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Eiskalter Sommer

Eiskalter Sommer

Titel: Eiskalter Sommer
Autoren: Wolf S. Dietrich
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dem Hafenbecken gefischt und ins Krankenhaus gebracht worden. Er würde frühestens in vierundzwanzig Stunden vernehmungsfähig sein. Ostendorff war nicht wieder aufgetaucht und blieb auch telefonisch unerreichbar.
    Christiansens Blick wanderte zwischen den beiden Kriminalbeamten hin und her. „Wenn ich Sie richtig verstanden habe, kommt auch dieser Bohm nicht als Täter in Frage. Stattdessen suchen wir nach einer Person, die irgendetwas über die Geschehnisse auf einem Bauernhof weiß, auf dem sich sowohl die beiden Mordopfer als auch Ostendorff an dem Wochenende aufgehalten haben, an dem Bohms Vater in seinem Autor erfroren ist.“
    „So ist es“, bestätigte Hauptkommissar Röverkamp. „Es sollte nicht schwer sein, den Hof zu finden. Und vielleicht erfahren wir dann auch, was sich damals dort abgespielt hat. Allerdings glaube ich nicht, dass wir viel Zeit für entsprechende Recherchen haben. Wenn Ostendorff nicht während der nächsten Stunden auftaucht, müssen wir damit rechnen, dass er das dritte Opfer wird.“
    Christiansen nickte. „Die Fahndung läuft. Alle verfügbaren Einsatzkräfte suchen nach seinem Wagen. Zwei Beamte warten vor seinem Haus. Wir können im Augenblick nicht mehr für ihn tun.“
    „Aber wir können in der Zwischenzeit etwas anderes versuchen“, warf Marie Janssen ein. „Ich habe vielleicht eine Idee.“ Sie begann die Unterlagen aus dem Zeitungsarchiv zu durchsuchen. „Da war doch noch eine Todesanzeige. Und ein Bericht über ein Feuer auf einem Bauernhof. Augenblick ...“
    „Hier!“ Triumphierend hielt sie zwei kopierte Zeitungsseiten hoch. „Claas Clasen, Landwirt. Steht neben der Anzeige von Erik Bohm. Und auf dieser Seite ... Hier ist es.“

    Beim Brand eines Stallgebäudes auf einem Aussiedlerhof in der Nähe von Debstedt starb der Landwirt in den Flammen, als er versuchte, seine Rinder zu retten. Dorfbewohner fanden später die verendeten Tiere im Umkreis des Hofes im Schnee. Die Tochter des Bauern war schwer verletzt und nicht ansprechbar.

    Erwartungsvoll sah Marie ihre Kollegen an. „Wer weiß, was da wirklich passiert ist. Wenn wir die Frau finden, haben wir vielleicht die Lösung. Eine Frau die Clasen heißt.“
    „Oder hieß.“ Röverkamp klang skeptisch.
    „Immerhin.“ Kriminaloberrat Christiansen wiegte den Kopf. „Ich finde, es ist einen Versuch wert. Machen Sie sich an die Arbeit, Frau Kollegin?“
    Marie nickte eifrig. „Sofort.“
    „Gut.“ Christiansen erhob sich. „Wenn Sie meine Hilfe brauchen, melden Sie sich. Ich bleibe die Nacht über in meinem Büro.“

    *

    Der Unbekannte dirigierte ihn durch die nächtlichen Straßen aus der Stadt, ließ ihn mehrmals abbiegen und über schmale Straßen und Wege fahren, die Ostendorff nicht kannte. Mal glaubte er sich in der Oxstedter Heide, mal in den Nordholzer Tannen. Dann wieder passierten sie Wiesen und Äcker.
    „Wer sind Sie und was wollen Sie von mir?“, fragte er heiser.
    „Ruhe!“, entgegnete der Mann. In einem von hohem Gebüsch begrenzten Hohlweg ließ er ihn anhalten. „Los, raus! Jetzt geht’s zu Fuß weiter.“
    Ostendorff dachte an die Pistole in seiner Hosentasche und überlegte, wie er sie unauffällig in die Hand bekommen konnte. Doch der Mann blieb hinter ihm und stieß ihm seine Waffe in den Rücken.
    Sie stolperten eine Weile durch die Dunkelheit. Plötzlich versperrte eine Gartenpforte den Weg. „Weiter!“, kommandierte der Unbekannte und stieß Ostendorff gegen die niedrige Tür. Sie schwang knarrend zur Seite und gab den Weg auf ein verwildertes Grundstück frei. Nach einigen Schritten stießen sie auf ein niedriges fensterloses Gebäude.
    Er wurde durch eine Stahltür gestoßen, die hinter ihm ins Schloss fiel. Sie standen in einem dunklen, stickigen Raum, in dem es nach Fisch roch. Der unbekannte Mann drückte noch immer seine Pistole in Ostendorffs Rücken.
    Plötzlich flammte eine Lampe auf. In ihrem schwachen Schein erblickte Ostendorff ein seltsames Szenario. Zwischen altem Ackergerät und Gerümpel stand ein niedriger Kühltresen, wie man ihn in Supermärkten und anderen Verkaufsräumen fand. Das zerschrammte und verbeulte Gerät schien noch zu funktionieren, denn von ihm ging nicht nur der Fischgeruch, sondern auch das gleichmäßige Brummen eines Kühlaggregats aus.
    Schlagartig wurde ihm klar, was ihn erwartete. Obwohl er schwitzte, begann sein Körper unkontrolliert zu zittern. Vorsichtig schob er die Hände in die Hosentaschen und umklammerte die
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