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Eisenhand

Eisenhand

Titel: Eisenhand
Autoren: Lindsey Davis
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sie mit einem beidhändigen Schubs, der mich rücklings aus dem Bett beförderte. »Wir müssen essen, Marcus. Geh und such dir eine Arbeit!«
    »Und was machst du inzwischen?«
    »Ich werde mir stundenlang das Gesicht anmalen, für den Fall, daß mein Liebhaber zu Besuch kommt.«
    »Wenn das so ist, dann verschwinde ich und überlasse ihm das Feld.«
    Das mit dem Liebhaber war natürlich nur Frotzelei. Ich hoffte es wenigstens.

II
    Auf dem Forum ging das Leben seinen gewohnten Gang. Unter den Anwälten herrschte Panik. Der letzte Augusttag ist auch der letzte Termin zur Vorlage neuer Fälle vor der Winterpause; folglich ging es in der Basilika Julia zu wie in einem Bienenstock. Wir schrieben mittlerweile die Nonen des September, und die meisten Advokaten – noch rosig angehaucht vom Urlaub in Baiae – beeilten sich, rasch ein paar drängende Fälle zu klären, um ihr Image aufzupolieren, bevor die Gerichte dichtmachten. Überall auf der Rostra hatten sie ihre lärmenden Schlepper verteilt, die Stimmungsmacher anheuerten, in die Basilika zu stürmen und die Gegenpartei auszupfeifen. Ich drängte sie beiseite.
    Im Schatten des Palatin folgte eine gemächliche Prozession von Funktionären eines Priesterkollegiums einer ältlichen, weißgewandeten Jungfrau ins Haus der Vestalinnen. In ihrem Blick lag der Hochmut einer schwachsinnigen Alten, der Männer, die es besser wissen sollten, den lieben langen Tag Respekt zollen. Auf den Stufen der Tempel von Saturn und Castor drängten sich derweil sexbesessene Faulenzer und verschlangen alles (nicht nur das Weibervolk), was ein paar kesse Pfiffe wert schien, mit ihren Blicken. Ein wutschnaubender Ädil hetzte seine Meute auf einen Betrunkenen, der den Fehler begangen hatte, ausgerechnet auf der Sonnenuhr vor dem Goldenen Meilenstein umzukippen. Das Wetter war noch ganz sommerlich. Es roch scharf nach dampfendem Eselskot.
    Vor kurzem hatte ich ein kleines Stück Wand auf dem Tabularium erobert. Ich war mit einem Schwamm bewaffnet angerückt, und ein paar geschickte Säuberungsmaßnahmen löschten alsbald die Wahlpropaganda aus, die bislang das antike Gemäuer verunziert hatte (Mit voller Unterstützung der Maniküre-Mädchen aus den Agrippaschen Bädern … dann folgte der Name eines distinguierten Kandidaten). Die Tilgung dieses aufdringlichen Schwachsinns von unserem architektonischen Erbe gab mir, genau in Augenhöhe, reichlich Platz für meine eigene Graffiti!
     

     
    Verlockend, was?
    Ich wußte, wer wahrscheinlich auf so eine Annonce reagieren würde: zwielichtige Zollbeamte, die reichen Witwen den Hof machten und genaueren Einblick in deren Finanzlage wünschten, oder der Wirt einer Eckkneipe, dem seine Kellnerin abhandengekommen war.
    Beamte zahlen lausig oder nie, aber Wirte können ganz nützlich sein. Ein Privatermittler kann wochenlang nach einem verlorenen Frauenzimmer fahnden, und, wenn er es leid wird, sich in Weinschenken rumzudrücken (falls es je soweit kommt), braucht er dem Klienten bloß zu flüstern, daß man vermißte Kellnerinnen in der Regel mit eingeschlagenem Schädel unter den Dielenbrettern ihres Liebsten versteckt findet. Daraufhin wird die Rechnung ultrafix beglichen, und manchmal verläßt der fragliche Wirt obendrein noch für längere Zeit die Stadt – ein Gewinn für Rom. Mir gefällt der Gedanke, daß meine Arbeit auch dem Gemeinwohl dient.
    Natürlich kann man sich mit so einem Wirt auch viel Ärger einhandeln, nämlich dann, wenn das Mädchen wirklich durchgebrannt ist, auf und davon mit einem Gladiatoren vielleicht. Man sucht womöglich wochenlang, bringt es aber am Ende vor lauter Mitleid mit dem armen Tropf, der seinem billigen Turteltäubchen nachtrauert, nicht übers Herz, ihm das fällige Honorar abzuknöpfen.
    Ich ging in die Thermen, um mit meinem Trainer ein bißchen Gymnastik zu machen, für den Fall, daß ich einen Auftrag ergattern sollte, der körperlichen Einsatz verlangte. Dann machte ich mich auf die Suche nach meinem Freund Petronius Longus. Der kam als Hauptmann der Aventinischen Wache mit allen möglichen Typen zusammen, nicht zuletzt mit jenen gewissenlosen Individuen, die vielleicht meiner Dienste bedurften. Petro vermittelte mir öfter mal einen Fall, und sei es nur, um dadurch lästige Kunden loszuwerden.
    Da er in keinem seiner Stammlokale war, ging ich schließlich zu ihm nach Hause. Aber dort begegnete ich bloß seiner Frau – eine unwillkommene Freude. Arria Silvia war ein zierliches, hübsches Persönchen;
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