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212 - Beim Stamm der Silberrücken

212 - Beim Stamm der Silberrücken

Titel: 212 - Beim Stamm der Silberrücken
Autoren: Jo Zybell
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»Weg!« Sie zischte ihn an. »Geh!«
    Er kletterte zu ihr herauf, kam näher, packte schließlich ihren linken Knöchel. »Lay!«
    Sie trat mit dem rechten Fuß zu, ihre Ferse traf ihn zwischen den Augen auf der wulstigen Stirn. Er ließ los.
    Von Ast zu Ast huschte sie, höher und höher. Er hinterher.
    Äste brachen unter seinem Gewicht. Er grunzte gierig, versuchte nach ihren Füßen zu greifen. Doch sie war flink, flinker als der Koloss mit dem schwarzen Fell und in dem harten Lederharnisch. Sie entwischte ihm; einmal, zweimal, wieder und wieder.
    Dann aber erreichte sie den Wipfel des Urwaldriesen. Sie überblickte das Blätterdach des Dschungels, sah die hellen Wolken wie große Tiere über sich durch den blauen Himmel ziehen. Zu ihrer Rechten stieg die Bergflanke an, hoch über ihr ragte der noch immer rauchende Gipfel des Weißen Berges auf, und zu ihrer Linken, auf der anderen Seite der Talschneise, schlängelte sich ein Serpentinenpfad den Waldhang hinauf.
    Die beiden Äste, zwischen denen sie mit gespreizten Armen und Beinen hing, schwankten bedrohlich hin und her. Der Schwarze griff nach den Ästen und schüttelte sie. Wie eine reife Frucht wollte der Subabak sie aus der Baumspitze schütteln.
    »Nein!« Lay schrie und fauchte. »Weg, Borr Zilverbak!«
    Lay trat und spuckte nach ihm. »Borr! Bös! Weg, Subabak! Nein!« Viele Worte standen ihr nicht zur Verfügung.
    Wieder erwischte der schwarze Hüne ihren Knöchel. Er zerrte an ihrem Bein, grunzte sein sehnsüchtiges »Lay«. Sie beschimpfte ihn, fluchte nach Kräften, trat und spuckte.
    Plötzlich nahm sie eine Bewegung im gegenüberliegenden Berghang wahr. »Sieh!«, zischte sie. »Fremde!« Er ließ tatsächlich los, bog das Geäst auseinander und spähte über das Tal hinweg.
    Große zottelige Höckertiere trotteten über den Pfad, dunkelbraun. Einige trugen Reiter. Und schließlich ein massiges Tier mit dunklem Langhaarfell, Stoßzähnen und Rüssel. »Efrant!«, knurrte Borr. »Jau, Fleisch…!«
    Er wiederholte die Worte laut und winkte dabei nach allen Seiten. Die Antworten ließen nicht lange auf sich warten. »Jau! Fleisch!«, tönte es aus dem Blätterwall. »Beute! Jau, Subabak, jau! Efrantenfleisch, jau…!«
    Subabak Borr und die Menschenfrau Lay schwangen sich von Ast zu Ast durch die dichte Krone hinunter bis zum nackten Stamm und dann über die unteren, weit ausladenden Äste bis auf den Boden. Dort, neunzig Meter unter dem Wipfel des Urwaldriesen, sammelten sich nach und nach die anderen: Dutzende schwarzer, pelziger Zilverbaks und vier oder fünf fast nackte Menschen…
    ***
    Kilimandscharo, Tansania, 3. März 2012
    Der schwergewichtige Mann stürmte aus dem Schott und warf sich zwischen die niedergebrannten Büsche, die vor wenigen Wochen noch den Ausgang des Lüftungsschachts getarnt hatten. Irgendwo hinter ihm unter dem Kuppelbau donnerte eine Explosion. Major Mogbar versuchte die Bunkerzugänge zu sprengen.
    Der massige Brite mit dem silbergrauen Lockenkopf beugte sich über das Gitterrost des Schachtausgangs. »Lasst uns rein!«, brüllte er. »Der Kilimandscharo bricht aus!« Percival war sicher, dass man ihn hörte da unten.
    Neben ihm sank Leila Dark zu Boden und atmete schwer.
    Es war düster, dennoch glaubte Percival zu sehen, dass ihr Gesicht aschfahl war. Sie packte ihn an der Schulter. »Komm mit zum Helikopter!«, schrie sie. »Komm mit mir!«
    Percival blickte nach Nordosten zum Kilimandscharomassiv. Der Berg schien zu brennen. »Wir schaffen es nicht!«, krächzte er. Der Vulkan leuchtete, als würde die Sonne aufgehen.
    »Wir müssen es versuchen!« Leila stand auf und zerrte an ihm. »Komm schon, Tom! Komm mit mir…!«
    »Lassen Sie uns in den Bunker, van der Groot!«, schrie Percival. Er hielt sich am Schacht fest. »Wir erfüllen jede Bedingung! Öffnen sie den Lift!« Vergeblich versuchte Leila ihn vom Lüftungsschacht wegzuzerren. Sie weinte laut und er brüllte wie von Sinnen. »Der Kilimandscharo ist ausgebrochen! Eine Lavafront rollt auf uns zu! Lassen Sie uns hinein!« Eine Sturmböe fegte über sie hinweg, die heiße Luft brannte ihm in der Nase.
    »Wie viele seid ihr?!«, drang eine Frauenstimme dumpf aus dem Gitterrost.
    »Nicht ganz zweihundert!«, schrie Percival. Für einen Moment schöpfte er Hoffnung. Auch Leila hatte aufgehört, an ihm zu zerren. »Wir werden alle umkommen, wenn Sie uns nicht reinlassen!«, brüllte er heiser. Die Luft schien plötzlich zu glühen.
    Am Schott des Kuppelbaus erschien
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