Eltern eine „Villa“ hatten.
    „Ich weiß nicht“, sagte sie, „ich
finde solche Freundschaft nicht richtig. Es ist doch nur alles Almosen, was die
Tadsens dir zukommen lassen. Besinn dich nur mal — so richtig mitgerechnet
wirst du als Mädel aus der Armeleutegegend von ihnen doch nie. Natürlich, jetzt
kann die Elke dich noch gut brauchen — sie ist ja wahrscheinlich dümmer als du
und froh, wenn sie die Schularbeiten von dir abschreiben kann, aber bilde dir
deshalb doch bitte nicht ein, daß sie sich noch um dich kümmern wird, wenn die
Schulzeit mal vorbei ist.“
    Es muß zu Katjes Ehre gesagt werden,
daß sie Elke und ihre Angehörigen nach besten Kräften in Schutz zu nehmen
suchte. Sie bemühte sich, der Tante zu beweisen, daß Tadsens es wirklich gut
mit ihr meinten.
    „Ganz wie du denkst“, erwiderte die
Frau achselzuckend. „Ich bin weit davon entfernt, dich aufhetzen zu wollen. Ich
kann dir nur sagen, daß ich in meinem Leben die Erfahrung gemacht habe, daß
sich am besten gleich und gleich zusammenhält. Die Leute, die mehr Geld haben
als wir, können uns überhaupt nicht verstehen. Sie haben keine Ahnung davon,
mit welchen Sorgen und Nöten wir uns abquälen müssen.“
    Hierbei gab Katje ihrer Tante zum
erstenmal recht . Das hatte sie oft an Elke empfunden,
daß sie sich überhaupt nicht vorstellen konnte, was es hieß, auch nur wenige
Mark zu haben oder nicht zu haben.
    Ein andermal meinte Frau Schütt: „Nun
ja, die Tadsens mögen sehr nette Leute sein, aber eines mußt du doch selber
zugeben: Als deine Mutter die Augen für immer geschlossen hatte, da war keine
Frau Tadsen da, die sich sofort um dich kümmerte. Wenn du da mich nicht gehabt
hättest, meine liebe Katje!“
    Katje erwiderte: „An dem Tag waren ja
noch Ferien, und Frau Tadsen und Elke waren gerade in Lübeck, Tante Paula. Sie
kamen doch gleich am nächsten Morgen zu uns.“
    „Aber eben nicht am selben Tag, wo es
am nötigsten war! Daß sie ihre Gründe dafür hatten, bezweifle ich nicht. Ich
wollte ja auch nur sagen, daß man sich eben nicht richtig verlassen kann auf
solche Leute!“
    Wiederum ein andermal sah Frau Schütt
Katjes Kleidungsstücke durch, und dabei machte sie die Bemerkung: „Was ist das
nun wieder. Tadsens lassen dich ihre abgelegten Kleider auftragen? Das zeigt
deutlich, wie sie über dich denken. Wenn sie es wirklich gut mit dir meinten,
würden sie dir neue Sachen schenken. Geld genug haben sie doch dazu, nach all
deinen Erzählungen zu urteilen!“
    Auf diese Weise wurde die arme Katje
mürbe gemacht. Alles, was Katje der Tante jemals über Elke erzählt hatte, wurde
jetzt von ihr in gehässiger Weise ausgedeutet, und das Gefährliche dabei war,
daß die Frau immer wieder betonte, Katje durchaus nicht der Freundin entfremden
zu wollen, es tue ihr nur so von Herzen leid, daß sie eines Tages die große
Enttäuschung werde erleben müssen, von Elke einen Fußtritt zu bekommen.
    Ja, „einen Fußtritt zu bekommen“ — so
drückte Frau Schütt sich aus.
    Und nun muß noch eins bedacht werden:
Katje stand nach dem Tode ihrer Mutter wirklich sehr verlassen da. Frau Schütt
war die erste, die sich ihrer annahm, und sie überschüttete Kat je geradezu mit
Beweisen ihrer Liebe und Zärtlichkeit. Mochten die Gründe dafür sein, welche es
wollten — es waren leider keine guten, wie wir später sehen werden —, für Katje
in ihrer trostlosen Lage bedeutete die tatkräftige Anteilnahme der Tante sehr
viel, sie hatte keinen Grund, daran zu zweifeln, daß die Frau es gut
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher