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Eiskalter Sommer

Eiskalter Sommer

Titel: Eiskalter Sommer
Autoren: Wolf S. Dietrich
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zahlreiche, möglicherweise sogar leichter auszuführende Möglichkeiten, sein Ziel zu erreichen. Aber nachdem zwei Mitglieder des Trios so wirkungsvoll abgetreten waren, erschien es ihm nur konsequent, an seiner Methode festzuhalten.
    Zufrieden verschloss er die Tür, vergewisserte sich, dass ihn niemand beobachtete, und schlenderte zur Straße, wo er sein Motorrad abgestellt hatte.
    Eine halbe Stunde später hatte er den silbernen Mercedes wiedergefunden. Inzwischen kannte er die Strecken, auf denen der Fahrer pendelte, und war mit dessen Gewohnheiten so weit vertraut, dass er die Verfolgung jederzeit unterbrechen und ziemlich sicher wieder aufnehmen konnte.

    *

    Ostendorff fuhr deutlich langsamer als sonst. Zum einen blieb ihm noch reichlich Zeit bis zu seiner Verabredung mit Daniel Bohm, zum anderen empfand er eine zunehmende Erregung. Obwohl er entschlossen war, sein Vorhaben in die Tat umzusetzen, nagten Zweifel in ihm. Wenn Bohm es sich anders überlegt hatte? Wenn er gar nicht mehr in seiner Wohnung war? Wenn er die Polizei eingeschaltet hatte?
    Immer wieder versuchte er, sich den Ablauf vorzustellen. Sie würden in einer der Hafenkneipen etwas essen. Und trinken. Möglichst viel trinken. Jedenfalls Bohm. Alles würde leichter, wenn der Mann vom Alkohol benebelt wäre.
    Wenn sie aus der Kneipe kämen, würde er Bohm zum alten Fischereihafen dirigieren. Dort würden um diese Zeit kaum noch Menschen anzutreffen sein. Am Nordseekai würde es passieren. Ein Schuss würde vielleicht Aufmerksamkeit erregen. Besser wäre, er würde ihn mit der Pistole niederschlagen. Dann den Anker ... Ostendorff trat auf die Bremse. Ich kann nicht erst dann losgehen und den Anker holen. Er bog ab und lenkte den Wagen zurück in Richtung Hafen. Das Gewicht zum Beschweren seines Opfers würde er vorher dort verstecken.

    *

    Als es an der Tür klingelte, hatte Daniel Bohm eine Eingebung. Er nahm die Visitenkarte des Kriminalbeamten und tippte dessen Mobilfunknummer in sein Handy. Dann drückte er die Wähltaste, wartete einige Sekunden und legte wieder auf.
    Ostendorff erwartete ihn an seinem Wagen. Als Bohm sich näherte, breitete er die Arme aus. „Es freut mich, dass wir so kurzfristig zueinander kommen. Steigen Sie ein. Ich habe jetzt Hunger. Und Durst. Sie doch sicher auch.“

21
    Stabsunteroffizier Detlev Burmester scheute Schriftverkehr und hasste es, Formulare auszufüllen oder Berichte zu schreiben. Wenn er die drei traurigen Gestalten, die von zwei Wachsoldaten bei ihm abgeliefert worden waren, melden würde, käme eine Papierflut auf ihn zu, die geeignet war, ihm den Tag zu verderben.
    Andererseits ging er ein schwer zu kalkulierendes Risiko ein, wenn er den Vorfall unter den Tisch fallen ließ. Würde es sich um Zeit- oder Berufssoldaten oder gar Offiziersanwärter handeln, hätte er nicht gezögert und sofort und mit innerer Freude begonnen, die notwendigen Schritte zu einer Disziplinarmaßnahme einzuleiten. Aber hier handelte es sich um Wehrpflichtige die – wie sie glaubhaft versicherten – einen Freund in Uelzen besucht hatten und dort von der Schneekatastrophe überrascht worden waren. Sie hatten sich bisher nichts zuschulden kommen lassen, und wenn er für eine Diszi sorgte, würde nicht viel mehr als eine Ermahnung und ein Sonderdienst für jeden rauskommen.
    Missmutig musterte er die durchgefrorenen und sichtlich erschöpften jungen Männer, von deren Parkas Eis- und Schneewasser auf die Dielen des UvD-Zimmers tropften. Er dachte nach. Könnte er nicht angesichts der katastrophalen Wetterlage eine gewisse Großzügigkeit an den Tag legen? Und vor allem: Ließ er sie laufen, waren sie ihm verpflichtet. Aber weder mit einem Abiturienten noch mit einem Koch konnte er etwas anfangen. Allenfalls der Elektroinstallateur konnte ihm nützlich sein. In dem alten Haus in der Innenstadt, das Burmester von seinen Eltern übernommen hatte, mussten dringend Leitungen, Lichtschalter und Steckdosen erneuert werden. Da konnte ein Fachmann hilfreich sein.
    Das gab den Ausschlag. Aber der Form halber musste er noch ein wenig zögern. „Warum seid ihr nicht einfach ganz normal durchs Tor gegangen?“
    Die Männer sahen sich an. „Dann wären wir zu spät gekommen“, antwortete der Gefreite Evers. „Hinten rum ging’s schneller.“
    „Ist euch klar, dass ihr euch damit in Gefahr gebracht habt? Ein nervöser Wachsoldat hätte schon mal abdrücken können.“
    Betreten nickten die Männer und senkten die
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