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Elke und ihr Garten

Elke und ihr Garten

Titel: Elke und ihr Garten
Autoren: Emma Gündel
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Elke, indem sie eine gefüllte Tasse vor sie
hin auf den Tisch stellte.
    Elke dachte: „Was soll so eine
Bemerkung von ,Armut teilen’ nur!“ Sie dankte aber
freundlich und nahm Milch und Zucker und auch ein Stückchen Kuchen, obgleich
ihr nach allem anderen eher als nach Essen und Trinken zumute war. Sie wollte
die Tante aber nicht kränken.
    Katje lehnte den angebotenen Imbiß ab,
worauf Frau Schütt sie aber eindringlich und, wie es Elke vorkam, mit
übertrieben zärtlichen Worten bat, sich doch ihr zuliebe ein bißchen zu
stärken. Daraufhin trank Katje auch etwas von ihrem Kaffee.
    Etwa zehn Minuten später stand Elke
auf, um fortzugehen. Sie hatte die ganz deutliche Empfindung, daß die Freundin
ihr Fortgehen wünschte. Zum Abschied bat sie Katje aber doch, recht bald einmal
nach dem Schulunterricht mit ihr nach Hemmelwarde hinauszukommen.
    „Daraus wird fürs erste kaum was
werden!“ antwortete die Tante an Katjes statt.
    Als Elke unten auf der Straße
angelangt war, hatte sie das Gefühl, als wenn das, was sie soeben bei Katje
erlebt hatte, unmöglich wahr sein konnte. So wie heute war Katje vorher noch
nie zu ihr gewesen.
    Elke sah nach der Uhr. Der nächste
Zug, mit dem sie nach Hemmelwarde fahren konnte, ging erst in einer Stunde ab.
Wenn sie nun während dieser Zeit noch bei Frau Seyderhelm vorsprach?
    Frau Seyderhelm freute sich immer so,
wenn sie kam, und vielleicht konnte sie auch mit ihr darüber sprechen, daß
Katje heute so ganz anders als sonst zu ihr gewesen war.
    Nach dem kühlen, kränkenden Verhalten
Katjes empfand Elke Frau Seyderhelms Herzlichkeit als doppelt wohltuend, und es
dauerte gar nicht lange, da schüttete sie der gelähmten alten Dame ihr so
schmerzhaft verwundetes, übervolles Herz aus. Sie hatte Katje so lieb. Fast
solange sie denken konnte, hatte sie sie lieb, denn sie waren ja auch schon in
der Grundschule zusammengewesen, und sie war immer eine gute Freundin gewesen,
wenigstens hatte sie es stets sein wollen. Und nun hatte Katje gesagt, sie
paßten nicht zusammen, und sie könnte sie überhaupt nicht verstehen!
    Frau Seyderhelm kannte Katje ja auch.
Sie war mehrere Male mit Elke bei ihr gewesen, und Katjes stilles, ernstes
Wesen hatte einen angenehmen Eindruck auf sie gemacht. Nun hörte sie Elkes
traurigen Bericht. Elke war so bewegt, daß sie dann und wann vor Weinen nicht
weitersprechen konnte.
    „Katje ist ein schwergeprüftes Kind“,
sagte Frau Seyderhelm, als Elke nun schwieg. „Der Schmerz um die geliebte
Mutter hat sie innerlich ganz zerrissen! Das darfst du nicht vergessen.“
    „Aber sie brauchte doch nicht zu mir
sagen, daß ich andere Freundinnen hätte — und all das, was sie sonst noch
gesagt hat!“ wandte Elke ein.
    „Ein großer Kummer wirkt sich
verschieden im Menschen aus“, entgegnete die alte Dame. „Die einen tragen ihn
still, die andern lehnen sich auf und werden dabei leicht ungerecht gegen alles
und alle. Wenn ich an mich selber denke: Als mir damals zur Gewißheit wurde,
daß ich gelähmt bleiben würde, war ich innerlich so verzweifelt, daß ich am
liebsten nichts mehr gehört und gesehen hätte. Das ganze Leben kam mir hassenswert
vor, ich stieß bewußt jede Freude und jede Liebe von mir, die mir geboten
wurde.“
    Nach einer stillen Weile erwiderte
Elke: „Aber Katje schließt sich doch an ihre Tante an. Sie hätten hören sollen,
wie freundlich sie beim Kaffeetrinken mit ihr sprach und wie sie sich von ihr
streicheln ließ, und mich hat sie überhaupt nicht beachtet.“
    „Katje klammert sich jetzt eben an die
einzige Verwandte, die ihr geblieben ist“, erwiderte Frau Seyderhelm.
    „Dann ist es bei ihr aber doch anders,
als es bei Ihnen damals war! Sie wollten von niemand etwas wissen. Katje
klammert sich an ihre Tante. Dann brauchte sie doch auch mich nicht
zurückzustoßen! Von mir will sie nichts wissen, aber diese Hexe von Tante, die
—“
    „Nein, Elke, so darfst du nicht reden ,“ sagte die gelähmte Frau vorwurfsvoll.
    „Sie ist wirklich eine entsetzliche
Frau“, beharrte Elke. „Was sie allein für lauerige Augen hat! Sie tut sicher
nur so freundlich zu Katje! Und warum hat sie zu Katje gesagt: Gleich muß bei
gleich bleiben? Sie will bloß hetzen! Katje und ich sind seit neun Jahren
Klassenkameradinnen, und wir haben uns immer gut vertragen. Warum sollen wir
jetzt auf einmal so verschieden sein!“
    „Vielleicht ist Katjes Tante doch
netter, als du jetzt annimmst“, wandte Frau Seyderhelm ein.
    „Netter? Die ist
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