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Elke und ihr Garten

Elke und ihr Garten

Titel: Elke und ihr Garten
Autoren: Emma Gündel
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Umzug, Anfang April, waren alle
Kätzchen zu leuchtend goldgelben Flaumbüschelchen erblüht. War das eine Pracht,
wie die Weide ihre tausend und aber tausend filigranzarten Sonnenbällchen in
die blaue Luft hinein glänzen ließ! Kein Wunder, daß ungezählte Bienen und
Hummeln und Schmetterlinge herbeikamen und es sich an der Gastlichkeit der
Weide wohl sein ließen!

     
    Wie das summte und brummte, nein, es
orgelte geradezu, fand Elke, und so viele schöne Schmetterlinge, wie hier auf
den Weidenkätzchen saßen, hatte sie in ihrem ganzen Leben noch nicht
beieinander gesehen — — weiße und gelbe, und rotbraune mit weiß, und rötliche
mit leuchtend blauen Flecken —, ach es war so dumm, daß sie kaum einen Namen
kannte. Fräulein Lienau hatte ganz recht , daß sie ihr
in Biologie nur eine Drei gegeben hatte!
    Ja, und eine andere Freude, die Elke
hatte, die war eigentlich erst noch im Werden. Ganz in der Nähe der Weide stand
nämlich ein Apfelbaum, und der saß über und über voll von Blütenknospen,
kleinen rosenroten Knospen, die so glänzend und saftig aussahen, daß man meinen
konnte, sie würden platzen vor lauter Ungeduld des noch nicht Aufblühendürfens.
Aber in Wirklichkeit war nur Elke die Ungeduldige. Jeden Morgen ging sie zu
ihrem Apfelbaum, und jeden Morgen war er nicht weiter als am Tage vorher, denn
es war sehr kühles Wetter geworden.

     
    Doch dann kam es so, daß Elke sich
sehr darüber freute, daß der Apfelbaum so viel Zeit zu seinem Aufblühen
gebraucht hatte!
    Katjes kränkliche Mutter hatte wieder
einmal längere Zeit das Bett hüten müssen, und Frau Tadsen hatte sie und Kat je
nun eingeladen, zur Erholung ein paar Tage nach Hemmelwarde zu kommen.
    Und kaum waren sie da, da begann der
Apfelbaum auch schon, seine ersten Knospen zu entfalten. Schneeig weiß glänzten
die rosenroten Knospenbüscheichen jetzt auf, und ein wundervolles Duften
begann.
    Elke trug Frau Reimers einen
Liegestuhl auf das Rasenstück, von wo der Apfelbaum am schönsten aussah, und
sie freute sich sehr, daß Katjes gute Mutter, die jetzt immer so blaß war, so
froh zu dem herrlichen Blütenbaum hinüberblickte.
    Elke saß an diesem Nachmittag neben
Frau Reimers Liegestuhl im Gras.
    „Ist Katje hier in der Nähe?“ fragte
Frau Reimers jetzt.
    „Nein, Katje sitzt in der Lindenlaube
und arbeitet noch an ihrem Aufsatz“, sagte Elke. „Aber soll ich sie vielleicht
rufen?“
    Katjes Mutter antwortete mit einem
Kopfschütteln und schloß dann für Augenblicke die Augen. Ihre dünnen,
durchsichtig weißen Näherinnenhände lagen gefaltet auf der Wolldecke, mit der
Elke sie fürsorglich zugedeckt hatte.
    Dann richtete sie sich plötzlich ein
wenig auf in ihrem Stuhl und sah Elke an. Ihre milden, braunen Augen waren
unendlich traurig. Sie griff nach Elkes Hand.
    „Versprich mir eines, Elke!“ sagte sie
wie aus einer geheimen Angst heraus. „Bleib Katje treu, — verlaß du sie
niemals!“
    Elkes Blick lag tief und fest in den
kummervollen Mutteraugen. Sie verstand, was Katjes arme Mutter meinte. Frau
Reimers trug eine Krankheit in ihrem Körper, für die es vielleicht keine Rettung
gab.
    Elke erhob sich neben Frau Reimers auf
ihre beiden Knie. „Sie können sich auf mich verlassen, Frau Reimers. Ich bleibe
Katje treu — immer!“ sagte sie sehr fest, aber auch sehr leise, fast hauchend,
denn sie hatte mit Tränen zu kämpfen.
    Frau Reimers’ aufgerichteter
Oberkörper sank wieder in den Stuhl zurück. Ihre leidenden Züge waren jetzt
entspannt, fast glücklich. Sie wußte, daß Elke Wort halten würde. Ihre Katje
war nicht verlassen, selbst wenn sie vielleicht in kurzer Zeit auch keine Mutter
mehr haben würde, nachdem der große Krieg ihr schon den Vater genommen hatte.
    Aber Elkes junges Herz lehnte sich
gegen den Gedanken auf, daß Frau Reimers’ Gesundheitszustand hoffnungslos sei,
und sie sagte deshalb: „Vielleicht werden Sie doch wieder gesund. Sie dürfen
die Hoffnung nicht aufgeben!“
    Frau Reimers erwiderte Elkes
ermunterndes Lächeln mit einem zärtlichen Streicheln über des jungen Mädchens
Hand hin, die sich noch immer gefaßt hielt. Dann sagte sie: „Ja, ich darf die
Hoffnung nicht verlieren — du hast recht — —. Es wird ja oft im Leben manches
besser, als man denkt, wenn man traurig ist— —.“
    Gut, daß der Apfelbaum dastand,
schneeig weiß und rosenrot. Es war so beglückend, ihn anzusehen.
    Jetzt kam ein Buchfink angeflogen und
setzte sich mitten hinein in die Frühlingspracht aus
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