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Eismord

Eismord

Titel: Eismord
Autoren: Giles Blunt
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ging, die Beretta schussbereit, auf ein Knie.
    »Sehr beeindruckend«, sagte der Mann. Er war etwa Ende fünfzig, beträchtlich größer als Cardinal, hatte kurzes Haar und auch sonst etwas Militärisches in seinem Aussehen. Eine Schrotflinte an der Schulter – die ideale Waffe für diese Situation. Schieß eine ganze Ladung Schrot in den Raum, und niemand entwischt dir.
    »Curtis Winston«, sagte Cardinal.
    »Unerheblich, wer wir sind. Es zählt nur,
was
wir sind.«
    »Ich weiß, was Sie sind, und ich verhafte Sie.«
    Der Mann kam näher heran. »Cop«, sagte er. »Der Lakai der Gesellschaft. Speichellecker. Eine nutzlose Stütze des Status quo.«
    »Irgendjemand muss den Müll wegräumen.«
    »Müll ist Material, das Sie persönlich nicht zu schätzen wissen. Andere sehen das vielleicht anders.«
    »Legen Sie die Waffe weg.«
    »Nein.«
    »Sie kommen hier nicht raus.«
    »Vielleicht überschlagen Sie noch mal, wer hier im Vorteil und wer im Nachteil ist. Schrotflinte gegen Pistole. Erbärmlicher kleiner Cop gegen … was? Eine Naturgewalt. Eine Familie, die zusammensteht.«
    »Ich würde Sie nicht als Familie bezeichnen.«
    »Sondern als was?«
    »Legen Sie einfach die Waffe weg.«
    »Negativ. Wie würden Sie uns nennen?«
    »Ich kann keine ›uns‹ sehen. Ich sehe nur einen Gangster ohne Gang.«
    »Familie, nicht Gang. Unsere Loyalität geht tiefer. Und jetzt lassen Sie die Beretta fallen.«
    Eine Gestalt mit Kapuze kam durch die Seitentür herein. »Vor dem Mädchen musst du dich in Acht nehmen«, sagte sie zu Cardinal. »Nicht vor Papa.«
    »Hallo, Donna«, sagte Cardinal.
    »Du bist offenbar nicht überrascht, mich zu sehen.«
    Der Mann, den sie Papa nannte, war es umso mehr. »Christine«, sagte er, während er weiterhin auf Cardinal zielte. »Christine, was machst du denn hier? Hast du die Regeln vergessen?«
    »Ich kenne die Regeln«, sagte sie. »Wenn du die Familie verlässt, ist es für immer.« Sie drehte sich zu Cardinal um. »Wie hast du’s rausgekriegt?«
    »Mendelsohn. Du hast ihn getötet, weil du wusstest, dass er dich erkennen würde. Du hast die Fotos aus seiner Akte genommen. Allerdings verstehe ich nicht, wieso du den Jungen am Geldautomaten ermordet hast.«
    »Er wollte mir nicht sagen, wo Papa steckt.«
    »Du tötest ein Kind? Um Papa-Bär ganz für dich allein zu haben? Bist du so verzweifelt darauf versessen, dich diesem Kerl noch mal an den Hals zu werfen?«
    »Nicht an den Hals zu werfen. Ihn zu töten.« Sie drückte Papa ihre Pistole an den Kopf. »Er wird nicht schießen. Papa schießt nie auf jemanden.« Sie nahm Papa die Schrotflinte weg und trat um ihn herum. Er sah sie mit hasserfüllten Augen an. »Du bist nicht gerade leicht zu finden«, sagte sie.
    »Du hast einen Cop hierhergeführt? Bist du eine derartige Verräterin, Christine?«
    »Es war andersherum«, sagte Cardinal. »Sie ist mir gefolgt. Hat auch versucht, mich zu erschießen, falls das für Sie irgendwie von Trost ist.«
    »Um dich abzuschrecken«, sagte Donna. »Wenn ich dich hätte töten wollen, wärst du jetzt tot.«
    »Das stimmt«, bestätigte Papa. »Darf ich Sie mit Christine Rickert bekannt machen – der besten Schützin, die ich je gesehen habe. Beste Fährtenleserin, beste Kämpferin, die Beste, die ich je ausgebildet habe. Es hat mir das Herz gebrochen, als du die Familie verlassen hast.«
    »Familie«, sagte Donna. »Immer Familie. Was für ein Witz.«
    »Was willst du, Christine?«
    »Ich will mein Leben zurück,
Papa.
«
    Papa lachte. »Ich hab dir dein Leben zurückgegeben. Vor Jahren. Was warst du denn? Eine jugendliche Straftäterin. Eine Kleinkriminelle. Drogendealerin, Stricherin, menschlicher Abschaum. Wir haben dich aufgenommen, dir ein Zuhause gegeben, das Gefühl, dazuzugehören, etwas, woran du glauben kannst. Du hättest alles werden können bei einer Spezialeinheit, oder du wärst Undercover-Cop geworden, unfehlbarer Todesschütze. Wir haben dich so lange trainiert, bis du das Beste aus dir herausgeholt hast.«
    »Mich darauf abgerichtet, gnadenlos zu töten.«
    »Darin warst du gut. Du warst die Beste.«
    »Mich dazu erzogen, dass eine Kugel die Antwort auf die kleinste Unannehmlichkeit ist.«
    Winston zuckte die Achseln. »Dann hast du es also weggeworfen. Und was bist du jetzt?«
    »Daddys Mädchen.«
    »Du bist nichts. Du bist eine Null.«
    »Du hast mich nach deinem Bild geformt. Mich zum Abschlachten von Menschen erzogen. Ich hab nie gelernt, der Welt anders zu begegnen. Was
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