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Elke und ihr Garten

Elke und ihr Garten

Titel: Elke und ihr Garten
Autoren: Emma Gündel
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wurden die Tische hinausgeräumt, damit fürs Tanzen Platz geschaffen
wurde. Das nahm längere Zeit in Anspruch, und viele Gäste gingen währenddessen
ins Dorf, um da und dort bei Freunden eine Pfeife zu rauchen, das Vieh zu
besehen oder den Ertrag der nahen Apfel- und Birnenernte abzuschätzen. Elke und
Achim gingen mit einigen jungen Leuten aus Heinrichs Verwandtschaft auf einen
Hof, dessen Fachwerkhaus seiner besonders schönen Bauweise wegen geradezu
berühmt war. Es war ein riesengroßer Strohdachbau aus roten Ziegelsteinen, die,
weiß verfugt, an der Giebelwand und an den Seiten zu hübschen Mustern
angeordnet waren. In die dicken, weißgestrichenen Balken, die das Dach und das
Mauerwerk trugen, waren Sinnsprüche eingeschnitzt, die von der Kraft und dem
Stolz eines freien, starken Geschlechts Zeugnis ablegten. Die Giebelbalken
liefen in zwei gekreuzte Schwanenhälse aus. Von der Dorfstraße her führte ein
hohes, reich geschnitztes Holztor, die Prunkpforte, auf den Hof.
    Elke und Achim durften auch das Innere
des Hauses besehen, und sie waren ganz begeistert von den herrlichen, alten
Möbeln, die sie hier fanden. Da waren große geschnitzte Truhen und Schränke,
Tische, Stühle und aller möglicher Hausrat, und alles zeugte von gediegener
Wohlhabenheit und einem edel einfachen Geschmack.
    Als sie nun allein zusammen in der
ganz besonders schön eingerichteten guten Stube, der sogenannten Döns, standen,
sagte Elke zu Achim: „Weißt du —, es ist ganz sonderbar hier, finde ich. Man
fühlt hier so die alte Zeit. Als wenn all die Menschen von früher noch lebten,
kommt es einem vor —, vielleicht verstehst du, was ich meine — Wenn ich in
einem solchen Haus wie diesem hier geboren wäre, würde ich mich ganz bestimmt
auch mit einer Brautkrone und in einer Festtracht, auch mit dreizehn Röcken
meinetwegen, trauen lassen!“
    „Du würdest gut darin aussehen“,
antwortete Achim und machte ein sehr sachverständiges Gesicht.
    Als Elke und Achim eine Weile später
wieder in den Gasthof zurückkehrten, war das Tanzen bereits in vollem Gange.
Heinrich und Fränzi hatten schon ihren „Ehrentanz“, den sie allein vor allen
Gästen ausführen mußten, hinter sich, und nun schmetterte die Musik laut und
prächtig — vor allem laut! — über ungezählte tanzende Paare hinweg. Kinder und
Erwachsene hopsten und wirbelten und wiegten sich durcheinander. Ein Mann ging
mit einem Teller herum und sammelte Geldstücke für die Musikanten ein.

     
    Aber Elke behielt nicht lange Muße,
sich das lustige Treiben anzusehen. Ein junger Bursche trat zu ihr und forderte
sie zum Tanzen auf. Und von da an hatte sie wenig Ruhe mehr, denn sehr viele
wollten gern einmal tanzen mit dem jungen Stadtmädel, das so hübsch aussah und
dabei ein so freundliches Wesen hatte.
    Elke tanzte gern, und wenn auch ihre
Tänzer oft genug eine bedenkliche Neigung zeigten, aus dem Takt zu kommen, so flogen ihr die Stunden doch schnell und angenehm dahin. Natürlich
tanzte auch Achim viel mit ihr.
    Und dann war plötzlich der Augenblick
da, wo die junge Frau Fränzi Kranz und Schleier ablegen mußte! Sie bekam die
Augen mit einem Tuch verbunden, damit sie aus den anwesenden jungen Mädchen
dasjenige herausgreifen sollte, welches die nächste Braut werden würde. Alle
Mädchen mußten sich an den Händen fassen und einen Kreis bilden. Es wurde
natürlich ein riesengroßer Kreis.
    Nun ging Fränzi mit ihren verbundenen
Augen von der Mitte des Kreises auf die Mädchen zu. Sie wurde noch einmal
dringlich ermahnt, ganz ehrlich zu sein und es zuzugeben, wenn sie durch das
über die Augen gebundene Tuch noch irgend etwas sehen
könnte. Aber Fränzi schwur hoch und heilig, durchaus nichts sehen zu können,
und da griff sie auch schon — Elke.
    Ausgerechnet Elke, die sicher die
Jüngste in dem ganzen Kreis war. Ging das mit rechten Dingen zu?
    Fränzi behauptete das, und es half
Elke alles nichts: sie mußte sich mit Schleier und Kranz schmücken lassen.
    Alle waren entzückt, wie reizend sie
aussah!
    Natürlich freute Elke sich darüber,
daß sie von Fränzi gegriffen worden war, aber sie war auch ein bißchen
verlegen, und das gab ihrem Gesicht einen ganz besonders liebreizenden
Ausdruck.
    Der uralte Großvater Tewes, der
älteste von den wenigen Bauern, die in ihrer Altenländer Tracht — engen
schwarzen Kniehosen und kurzer schwarzer Jacke mit Silberknöpfen — zu dieser
Hochzeit gekommen waren, trat auf Elke zu. Er wollte unbedingt tanzen mit
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