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Einmal rund ums Glück

Einmal rund ums Glück

Titel: Einmal rund ums Glück
Autoren: Paige Toon
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den Monitoren.
    Angst umklammert meinen Magen, als Luis versucht, Kit in einer Kurve zu überholen. Die Kameras zeigen Zuschauer mit brasilianischen Flaggen auf den Tribünen entlang der gesamten Strecke. Er hat hier so viele treue Fans. Was wäre, wenn ihm in seiner Heimat etwas zustieße? Wieder wird mir schwindelig.
    Hat Laura sich auch immer so gefühlt? Ist sie aus diesem Grund so selten zu den Rennen gekommen? Sie kannte Will fast ihr ganzes Leben lang, und jetzt ist er für immer fort. Ich bekomme kaum noch Luft.
    Ach, Will, nein, nein, nein. Der ganze Schmerz, den ich bei seinem Tod empfand, überfällt mich wieder. Ich habe ihn geliebt und verloren. Das stehe ich nicht noch einmal durch. Ich muss weg von hier, so weit wie möglich.
    Zu Hollys Erstaunen stürme ich aus der Garage. Ich entdecke einen unserer Roller neben einem Laster unseres Teams, steige drauf, starte ihn und rase fort von den Boxen, hinaus aus dem Fahrerlager, während ich versuche, die Erinnerungen zu verdrängen.
    Tränen steigen mir in die Augen und laufen die Wangen hinunter. Und nachdem es schon das ganze Wochenende nach Regen ausgesehen hat, öffnen sich endlich die Himmel, und es fängt an zu regen. Ich will meine Tränen fortwischen, weil ich kaum noch etwas sehen kann, da bleibt mein Reifen in einem Schlagloch hängen, und ich werde durch die Luft geschleudert und lande unsanft auf dem Asphalt. Vor Schmerz schrei ich auf, und die Wucht des Aufpralls schießt mir von den Beinen bis in den Rumpf. Da sehe ich plötzlich Lichter. Ein riesiger Lkw kommt auf mich zu. Ich versuche aufzustehen. In dem Moment weiß ich, wie es sich anfühlt, dem Tod ins Auge zu sehen.
    Ich taumle zurück, und der Lkw braust im Abstand von wenigen Zentimetern an mir vorbei. Niemals werde ich das Gefühl vergessen, wie die heiße Luft vorbeirauscht und die Reifen mir Regen und Schlamm ins Gesicht peitschen. Ich rapple mich auf und stolper an den Straßenrand. Hier ist niemand, der mich trösten kann, niemand, der meinen Roller aufhebt, niemand, der nachsieht, ob ich mich verletzt habe. Ich bin ganz allein.
    Da muss ich an Luis und seine Familie denken, an die Wärme, die ich in seinem Haus spürte. Ich will nicht mehr allein sein. Ich will bei ihm sein.
    In der Ferne sehe ich eine riesige Leinwand, auf der das Rennen übertragen wird. Die Kamera schwenkt auf Luis. Er ist direkt hinter Kit Bryson, sie überrunden bereits andere Wagen.
    Ich stehe auf und sehe zu. Los, Luis! Du schaffst das! Hol dir die Meisterschaft! Hol sie für Will!
    Er schert hinter Kit aus und überholt ihn in der Kurve. Ich kreische vor Freude, doch dann bleibt mir der Jubel im Hals stecken. Entsetzt sehe ich, wie ein überrundeter Wagen den Halt auf der nassen Fahrbahn verliert und gegen die Absperrung prallt. Der Wagen dreht sich zurück auf die Piste und stößt mit Luis zusammen. Er schleudert gegen die Wand auf der anderen Seite der Fahrbahn. Kit schafft es unbehelligt durch das Durcheinander.
    Verzweifelt versuche ich durch den Regen auszumachen, was auf der großen Leinwand zu sehen ist, doch ich kann nicht erkennen, ob Luis sich im Cockpit bewegt. O Gott, nein, bitte nicht, nein! Ich laufe los, so schnell mich meine Füße tragen, winke mit meinem Streckenpass, stürme durch alle Sicherheitsschleusen, die mich zurück zu den Boxen führen, durchnässt, voller Schlamm, blutend, doch es ist mir egal. Bitte nimm ihn mir nicht weg, flehe ich. Bitte nicht! Er gehört mir. Er gehört mir. Ich will ihn nicht verlieren.
    Ich laufe den ganzen Weg bis ins Fahrerlager und stürme in unsere Garage. » WO IST ER ?«, schreie ich. Alle drehen sich zu mir um, dann höre ich Holly, die mir sagt, alles sei in Ordnung. Panisch schaue ich hoch zu den Monitoren, auf denen ich Luis durch die Boxengasse gehen sehe. Ich drängle mich an den Leuten in der Garage vorbei und laufe zu ihm.
    Er ist von Kamerateams und Journalisten umringt. Alle wollen ein Wort von dem Mann hören, der in seiner ersten Saison fast Weltmeister geworden wäre. Doch es wird noch mehr Rennen zu gewinnen geben, mehr Weltmeisterschaften zu entscheiden, und ich will hier bei Luis sein, an seiner Seite, ihn unterstützen, damit er sich nie mehr allein fühlt. Das Leben kann einem im Nu entrissen werden, doch wer nicht zu lieben wagt, selbst um der Gefahr willen, den anderen zu verlieren, für den ist das Leben nicht lebenswert.
    Ich drängle mich an den Kamerateams vorbei, überhöre alle Proteste, denn ich will ihn einfach nur in den
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