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Eiszeit

Eiszeit

Titel: Eiszeit
Autoren: Dean R. Koontz
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gestanden hatte, genoß er noch das Gefühl des Windes auf seinem Gesicht. Er roch sauber und so viel besser als die Dosenluft des U-Boots. Und er war weder so kalt noch so scharf, daß George Erfrierungen befürchten mußte, was eine gewaltige Verbesserung gegenüber dem Wetter darstellte, in dem er die letzten paar Monate verbracht hatte.
    Von einer Schar Reporter verfolgt, schritt er am Rand des Kais energisch auf und ab. »Dieses Schiff«, sagte er. »Ist das nicht ein wunderbarer Anblick?«
    Das U-Boot lag hinter ihm an einem Ankerplatz für Hochseeschiffe und hatte eine riesige russische und — aus reiner Höflichkeit — eine beträchtlich kleinere schottische Flagge gehißt. Achtundsechzig Besatzungsmitglieder standen, alle mit marineblauen Pijacken bekleidet, während der zeremoniellen Inspektion in zwei gegenüberstehenden Reihen auf dem Hauptdeck stramm. Nikita Gorow, Emil Schukow und die anderen Offiziere sahen in ihren Uniformen und den grauen Winterausgehmänteln mit den Messingknöpfen einfach prachtvoll aus. Eine Reihe weiterer Würdenträger befand sich auf der Brücke und dem mit einem Geländer versehenen Landungssteg, der das U-Boot mit dem Dock verband: ein Repräsentant der Regierung Ihrer Majestät, der russische Botschafter in England, zwei Adjutanten des Botschafters, der Bürgermeister von Dundee, zwei Repräsentanten der Vereinten Nationen und eine Handvoll Funktionäre von der russischen Handelsvertretung in Glasgow.
    Einer der Fotografen bat George, neben einer verwitterten Verpfählung mit der Ilja Pogodin als Hintergrund zu posieren. Mit einem breiten Lächeln tat er ihm den Gefallen.
    Ein Reporter fragte ihn, wie es sei, auf den Titelseiten der Zeitungen in aller Welt als Held bezeichnet zu werden.
    »Ich bin kein Held«, sagte George sofort. Er drehte sich um und zeigte auf die Offiziere und Besatzungsmitglieder des Schiffes hinter ihm. »Das da sind die Helden.«
     
    [2] -  20. JANUAR STATION EDGEWAY
    Während der Nacht ließ die Windgeschwindigkeit zum erstenmal seit fünf Tagen nach. Gegen Morgen schlugen keine Eisnadeln mehr gegen das Dach und die Mauern des Kommunikationsschuppens, und weiche Schneeflocken trieben wieder durch die Luft. Die heftigen Stürme im äußersten Nordatlantik hatten sich aufgelöst.
     
    Kurz nach zwei Uhr an diesem Nachmittag stellte Gunvald Larsson endlich Kontakt mit der Militärbasis der Vereinigten Staaten in Thule, Grönland, her. Der amerikanische Funker erklärte ihm sofort, daß das Projekt Edgeway für den Rest des Winters über eingestellt worden war. »Wir wurden gebeten, Sie von der Eisdecke zu holen. Wenn wir wirklich das gute Wetter bekommen, das man uns vorhergesagt hat, könnten wir übermorgen bei ihnen sein. Reicht Ihnen das, um die Gebäude zu verschließen und die Maschinen auszuschalten?«
    »Ja, das reicht mir dicke«, sagte Gunvald, »aber um Gottes willen, was kümmert mich das? Was ist aus den anderen geworden? Haben sie überlebt?«
    Dem Amerikaner war seine Gedankenlosigkeit peinlich. »Oh, tut mir leid. Das konnten Sie natürlich nicht wissen, so isoliert, wie Sie sind.« Er las zwei der Zeitungsmeldungen vor und fügte dann hinzu, was er darüber hinaus noch wußte.
    Nach fünf Tagen der ununterbrochenen Anspannung kam Gunvald zum Schluß, einen Anlaß zum Feiern zu haben. Er zündete seine Pfeife an und holte den Wodka hervor.
     
    [3]  25. JANUAR - E-MAIL-NACHRICHT VON MONTEGO BAY, JAMAIKA NACH PARIS, FRANKREICH
    Claude, Franz und ich trafen am 23. Januar hier ein. Innerhalb der ersten Stunde nach unserer Ankunft bezeichneten uns sowohl der Taxifahrer, der uns vom Flughafen hierher fuhr, als auch der Hotelportier als ›unwahrscheinliche Gruppe‹ — Mann, die kennen nicht mal die Hälfte der Geschichte.
    Ich kann nicht genug Sonne kriegen. Sogar ich werde braun.
    Ich glaube, ich habe die Frau meiner Träume kennengelernt. Sie heißt Majean. Franz wurde in der Bar von einer modernen Frau abgeschleppt, die nicht an die übliche Rollenverteilung glaubt, und muß noch lernen, daß sie auch mal eine Tür selbst aufmachen darf, wenn sie unbedingt darauf besteht. Er kommt ganz beschissen damit zurecht, und manchmal streiten sie sogar, wer die Tür aufmacht, aber er lernt es langsam. Claude scheint sich mittlerweile ständig in der Gesellschaft einer achtundzwanzigjährigen Blondine zu befinden, die ihn für unbeschreiblich süß hält und wegen seines französischen Akzents bald in Ohnmacht fällt.
    Wir sprechen
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