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Eisenhand

Eisenhand

Titel: Eisenhand
Autoren: Lindsey Davis
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sich jetzt wieder für mich ausgedacht haben …«
    Sie ließen mich durch, wenn auch mit spöttischem Blick. Vielleicht hatten sie ja angenommen, ihr heroischer Feldherr habe sich zu einer schlüpfrigen Liebschaft mit einer aventinischen Maid herabgelassen.
    Ohne jede Eile – schließlich war ich ein glühender Republikaner – begab ich mich nach oben.
    Als ich eintrat, unterhielt sich Titus mit Helena. Ich blieb wie angewurzelt stehen. Der Blick, den ich die Prätorianer hatte wechseln sehen, ergab auf einmal durchaus einen Sinn. Mir kam der Verdacht, ich sei bis jetzt ein rechter Narr gewesen.
    Helena saß draußen auf dem Balkon, einem winzigen Ding, das gefährlich wackelig am Gemäuer klebte und dessen bröckelige Steinstützen vor allem die zwanzig Jahre alte Schmutz- und Rußschicht an der Hauswand festhielten. Für einen ungeschliffenen Kerl wie mich war auf der Bank zwar genügend Platz neben ihr, aber Titus war höflich neben der Falttür stehengeblieben. Von hier oben bot sich ihm ein prächtiger Blick auf die herrliche Stadt, die sein Vater regierte, aber Titus hatte kein Auge für das Panorama. Meiner Meinung nach würde das jedem so gehen, der sich statt dessen an Helenas Anblick ergötzen konnte. Offensichtlich teilte Titus meine Meinung.
    Er war so alt wie ich, ein krauslockiger Optimist, der sich das Leben von nichts und niemandem würde vergällen lassen. In meinem unfürstlichen Quartier war seine mit vergoldeten Palmblättern bestickte Tunika gründlich fehl am Platz. Gleichwohl gelang es Titus, hier nicht deplaziert zu wirken. Er hatte ein anziehendes Wesen und fühlte sich rasch überall zu Hause. Eigentlich war er ganz nett und, für eine so hochgestellte Persönlichkeit, gebildet bis zu den Sandalenriemen. Als Politiker war er Spitze und hatte praktisch alles erreicht: Er war Senator, General, Prätorianerführer, Schirmherr staatlicher Einrichtungen und Kunstmäzen. Und obendrein sah er auch noch gut aus. Ich hatte das Mädchen (auch wenn wir das noch nicht bekanntgeben konnten); Titus Cäsar hatte alles übrige.
    Als ich ihn jetzt mit Helena plaudern sah, wirkte er so hingerissen und jungenhaft, daß ich nur mit den Zähnen knirschen konnte. Er lehnte mit verschränkten Armen an der Tür, ohne zu merken, daß die Scharniere jeden Moment nachzugeben drohten. Ich hoffte, sie würden es tun, und zwar so gründlich, daß Titus in seiner prächtigen purpurnen Tunika rücklings auf meinen morschen Fußboden plumpsen würde. Ja, in dem Augenblick, als ich ihn so ins traute Gespräch mit meiner Freundin vertieft sah, überkam mich eine Stimmung, die fast jede Art von Verrat zur glänzenden Idee machte.
    »Hallo Marcus«, sagte Helena. Das harmlose Gesicht, das sie dabei machte, konnte mich nicht täuschen: alles Theater.

III
    »Tag«, würgte ich hervor.
    »Marcus Didius!« Dem jungen Cäsar fiel es sehr leicht, umgänglich zu sein. Ich ließ mich davon nicht beirren, sondern schmollte weiter.
    »Ich wollte Ihnen sagen, wie leid es mir tut, daß Sie Ihre Wohnung verloren haben!« Titus sprach von der, die ich vor kurzem erst gemietet und die alle Vorzüge hatte – außer daß sie, im Gegensatz zu dieser Bruchbude, die allen Konstruktionsgesetzen zum Trotz immer noch stand, in einer Wolke von Staub eingestürzt war.
    »Nette Hütte. Für die Ewigkeit gebaut«, sagte ich. »Das heißt, für die Ewigkeit von einer Woche!«
    Helena kicherte. Was Titus den Vorwand lieferte, das Thema zu wechseln. »Ich traf zufällig auf Camillus Verus’ Tochter, die hier auf Sie gewartet hat, und habe sie inzwischen unterhalten …« Bestimmt wußte er, daß ich versuchte, Ansprüche auf Helena Justina geltend zu machen, aber es gefiel ihm, sie als ein Muster an Sitte und Anstand hinzustellen, eine Dame, die nur darauf wartete, daß ein müßiger Fürst daherkam und ihr die Zeit vertrieb.
    »Na, besten Dank auch!« versetzte ich bitter.
    Titus warf Helena einen bewundernden Blick zu, der mich glatt aussperrte. Er hatte sie von jeher verehrt, und ich hatte ihm das schon immer verübelt. Immerhin stellte ich erleichtert fest, daß sie, ungeachtet ihrer Ankündigung, sich nicht in Erwartung eines Galans geschminkt hatte. Sie sah freilich auch so zum Anbeißen aus, in einem roten Kleid, das ich besonders gern mochte, mit hauchdünnen, achatbesetzten Goldohrringen und das dunkle Haar schlicht mit Kämmen aufgesteckt. Sie hatte ein markantes, gescheites Gesicht und war in der Öffentlichkeit eher zu selbstbeherrscht und
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