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Eisenhand

Eisenhand

Titel: Eisenhand
Autoren: Lindsey Davis
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sie hatte schmale Hände, ein reizendes Näschen und dazu die zarte Haut und die feinen Brauen eines Kindes. Innerlich allerdings war Silvia ganz und gar nicht zartbesaitet, was ihre herzhaft schlechte Meinung von mir bewies.
    »Wie geht es Helena, Falco? Hat sie dich schon verlassen?«
    »Noch nicht, nein.«
    »Kommt schon noch«, versprach Silvia.
    Das war Flachserei, wenn auch recht bissige, weshalb ich mich tunlichst bedeckt hielt. Ich bat sie, Petro auszurichten, daß ich gegenwärtig nicht gerade ausgebucht sei, dann verdrückte ich mich schleunigst.
    Da ich schon mal in der Gegend war, schaute ich gleich noch bei meiner Mutter vorbei; Ma machte Besuche. Ich war nicht in der Stimmung, mir die Klagen meiner Schwestern über ihre Männer anzuhören; deshalb beschloß ich, meine Verwandten für heute abzuschreiben (was mir nicht schwerfiel), und ging heim.
    Dort empfing mich eine alarmierende Szene. Ich hatte eben das stinkende Gäßchen von Lenias Wäscherei überquert, der diebischen Billigreinigung, die sich im Erdgeschoß unseres Hauses befand, als ich einen Trupp hartgesottener Flegel bemerkte, die, in schimmernder Brustwehr, an der Treppe herumlungerten – offenbar sehr bemüht, nicht aufzufallen. Eine schwere Aufgabe, denn allein die Schlachtszenen auf ihren Harnischen waren so auf Hochglanz poliert, daß eine Wasseruhr davor stehengeblieben wäre, von Passanten ganz zu schweigen. Zehn neugierige Kinder hatten schon einen Kreis um sie gebildet, begafften ihre scharlachroten Federbüsche und forderten sich gegenseitig zu der Mutprobe heraus, den mächtigen Männern einen Stecken zwischen die Schnürsenkel zu bohren. Es waren Prätorianer, die kaiserliche Leibwache. Der ganze Aventin wußte bestimmt schon, daß sie vor meiner Tür standen.
    Ich konnte mich nicht entsinnen, in letzter Zeit beim Militär angeeckt zu sein; deshalb setzte ich eine Unschuldsmiene auf und ging weiter. Außerhalb ihrer gewohnten vornehmen Umgebung wirkten die Helden ziemlich nervös. Es überraschte mich daher nicht, als ich am Eingang barsch von zwei gekreuzten Speeren angehalten wurde.
    »Ruhig, Jungs, daß ihr mir nur ja keinen Faden zieht – diese Tunika soll noch ein paar Jahre halten …«
    Ein Wäschereimädchen, das aus dem dampfenden Verschlag gestürmt kam, trug auf dem Gesicht ein spöttisches Lächeln und im Arm einen Korb voll besonders widerlicher, ungewaschener Klamotten. Das höhnische Lächeln galt mir.
    »Na, Freunde von dir?« fragte sie spitz.
    »Beleidige mich nicht! Die Herren wollen sicher einen Übeltäter verhaften und haben sich verlaufen.«
    Die Wache war offenbar nicht hier, um jemanden festzunehmen. Nein, irgendein Glückspilz in diesem verkommenen Winkel der Stadt hatte Besuch von einem Mitglied der kaiserlichen Familie, und zwar inkognito – abgesehen von der auffallenden Entourage natürlich.
    »Was ist denn hier los?« fragte ich den kommandierenden Zenturio.
    »Streng vertraulich – gehen Sie gefälligst weiter!«
    Inzwischen hatte ich erraten, wer das Opfer war (ich) und was hinter dem hohen Besuch steckte (man wollte mich überreden, den Auftrag in Germanien anzunehmen, vor dem Momus mich gewarnt hatte). Mir schwante alles mögliche. Wenn der Auftrag so speziell oder so dringend war, daß er einen derartigen personellen Aufwand rechtfertigte, dann würde er bestimmt auch Anstrengungen erfordern, wie sie mir verhaßt waren. Wer von den Flaviern mochte es wohl gewagt haben, seine fürstlichen Zehen in den stinkenden Morast unserer Gasse zu stecken?
    Kaiser Vespasian stand zu hoch im Rang und war sich dessen auch zu sehr bewußt, um sich einfach unters Volk zu mischen. Außerdem war er schon über sechzig und hätte die vielen Treppen in meinem Haus bestimmt nicht mehr geschafft.
    Seinem jüngeren Sohn Domitian war ich einmal flüchtig begegnet, als ich ein schmutziges Geschäft des jungen Cäsar aufgedeckt hatte. Seither wäre es ihm am liebsten, wenn ich von der Erdoberfläche verschwinden würde, und ich wünschte ihm umgekehrt von Herzen das gleiche, aber offiziell und auf gesellschaftlichem Parkett ignorierten wir einander.
    Blieb nur Titus.
    »Titus Cäsar zu Besuch bei Falco?« Impulsiv genug war er dafür. Um dem Offizier klarzumachen, daß ich solche Geheimnistuerei verabscheute, schob ich die eindrucksvoll polierten Speerspitzen behutsam auseinander und sagte: »Ich bin Marcus Didius. Ihr solltet mich passieren lassen, damit ich erfahre, welche Freuden die Bürohengste auf dem Palatin
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