Einmal rund ums Glück

Arm nehmen, sicher gehen, dass er sich nicht weh getan hat, mich vergewissern, dass er wirklich da ist.
    Als ich ihn erreiche, werfe ich ihm die Arme um den Hals. Er hält mich fest, ich drücke das Gesicht in seinen Rennanzug, und Tränen strömen meine nassen, schlammverschmierten Wangen hinunter.
    »He!«, ruft jemand. »Wir wollen gerade ein Interview machen.«
    »Schon gut«, sagt Luis zu den Kameraleuten. »Das ist mein Mädchen. Sie gehört zu mir.«

Epilog
    Ich sitze in Luis’ weißem Designersessel im Erkerfenster seines Hauses in Hampstead. Oder sollte ich besser sagen:
unseres
Hauses in Hampstead? Ich trinke eine Tasse Espresso und lese die Sonntagszeitung, die mir inzwischen keine Angst mehr macht, obwohl ich selbst manchmal darin auftauche, mit Luis an meiner Seite.
    Es ist März, die nächste Saison hat noch nicht begonnen, doch wir werden bald nach Melbourne fliegen. Ich hoffe, dass die letzten Therapiesitzungen mir helfen werden, meine Ängste zu bewältigen – mal sehen. Auf jeden Fall steige ich nicht wieder auf einen Roller. Zumindest das habe ich Luis versprochen. Zum Glück hat Simon nicht verlangt, dass ich den letzten bezahle, den ich kaputtgefahren habe. Ich nehme an, er hat immer noch Schuldgefühle.
    Meine Tutoren an der Restaurantfachschule haben mir erlaubt, dieses Jahr mehr freie Tage zu nehmen, damit ich Rennen besuchen kann, wegen meiner »außergewöhnlichen Umstände«. Es wird schwer werden, den Unterricht zu verfolgen und Luis gleichzeitig eine große Stütze zu sein, doch ich bin bereit, die Herausforderung anzunehmen. Er hat mir versprochen, eines Tages würden wir unser eigenes Restaurant eröffnen, aber alles der Reihe nach. Ich brauche erst praktische Arbeitserfahrung, ehe wir den nächsten Schritt planen können.
    Holly hat ihr Haus in Berkshire verkauft und ist nach Chiswick im Westen von London gezogen. Wir haben uns ein paarmal gesehen, seit wir aus der Formel- 1 -Szene ausgestiegen sind, aber nicht so oft, wie es mir lieb gewesen wäre, weil sie die ganze Zeit mit einem neuen Mann im Bett liegt. Es ist ausgerechnet Petes jüngerer Bruder. Pete selbst hat die beiden miteinander bekannt gemacht. Ich hatte ein bisschen gehofft, sie würde mit Pete zusammenkommen, aber das sollte nicht sein, und Adam ist auf jeden Fall ein ganz Süßer.
    Catalina erwartet Drillinge, Simon und sie werden in Zukunft ihr Leben nach den Kindern richten müssen. Ich hoffe, dass sie es packen. Vielleicht schweißen die Kinder sie enger zusammen, aber ich weiß nicht so recht …
    Luis und ich waren Weihnachten bei meiner Nonna in den Bergen und haben ihre Wände ausgebessert. Luis ist handwerklich ziemlich begabt, obwohl er ohne weiteres einen Handwerker hätte bezahlen können, der die Arbeit für uns erledigt. Doch wir wussten, dass Nonna damit niemals einverstanden gewesen wäre.
    Sie starb kurz nach Neujahr, und meine Mutter und ich gingen gemeinsam zu ihrer Beerdigung. Sie hat versprochen, mit mir nach Italien zu fahren und mir zu helfen, Nonnas Hinterlassenschaft zu regeln. Nonna hat mir ihr Haus vererbt. Ich muss immer noch weinen, wenn ich an sie denke, deshalb erzähle ich jetzt nicht mehr von ihr.
    Gestern habe ich zufällig Laura getroffen. Ich war versucht, einfach wegzusehen und weiterzugehen, doch dann beschloss ich, stehen zu bleiben und mit ihr zu sprechen. Sie sagte, es gehe ihr gut, aber Will fehle ihr immer noch. Die dunkle Seite in mir wollte ihr mitteilen, dass sie nicht die Einzige ist, die er zurückgelassen hat, doch das könnte ich ihr niemals antun. Sie erzählte mir, mit dem Segen von Wills Eltern leite sie jetzt eine Wohltätigkeitsstiftung in seinem Namen, die unterprivilegierte Kinder auf der ganzen Welt unterstütze. Am selben Tag überwies ich anonym zehn Millionen Dollar auf das Konto ihrer Organisation, dazu die Zinsen, die sich im Laufe der Jahre angesammelt haben. Ich glaube, Will wäre stolz auf mich.
    Ich sehe ihn jetzt deutlich vor mir, und ich weiß, dass das gut ist. Es bedeutet, dass ich über ihn hinweg bin. Ein Teil von mir wird ihn immer lieben, doch mein Herz gehört jetzt Luis.
    Man könnte sagen, dass Luis und ich ein bisschen schnell zusammengezogen sind, doch ich finde, das Leben ist zu kurz zum Abwarten. Er erzählte mir, er habe sich schon in dem Moment in mich verliebt, als ich ihn über die Straße hinweg anbrüllte, nachdem er mich auf meinem Roller beinahe umgefahren hatte. Ich erwiderte, bei mir hätte es etwas länger gedauert. Es ist