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212 - Beim Stamm der Silberrücken

212 - Beim Stamm der Silberrücken

Titel: 212 - Beim Stamm der Silberrücken
Autoren: Jo Zybell
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kühlte ein wenig ab. Hinter Percival, im Passagierraum, weinten und beteten die Frauen. Eine Männerstimme fluchte vor sich hin.
    Dagobert.
    »Wohin?«, fragte Percival mit tonloser Stimme.
    »Auf kenianisches Gebiet«, sagte Mogbar. »Der Vulkan ist auf der Südseite des Bergmassivs ausgebrochen, und die Lava strömt nach Süden und Westen. Wir landen bei irgendeinem Dorf an irgendeinem Fluss, ganz egal…«
    »Irgendein Dorf, irgendein Fluss«, wiederholte Percival flüsternd. Auf der Schwelle der Luke zwischen Cockpit und Passagierraum sank er zu Boden und verbarg sein breites Gesicht in seinen großen fleischigen Händen. »Ganz egal…«
    Er hatte keine Hoffnung mehr.
    »Verdammt!«, zischte Major Mogbar etwa eine Stunde später. »Was sind das für Positionslichter dort über dem Fluss?«
    »Ein Flugzeug«, sagte Kayonga, der Copilot. »Es versucht eine Notlandung…«
    ***
    Kilmaaro, März 2524
    Rönee und Lysambwe stiegen die Anhöhe hinauf. Die vier überlebenden Gardisten folgten dicht hinter ihnen. Junge Kerle waren das, zwei von ihnen zogen das störrische Gnak. Das Tier war erschöpft.
    Auf seinem Rücken hielt sich die geschwächte Almira am Sattelbügel fest. Matt Drax und Rulfan folgten als Nachhut.
    Der blonde Mann aus der Vergangenheit hielt seinen Laserblaster schussbereit und der Albino aus Salisbury schulterte seine breite Machete.
    Wie ein Tentakel zog sich der nur mäßig bewachsene Erdwall vom Gipfel aus den Waldhang hinunter. Ein typisches Landschaftsmerkmal hier an der Südwestflanke des Kilimandscharo-Massivs.
    Aus dem Krater zogen Rauchschlieren. Wenn er Hauptmann Lysambwe richtig verstanden hatte, war es erst ein paar Monate her, dass der Vulkanberg ausgebrochen war.
    Inzwischen war die Lava erkaltet und begehbar; die Spuren der Zerstörung, die sie hinterlassen hatte, würden aber noch für Jahre zu sehen sein.
    Auf dem Kamm des Erdwalls angelangt, blickten Rönee und Lysambwe erst einmal zurück. Das taten sie oft, mindestens einmal in der Stunde. Jeder der sieben Männer tat das, um genau zu sein, die jungen Gardisten sogar noch öfter.
    Zurück. Dorthin, wo hinter zahllosen Talschneisen und Bergkämmen das zerstörte Dorf Gambudschie lag; wo fünf kaiserliche Gardisten unter dem Ansturm der abscheulichen Gruh ums Leben gekommen waren; wo sie die fünfzig entsetzlichen Feinde durch eine Kriegslist hatten töten können.
    [1] Obwohl drei Tage Fußmarsch sie inzwischen von dem zerstörten Dorf und der Asche ihrer Gegner trennten, steckten der Kampf und der Schrecken noch allen in den Knochen. Und wusste man denn, ob sich mittlerweile nicht ein neues Heer von Untoten zusammengerottet hatte, um sie zu verfolgen?
    Nein, das wusste niemand. Auch Rulfan und Matt blickten misstrauisch zurück, als sie auf dem Kamm des Erdwalls angekommen waren.
    »Sie sind tot«, sagte Rönee mit deutlich verächtlichem Unterton. Das letzte Wort spuckte er förmlich aus. Der hoch gewachsene Bursche, dessen schwarze Haut in einem kaum zu fassenden Kontrast zu seinem naturroten Lockenkopf stand, wandte sich um und deutete nach Süden. »Hinter diesen Bergzügen werden wir sie wieder treffen, diese halbverfaulten Hyänenbäuche, diese Wurmfraßgestalten!« Seine Faust schloss sich um den Elfenbeingriff seines Dolches. »Dort werden wir ihnen ihre mörderische Gier heimzahlen!«
    Keiner der anderen antwortete ihm, alle blickten sie südwärts. In dieser Richtung lag Bergkamm hinter Bergkamm, und Dunstschwaden hingen über dem Dschungel. Die Ebene, die sich im Westen und im Süden an das Bergmassiv anschloss, war nicht zu erkennen.
    »Wie weit noch?«, wollte Matthew Drax wissen.
    »Wenn wir weiter so gut vorankommen, erreichen wir Kilmalie in drei bis vier Tagen«, sagte Lysambwe. Ein paar Laubblätter hingen in seinem schwarzen Krauskopf. Der blaue Rock seiner Uniform war mit alten Blutflecken übersät. Seine ehemals weißen Strümpfe waren schmutzig bis über die Riemen seiner blauen Kniebundhosen. »Von dort bis zur Versorgungsstation und Orleans-à-l’Hauteur sind es noch einmal ein bis zwei Stunden.«
    »Orleans-à-l’Hauteur« hieß eine jener Wolkenstädte, die Kaiser Pilatre de Rozier erbaut hatte – jener Mann, den sie zu finden hofften. Eine Wolkenstadt hatten Rulfan und Matt bereits betreten. Wie Rönee ihnen berichtet hatte, besaß Toulouse-à-l’Hauteur keinen guten Ruf, was den beiden stark untertrieben schien – sie hatten ihren Besuch dort beinahe mit dem Leben bezahlt. [2]
    Sie konnten nur
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