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Elke und ihr Garten

Elke und ihr Garten

Titel: Elke und ihr Garten
Autoren: Emma Gündel
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Seyderhelm
ist neuerdings ja ganz groß!“ bemerkte Jens nun. „Wann schleppst du deine
Freundinnen denn wieder zum Singen zu ihr hin?“
    „Laß Elke doch!“ Gisela stand der
Schwester bei. „Die gelähmte Frau Seyderhelm hat doch wirklich nicht viel vom
Leben.“
    Es mag hier daran erinnert werden, daß
Frau Seyderhelm die Dame war, die seinerzeit den Brief an Elkes Schuldirektor
geschrieben hatte, weil ihr das tapfere Verhalten des Kindes bei dem
Unglücksfall der Gefährtin so sehr gefallen hatte. Elke hatte sie dann im
Frühjahr danach häufiger besucht, und seitdem waren sie miteinander in Fühlung
geblieben. Von der Reise nach Tirol im Sommer vor einem Jahr hatte Elke ihr
einen Kasten voll Alpenblumen geschickt, und auf der Englandreise im
vergangenen Sommer hatten Tadsens die Verwandten von Frau Seyderhelm in
Plymouth besucht. Und nun, vor ein paar Tagen, war Elke auf Katjes Vorschlag
hin mit einigen aus der Klasse bei Frau Seyderhelm gewesen, und sie hatten ihr
Volkslieder vorgesungen. Warum fand Jens etwas dabei? Sie lernten die schönen
Lieder doch schließlich nicht nur, um sie zu kennen, oder uro. sie später
wieder zu vergessen.
    Jens hätte seine Bemerkung vorhin
nicht zu machen brauchen, fand Elke, und sie sagte deshalb zu ihm: „Ja, meine
Freundschaft mit Frau Seyderhelm ist sehr groß. Sie wird deshalb auch viel
Blumen von mir bekommen und du wahrscheinlich gar keine!“
    „Entschuldige, Goldbückel, — aber
darüber werde ich mich wirklich zu trösten wissen!“ Jens lächelte nachsichtig.
    „Das wart’ man erst ab!“ widersprach die
Schwester. „Wenn du in Erlangen oder sonstwo bist und aus den
Universitätsferien nach Hause kommst, und ich hab’ dir dann keine Blumen ins
Zimmer gestellt, dann ärgerst du dich doch!“
    „Erlaube mal — ein bißchen eingebildet
ist ja ganz nett- - -“
    „Gebt nur Frieden, ihr beiden
Kampfhähne!“ mahnte Gisela, die Friedfertigste von den Geschwistern.
    „Ja, eßt, und laßt eure Rollmöpse auf
dem Teller nicht kalt werden!“ ließ sich nun auch Ulf vernehmen. „Ihr habt ja
nachher noch Gelegenheit genug, verschiedener Meinung zu sein.“
    Worauf Ulf anspielte, war das
Aussuchen der Tapeten fürs neue Haus. Es sollte nach dem Abendessen vor sich
gehen. Im Wohnzimmer lagen vier große Musterbücher bereit. Die Eltern hatten es
nämlich ihren Kindern überlassen — diese Kinder waren ja mit Ausnahme der
Nachzüglerin Elke auch schon voll erwachsene Menschen! — ja, sie hatten es
ihnen überlassen, für die einzelnen Zimmer Tapeten auszuwählen, dann würde im
neuen Heim wenigstens alles so werden, wie es den Kindern gefiel.
    Jens und Elke hatten in Dingen des
Geschmacks sehr ausgesprochene Urteile, und da diese Urteile oft ganz
verschieden waren, vermutete Ulf, daß Elke und Jens sich heute abend noch streifen würden.
    Aber er sollte mit seiner Vermutung
diesmal nicht recht behalten. Das Aussuchen der
Tapeten ging in größtem Frieden vor sich. Elke steckte ihre Begeisterung für
ganz schlichte, einfarbige Wände einen Pflock zurück, und Jens sah ein, daß
Tapetenmuster, die wie Brokat oder Leder oder Gobelinstickerei aussahen, auch
nicht überall hinpaßten, und das kam hauptsächlich durch Anke. Bevor das
Durchblättern der Musterbücher vor sich ging, hielt sie nämlich eine sehr
vernünftige, kleine Vorrede, in der sie zu bedenken gab, was für eine Art von
Haus es auszuschmücken galt. Ein altes Landhaus wie das ihre mit seinen großen
und hohen Zimmern und seinen vielen Fenstern sei keine hochmoderne
Neubauwohnung — dieser Hinweis war für Elke gedacht •—, andererseits sei aber
auch die Zeit vorbei, wo man überall Seidenglanz oder Blumen und Kringel und Sterne
an den Wänden sehen wollte — und dem mußte Jens beipflichten.
    Als die Eltern gegen Mitternacht aus
dem Theater zurückkehrten, fanden sie für alle Zimmer Tapeten ausgesucht. Elke
hatte für ihr Zimmer eine lichtgelbe gewählt, eine sonnenfarbene, wie sie
sagte. Die Eltern waren zufrieden mit der Wahl, die ihre Kinder getroffen
hatten und sprachen am nächsten Morgen mit Elke darüber, daß sie dann wohl auch
einen neuen Kleiderschrank und eigentlich wohl auch einen Schreibtisch brauche.
    „Ich brauch’ auch einen Schreibtisch!“
sagte Jens.
    „Du?“ fragten Vater und Mutter
gleichzeitig, und alle lachten, denn das uralte Möbelstück, das Jens in seinem
Zimmer stehen hatte, war schon seit zehn Jahren wackelig auf den Beinen,
während Elkes netter, weißer Tisch,
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