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Elke und ihr Garten

Elke und ihr Garten

Titel: Elke und ihr Garten
Autoren: Emma Gündel
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der
„lütten seuten Deern“, die die nächste Braut werden würde. Vielleicht war es
der letzte Tanz seines Lebens.
    Aber es war dann ein schöner Tanz
gewesen!

     
    Ja, die nächste Braut kannte man nun,
aber wer würde denn der nächste Bräutigam werden?
    „Nee, Jungens dürfen nicht mitmachen!“
rief jemand, als auch Achim in den Kreis der jungen Leute eintreten wollte,
unter denen Heinrich seine Wahl treffen sollte.
    Heinrich selbst erhob Einspruch
dagegen, daß Achim ausgeschlossen werden sollte.
    „Doch! Jeder, der will, kann
mitmachen!“ rief er, und er hatte seinen besonderen Grund dafür. Achim hatte
ihm nämlich eben anvertraut, daß er furchtbar gern „der nächste Bräutigam“
werden möchte, so und so — ja, Heinrich müßte doch selber zugeben, daß Elke und
er gut zusammenpaßten. Und Heinrich hatte es zugegeben. Er ließ sich jetzt die
Augen verbinden, sorgte aber dafür, daß ein recht schöner Schlitz blieb. So
dumm sollte er sein und Herrn Wendels einzigem Sohn seinen Wunsch nicht
erfüllen.
    Keiner glaubte daran, daß es mit
rechten Dingen zuging, als Heinrich nun mit einer wahrhaft nachtwandlerischen
Sicherheit torkelnd und tastend den großen Kreis der aufgestellten jungen Leute
abschritt und haargenau vor Achim stehenblieb. Schallendes Gelächter und
offener Aufruhr brachen los. Aber Heinrich ließ nicht mit sich reden und
steckte Achim ruhig seinen Myrtenstrauß auf den Jackenumschlag. Und Achim
selbst fand auch durchaus, daß das Bräutigamssträußchen ihm gebührte.
    Nun mußten Elke und Achim vor der
ganzen Hochzeitsgesellschaft zusammen tanzen.
    „Ist ja alles Unsinn!“ sagte Elke
dabei zu ihrem Tänzer. „Fränzi hat v i e l l e i c h t gemogelt, Heinrich aber
bestimmt! Es ist albern, daß wir hier so zusammen herumhopsen!’’
    Achim erwiderte darauf nichts. Er war
zufrieden, daß alles so geworden war, wie es jetzt war. Ob mit oder ohne
Mogeln, das scherte ihn wenig.
    Als Elke später ihren Freundinnen von
ihren Hochzeitserlebnissen im Alten Land erzählte, verschwieg sie, solange es
ging, daß nach ihr, der nächsten Braut, Achim als der nächste Bräutigam
gegriffen worden war!

10. Kapitel

ARME KATJE
     
    Elke ging langsam zwischen ihren
Blumenbeeten auf und ab. Sie hatte schon einen ganzen Arm voll von leuchtend
bunten Dahlien und Astern, aber sie schnitt noch immer mehr ab, und wenn noch
so viele unentfaltete Knospen mit an ihren Stengeln saßen. Dann ging sie zu
ihrem Rosenbeet und nahm auch hier alles, was in diesen sonnigen Oktobertagen
aufgeblüht war. Ihr Gesicht war dabei still und traurig. Wie als ob sie etwas
erlebt habe, was überhaupt nicht zu begreifen war, sah sie aus.
    Ja, so sah sie aus.
    Es war Katjes Mutter in all den
letzten Wochen so gut gegangen. Frau Reimers selbst war so froh darüber und so
voll Hoffnung gewesen, und nun war sie doch gestorben!
    Es war unfaßbar.
    Die arme Katje! Ihren Vater hatte sie
im Weltkrieg verloren, und nun hatte sie auch keine Mutter mehr.
    Elke stand mit ihren Blumen im Arm da
und blickte verloren hinweg über das herbstlich bunt belaubte Gesträuch des
weiten elterlichen Gartens. Die ganze Unerbittlichkeit und Unbegreiflichkeit
des Lebens war vor ihre junge Seele getreten.
    Jetzt hörte Elke nach sich rufen, und
wenige Augenblicke später trat auch schon die Mutter zu ihr.
    „Hast du jetzt Blumen genug? Es wird
Zeit, daß wir fahren”, sagte Frau Tadsen leise zu ihrem betrübten Kind.
    „Mutti, es ist alles so schrecklich!“
Elke lehnte sich ganz verzagt an die Schulter der Mutter.
    Frau Tadsen zog ihres Kindes freien
rechten Arm in den ihren und streichelte ihre Hand behutsam und liebevoll. So
gingen die beiden langsam dem Hause zu.
    Etwa eine Viertelstunde später saß
Elke mit ihren Eltern und mit ihrem ältesten Bruder im Auto und fuhr Hamburg
zu, um an Frau Reimers’ Begräbnis teilzunehmen.
    Katje und ihre Mutter hatten immer
sehr zurückgezogen gelebt, sie hatten auch kaum Verwandte in der Stadt, und so
waren nur sehr wenige Menschen gekommen, um die Verstorbene zu ihrer letzten
Ruhestätte zu geleiten. Die meisten von ihnen waren Katjes Klassenkameradinnen.
Die einzige Verwandte, die erschienen war, war eine auffallend große Frau mit
groben Gesichtszügen, eine Frau Paula Schütt. Sie machte sich in dem Warteraum
der kleinen grauen Friedhofskapelle wichtig, indem sie zwei von Katjes
Kameradinnen mit ziemlich lauter Stimme erzählte, wie Frau Reimers während
ihrer letzten Tage im Krankenhaus noch habe
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