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Frikassee zum Frühstück (ISAR 2066) (German Edition)

Frikassee zum Frühstück (ISAR 2066) (German Edition)

Titel: Frikassee zum Frühstück (ISAR 2066) (German Edition)
Autoren: Miriam Pharo
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1.     Der senffarbene Trenchcoat
    „Die Menschen san schlimm.“
      „Ja, des san’s.“
      Die beiden alten Damen mit den identischen schwarzen Betonfrisuren machen aus ihrem Abscheu keinen Hehl.
      „Des geht doch ned!“
      „Naa.“
      Doch nicht die Leiche im Blumenkübel gibt Anlass zur Aufregung, sondern der Mann, der sich geschäftig darüber beugt und den Anwesenden seine zerknautschte Kehrseite präsentiert.
      „Wo kimmt’n der her?“
      „Von außerhalb.“
      „Mhm.“
      In diesem kurzen Schnauben liegt mehr Verachtung, als es tausend Worte auszudrücken vermögen. Obwohl mir diese Reaktion übertrieben scheint, kann der senffarbene Trenchcoat, den der Fremde anhat, in der Tat nur als scheußlich bezeichnet werden. Dass er etwas über die Kompetenz seines Trägers aussagt, bezweifle ich dennoch.
      Ich stehe etwas abseits vom Rummel und wie immer bin ich tadellos gekleidet, um nicht unangenehm aufzufallen. Ich trage eine gerade geschnittene schwarze Hose, ein dunkelblau changierendes Hemd und ein cremefarbenes Halstuch. Die dazu passende helle Jacke habe ich lässig über die Schulter geworfen.
      Der Fund der Leiche hat sich in der Biosphäre wie ein Lauffeuer verbreitet. Die Luft ist spannungsgeladen und wie zur Hervorhebung des Dramas am Boden präsentiert sich der Himmel über unseren Köpfen in allen Schattierungen des Regenbogens, durchbrochen von einzelnen malvenfarbenen Wischern. Regency , das hiesige Virtual Environment Programm, kleckert nicht – vor allem nicht während der Morgendämmerung.
      Vorschriftsgemäß ist ein Expertenteam der Metropolizei aus München City herbeigerufen worden, bestehend aus eben jenem Menschen im schäbigen Überwurf und seinen beiden nicht weniger bemitleidenswert aussehenden Begleitern. In diesem Moment wendet sich der Fremde an die umstehenden Gaffer, zu denen auch ich gehöre. Er hat rötlich gelbes Haar und ein mittelalterliches Gesicht mit Knitterfalten. Die einzige Rosine in einem Meer aus Trauben.
      „Guten Morgen. Ich bin Inspektor Brügell und möchte Sie um Ihre Mithilfe bitten. Weiß jemand zufällig, wer der Tote ist?“
      Zunächst ist nur leises Murren zu hören – so wie die Menschen ihn beäugen, könnte er genauso gut Charles Laughton in der Rolle des Glöckners von Notre Dame sein –, bis sich ein Herr mit gestutztem Backenbart herablässt hervorzutreten. Er könnte fünfzig Jahre alt sein, aber genauso gut hundert.
      „Soweit ich das von hier aus erkennen kann, handelt es sich mit großer Wahrscheinlichkeit um Lionel III. Er ist … war Chefparfumeur bei ViveSenz, dem Produzenten von Naturaromen. Nur Lionel war verwegen genug, solche gelben Knickerbocker zu tragen.“
      Inspektor Brügell blickt sich um. „Kann das noch jemand bestätigen?“
      „Ja, ich.“
      „Ich auch.
      „Und i.“
      „Gut. Wir werden das überprüfen. Stadler?“ Er wendet sich an einen seiner Mitarbeiter. „Bitte nehmen Sie die Namen und Aussagen der Leute auf.“
      Bei dem Wort „Leute“ ziehen einige der Herrschaften entrüstet die Brauen hoch. Als solche definiert sich hier niemand gern. Ich habe genug gesehen – mein Frühstück ruft – und will mich abwenden, als jemand von hinten an mein Hemd zupft. Etwas ungehalten drehe ich mich um. Es ist Jimmy.
      „Lucio Verdict, auf ein Wort!“
      Inzwischen bin ich seit über zwei Monaten in den Isar Auen und wider Erwarten herrscht zwischen mir und dem Mops so etwas wie Eintracht, auch wenn ich nicht verhehlen kann, dass er mich mit seiner penetranten Art zuweilen nervt.
      „Was ist?“
      Er nimmt mich beiseite. „Finden Sie den Virtuellen Kommunikator des Toten und bringen Sie ihn mir.“ Zumindest redet er nicht lange um den heißen Brei herum.
      „Warum?“
      „Tun Sie’s einfach!“
      Ich verschränke die Arme vor der Brust und starre ihn an.
      Da platzt es schon aus ihm heraus: „Darauf befinden sich Informationen, die nicht an die Öffentlichkeit gelangen dürfen.“
      „Die Polizei hat den Kommunikator bestimmt schon sichergestellt. Wie soll ich da herankommen?“
      Statt einer Antwort zerrt er mich vom Tatort weg – dieser befindet sich in einem Seitengässchen, das zum Löwenbrunnen führt –, bis wir direkt vor seinem Laden stehen. Die wenigen Menschen, die um diese Uhrzeit gewöhnlich auf den Beinen sind, gruppieren sich in diesem Moment um den bunt gekleideten Leichnam von Lionel III. Einzig Jimmys Werbehologramm im Standby
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